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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Mund erreicht hatten. Der blieb offen,
     sie brauchte einen Moment, um sich von der Überraschung zu erholen. Sie holte Luft, sicher für eine Schimpfkanonade, dachte
     Carl – aber sie beherrschte sich und schloss den Mund. Dann sortierte sie Nudeln und Pilze auf dem Teller. »Kochst du lediglich,
     um mir hinterher den Appetit zu verderben?«
    »Dafür sind weniger die Zutaten als die Umstände verantwortlich.«
    »Ohne dich wäre ich hier niemals hergekommen. Maria Sandhofer – das waren ja wohl deine Eskapaden!«
    |326| »Ich finde es hier wunderbar, besonders die Weine. Der See ist toll, der Wind ist gut   ... «
    »Was geht dich der Wind an? Als Mordverdächtiger wird man kaum strahlender Laune sein.«
    »Du glaubst den Quatsch doch nicht wirklich? Übrigens – dieser Weiße Burgunder hier passt hervorragend zu Steinpilzen.« Carl
     stutzte, nahm die Flasche, betrachtete das Etikett, während Johanna ihn belauerte. »Sandhofer?« Er sah sie an. »Warst du   ... «
    »Interessehalber«, sagte Johanna so gleichgültig wie möglich und bemühte sich weiter um ihre Trennkost.
    »Kennst du die beiden Männer nun, oder nicht?«
    »Wieso sollte ich dir gegenüber geschäftliche Kontakte offen legen? Was bildest du dir ein?«
    »Deine Stimme ist kalt geworden, hart und gefühllos.« Carl stützte sich auf den Tisch, starrte vor sich hin und fühlte eine
     unbändige Wut in sich aufsteigen. Johanna war wie alle – wenn sie mal an der Macht geschnuppert hatten, meinten sie, sie hätten
     welche. Macht zerstörte nicht nur die Opfer, sondern auch die, die sie ausübten. »Früher warst du anders.«
    »Menschen verändern sich eben.«
    »Äußerlich vielleicht, aber innerlich nicht«, zischte er böse.
    »Dann hast du jahrelang was übersehen. Und wen interessiert das schon, das Innerliche?«, fragte Johanna hämisch, »das gibt’s
     höchstens in deinen Übersetzungen.«
    Das klang für Carl nach Selbstverachtung und auch Resignation. »Mich interessiert es, das Innerliche.«
    »Was dich interessiert, ist genauso bedeutungslos.«
    »Gut zu wissen, wie du denkst, Johanna.«
    Sie versuchte einzulenken: »Es ist nur für einige wenige wichtig   ... «
    »Hab verstanden. Ein gesprochenes Wort lässt sich genauso wenig ungeschehen machen wie eine Tat.«
    »Du und deine blöde Spitzfindigkeit.«
    |327| »So ist es immer«, brauste er unvermittelt auf. »Was ich tue, ist spitzfindig, was du machst, das zählt. In deinen Augen hantiere
     ich mit nutzlosen Wörtern, du dafür stehst im wirklichen Leben.«
    »So ist es. Wen interessieren Bücher? Das bisschen Geld, das damit verdient wird. In Konzernen werden Entscheidungen getroffen,
     in der Politik   ... «
    »Und da bist du dabei, mittendrin«, sagte er böse. »Früher hast du dich quergelegt, hast blockiert, heute redest du ihnen
     dieselbe Scheiße gut, würde mich nicht wundern, wenn du eines Tages als Sprecherin der Chemieindustrie enden würdest. Was
     sagst du dann, wenn ein Lager abbrennt?
Eine
Gefährdung der Bevölkerung war zu keiner Zeit gegeben.
Feige bist du geworden. Aufgegeben hast du! Alles! Dich, deine Freunde, deine Ziele, deine Träume – und den Frust, den surfst
     du dir weg, tierisch geil, und der blonde Surflehrer für die Intimmassage. Geschmacklos. Und feige.«
    Johanna war blass geworden, die Gabel fiel ihr aus der Hand. »Ist eine Winzerin was Besseres? Das muss ich mir nicht anhören«,
     sagte sie, aber sie stand nicht auf, sondern sah ihn entsetzt an. »Verachtest du mich, oder bist du eifersüchtig, weil er
     besser ist als du?«
    »Besser? Wobei? Ein Lump ist das, ein Ganove, du hast ja keine Ahnung. Du weißt gar nicht, wer das ist, und diese anderen,
     deine neuen
Partner,
sind auch nicht besser. Müllsäcke sind das. Pass auf, bald bist du so wie sie.«
    »Du wirst sie nicht aufhalten! Sie haben längst gewonnen.«
    »Bei dir, in deinem Kopf. Wenn sie da gewonnen haben, dann auch in der Wirklichkeit.« Schade um die Nudeln und die guten Pilze,
     schoss Carl durch den Kopf.
    Jetzt wurde Johanna laut. »Was haben wir erreicht? Nichts. Die Emissionen werden mehr statt weniger, also geht das Waldsterben
     weiter, wir haben doppelt so viele Autos seit Einführung des Katalysators. Die Meere erwärmen sich, die Fische werden weggefangen,
     der Treibhauseffekt nimmt zu, |328| und immer mehr Chemie steckt im Essen, besonders Schwermetalle in   ... in diesen Scheißpilzen.« Angeekelt schob sie das Häufchen vom Tellerrand aufs

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