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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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und
     zupfte an ihrer Jacke. Carl war diese Angewohnheit bereits bei Karola aufgefallen.
    »Sie hätten gestern zur Trauerfeier kommen sollen.«
    »Die Gemüter sind erhitzt«, antwortete Carl.
    »Immerhin haben Sie das Verbrechen entdeckt. Womöglich wäre keiner auf den Gedanken gekommen, eine Autopsie zu machen. Ein
     Unfall wäre zwar genauso unfassbar gewesen, aber leichter zu akzeptieren. Dass man Sie verdächtig ist absurd, lächerlich   ... Hermine hat mir erzählt, Sie hätten was gefunden.«
    Carl entschied, kein Wort über Thomas Thurn zu sagen. Die Sieben würden sich darüber am Telefon austauschen, und falls die
     Mordkommission ihre Gespräche abhörte – gerade Hermines Leitung   –, würde Herrndorff mithören. Mit Fechter würde er verfahren wie bisher, immer nur so viel |331| preisgeben, dass dieser seinem Kollegen einen Schritt voraus war.
    »Was wissen Sie über dieses Autobahnprojekt?«
    »Hier am Ostufer brennt das keinem unter den Nägeln. Dabei trägt der Wind die Abgase und den Feinstaub inklusive Rückstände
     natürlich herüber. Das Wetter verändert sich sowieso, es wird von Jahr zu Jahr wärmer. Wenn die Theorie stimmt, dass alles
     extremer werden soll, dann haben wir mehr Hitze zu erwarten, und Sie können irgendwann im Saale-Unstrut-Gebiet Rotwein anbauen.
     Unsere Weine erzielen zum Teil bereits bessere Bewertungen als mancher Spitzenwein aus Bordeaux. Mit dem Wetter, das macht
     mir Angst. Nicht, dass die Erwärmung den Weinbau in kältere Regionen verschiebt, für uns ist wichtig, in welcher Wachstumsphase
     des Weins die Hitze ansteigt. Trauben müssen gleichmäßig reifen, und die Wärme wirkt sich auf die Säure und andere Inhaltsstoffe
     aus. Nur wie? Hier, unser Seewinkel, ist der wärmste Teil Österreichs. Wir bewässern momentan nur selten; hoffentlich wird
     das nicht zur Regel.«
    »Sind dazu die Schläuche da? Woanders führen sie oben an den Weinstöcken entlang.«
    »Bei Bewässerung von unten wurzeln die Stöcke tiefer, dort sind die Nährstoffe, die der Weinstock braucht. Anderenfalls würden
     sich die Wurzeln an der Oberfläche ausbreiten und schneller wieder austrocknen und absterben. Das hier«, sie zeigte auf den
     Garten vor der Kellerei, »ist meine Versuchsanlage. Lassen Sie uns zu den Lacken fahren, da kommen die Trauben für meine Süßweine
     her. Ich muss sowieso bei einem Kollegen vorbei und ihm eine Pumpe bringen.«
    Ein Arbeiter koppelte einen kleinen Hänger an Ellens Wagen, Carl fasste mit an.
    »Sie sind hier überall mit dem Fahrrad unterwegs?«, bemerkte Ellen erstaunt. »Das hat mir Karola neulich bereits gesagt. Das
     ist gut, dann dürfen Sie nachher nicht nur probieren. Ist es nicht ein bisschen weit, von Purbach?«
    |332| »Alles Training, außerdem genieße ich die Fahrt mit der Fähre, es kommt mir vor, als könnte ich einiges drüben am anderen
     Ufer lassen.«
    »Ist das nicht bitter für Sie? Da fährt man in Urlaub, und dann   ... ein Mord. Ihre Frau begleitet Sie nie?«
    Diese Frage musste kommen, irgendwann ließ sich das Thema nicht länger umgehen, und Carl machte einige nichtssagende Andeutungen,
     die aber durchaus verstanden wurden.
    »Alles hat seine Zeit«, meinte Ellen vieldeutig. »Wenn man mit der Natur arbeitet, gewinnt man auch in anderen Lebensbereichen
     eine gewisse Ruhe; Fatalismus will ich es nicht nennen, es ist eher   ... Demut. Sagt Ihnen der Begriff noch was?«
    Carl nickte, für ihn bedeutete es, sich in Zusammenhängen zu begreifen, sich nicht als das Zentrum der Welt zu betrachten
     und anderes geschehen zu lassen, was möglicherweise sogar den eigenen Interessen zuwiderlief. Nur   ... wie passte Johanna da rein?
    »Ich bin dem Wein dankbar, dass es ihn gibt«, sagte Ellen, »dass es ihn gibt, dass er ist, was er ist. Er lässt meine Familie
     leben, er wächst für uns. Mit Maria habe ich oft über derartige Fragen gesprochen, sie sah das ähnlich.«
    Kurz darauf hatten sie Illmitz hinter sich gelassen, bei einem Winzer am Ortsrand die Pumpe abgeladen und bewegten sich auf
     schmalen Straßen auf den See zu, erst auf Asphalt, dann Schotter, schließlich Sand. Um sie herum standen Gräser, Schilf und
     Binsen, mal eine Reihe Kirschbäume, dazwischen Weingärten, dann wieder Störche und Reiher. Kleine, Carl unbekannte Vögel stoben
     auf, und Ziehbrunnen inmitten von Weiden schufen Pusztastimmung. Eine Familie von Graugänsen tummelte sich an einem Weiher.
     »Keine zwanzig Zentimeter tief, das

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