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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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schwamm zur Seite |351| statt aufs Schilf zu, da traf ihn etwas im Rücken. Sie stocherten mit dem Bootshaken, schlugen mit dem Paddel ins Wasser.
     Der nächste Treffer war leichter, Carl konnte das Paddel packen, riss es dem Mann – der dabei über Bord ging – aus der Hand,
     was ihm eine Pause verschaffte. Die Schulter brannte wie Feuer. Als er sich umsah, war er fast am Schilfgürtel. Er stieß sich
     ab, der Schlamm hielt ihn fest, er schlug um sich, paddelte wie ein Hund, bekam die ersten Binsen zu fassen, zog sich weiter,
     versuchte es zumindest, das Schilf schnitt ihm in die Hände, egal, das Boot fuhr auf ihn zu, der Bug war über ihm und drückte
     ihn unter Wasser gegen die Binsen. Er hörte einen Mann schreien, griff nach den Halmen, ein neuer Schlag mit dem Bootshaken,
     glücklicherweise nicht mit der Eisenspitze, der Neopren-Anzug bewahrte ihn vor größerem Schaden.
    Carl kämpfte sich ins Schilf vor, vergaß die Hände, hierher konnten sie nicht folgen. Sie wussten, wohin er wollte, nahmen
     wieder Fahrt auf, suchten einen Durchlass, rasten heran, brachen durch und blieben stecken, riefen sich was zu   ... er kroch weiter, packte die Halme, schnitt sich wieder, auch im Gesicht, er sank ein, Panik, dass er versinken könnte,
     ergriff ihn, er spürte unter den Füßen das abgebrochene Rohr, und wie eine Kröte kroch er zwischen die Halme, nur den Mund
     über Wasser. Luft, endlich atmen, Luft war das Wichtigste zum Leben   ...
    Das Boot lag vor dem Schilf wie ein sprungbereites Raubtier. Der Weg über den See war abgeschnitten. Blieb nur noch der Weg
     durchs Schilf, bis er festen Boden erreichte. Fünf Kilometer – das war unmöglich. Und die Schlangen, die Wasserbüffel? Niemals,
     nicht einen Kilometer, mit all den Wasserlachen und Kanälen dazwischen. Doch da konnte er wenigsten schwimmen, doch – bis
     zum Ufer würde er’s nicht schaffen. Aber hier ersaufen? So ist das mit diesem beschissenen Leben, dachte er, irgendwann hört
     es einfach auf   ...

|352| 16
    Die viel zu blonde Anwaltsgehilfin öffnete die Tür der Kanzlei Wollknecht.
    Johanna grüßte, drängte an dem Mädchen vorbei, das in der Tür stehen geblieben war, und ging auf den Raum zu, in dem sie in
     den vergangenen Tagen gearbeitet hatte.
    »Da können Sie nicht rein, das Büro ist leider besetzt.«
    Johanna starrte sie an. »Und wo soll ich arbeiten?«
    »Heute passt es dem Herrn Dr.   Wollknecht nicht, lässt er ausrichten«, sagte die Anwaltsgehilfin von oben herab.
    »Dann nehme ich die Unterlagen mit und arbeite zu Hause.« Sie hatte gar nicht gewusst, dass er einen Doktortitel hatte.
    »Der Herr Dr.   Wollknecht hat sie an sich genommen, sicherheitshalber. Sie möchten sich bitte mit ihm in Verbindung setzen, lässt er der
     gnädigen Frau ausrichten. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
    Das »gnädige Frau« klang mehr wie »alte Schabracke«, aber das war es nicht, was Johanna hellhörig werden ließ. Es war das
     »sicherheitshalber«. Also vertraute er ihr nicht mehr – und daran war allein Carl mit seiner dilettantischen Schnüffelei schuld.
    »Der Herr Dr.   Wollknecht hat in Wien zu tun, Sie werden ihn auch per Mobiltelefon nicht erreichen, wichtige Besprechungen im Ministerium.
     Gedulden Sie sich bitte bis morgen. Auf Wiederschauen!« Das junge, viel zu blonde Mädchen |353| hielt die Tür zum Treppenhaus auf, und ehe Johanna sich versah, stand sie draußen. Schöne Bescherung. Sie ahnte, dass es das
     Aus für das Projekt mit Hansi war. Wieso hatte man sie kaltgestellt? Dabei hatte sie weder indiskrete Fragen gestellt noch
     war sie jemandem auf die Füße getreten. Sollten ihre Vergangenheit und Carls Aktivitäten reichen, ihr das Vertrauen zu entziehen?
     Worauf war Carl gestoßen, wem war er zu nahe gekommen? Dass die Polizei bei Terrorverdacht Lebensläufe an ausländische Behörden
     weitergab, leuchtete ihr ein, aber doch nicht bei ihr. Dann musste es inoffizielle Verbindungen geben. Ach, wie naiv war sie
     eigentlich geworden? Wenn auch sie überprüft wurde, musste Carl etwas gefunden haben, und nicht nur Lappalien. Zuzutrauen
     war es ihm, dumm war er nicht. Oder war es wegen des Mordes? Vielleicht hatte er tatsächlich was von ihr gelernt. Wenn er
     wirklich etwas wollte, kam er sogar hinter seinen Büchern hervor. Sie lächelte. Als es ihr bewusst wurde, wehrte sie sich
     dagegen, und doch war da ein leiser Anflug von Genugtuung. Nein, er dankte es ihr, indem er ihre Zukunft und ihren Ruf

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