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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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entfernt, überzeugt zu sein. Sicher hielt er alles für pure Ideologie.
    »So sieht der Anfang aus. Dann ändern Meeresströmungen die Richtung, sie verändern unser Klima in großem Umfang weiter. Das
     alles wirkt sich auf uns aus, auf die Erträge in der Landwirtschaft, den Weinbau und die Fischerei, auf Fischbestände, die
     brauchen kaltes Wasser   ... «
    »Neulich habe ich gelesen, dass letztes Jahr das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnung war.«
    |167| »Seit knapp zehn Jahren wird jedes Jahr wärmer als das vorhergehende. Wir brauchen aber vier bis fünf Prozent Verringerung
     an Kohlendioxid, nur um die Temperatur zu halten. Der größte Wahnsinn – aber das ist von langer Hand geplant – ist der Bau
     von 19   Kohlekraftwerken in Deutschland. Man kann den Eindruck gewinnen, als wollten Wirtschaftsbosse und Politiker wissentlich die
     Erde vernichten, (mit einer zynischen Befriedigung dachte sie an ihre eigene Arbeit). Die Gesetze zur Nutzung erneuerbarer
     Energie werden auf die lange Bank geschoben – nach dem Motto: Hauptsache Kohle – und nach mir die Sintflut, im wahrsten Sinne
     des Wortes.« Sie hatte sich in Rage geredet und lachte gehässig.
    Hansi rückte ein Stückchen von ihr ab, so sehr hatte Johanna sich ereifert. »Wir Österreicher haben in einer Volksabstimmung
     gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf gestimmt   ... « Er schien etwas von der nationalen Ehre retten zu müssen und betrachtete Johanna wie eine Fremde.
    »Da haben wir im Gegensatz zu euch vorgesorgt, bei uns gibt es vorsichtshalber keine Volksabstimmung.«
    »Solche Vorträge – hältst du die auch vor deinen Kunden?«, fragte Hansi ungläubig.
    Erst jetzt begriff Johanna, dass sie erheblich übers Ziel hinausgeschossen war. »Vor Kunden? Niemals, wir halten uns ans Faktische,
     an europäisches Recht und an nationale Gesetze. Man kann alles sehr weit und sehr unterschiedlich auslegen, alles lässt sich
     interpretieren, je nach dem, wie es einem nutzt. Der richtige Standpunkt ist immer der eigene. Außerdem gibt es gegenteilige
     Theorien. Das Weltklima schwankt zwischen zyklischer Erwärmung und Abkühlung. Das ist ganz normal. Wir mit unserem bisschen
     CO 2 haben da überhaupt keinen Einfluss.«
    Der Surflehrer verstand nichts mehr. »Widersprichst du dir nicht? Eben lamentierst du, alles ginge kaputt, gleich darauf sagst
     du, wir hätten keinen Einfluss. Du beklagst den |168| Zustand und machst dabei mit. Was stimmt denn nun? Das wäre so, als wenn ich Surfen für gesundheitsschädlich hielte.« Endlich
     der Vergleich, nach dem er gesucht hatte.
    »Verstehe mich bitte richtig, Hansi«, sagte sie eindringlich. »Es ist nicht meine Einstellung, ich zitiere lediglich Fakten,
     ich zeige ein Szenario auf. Das ist nicht mehr rückgängig zu machen. Soll ich mich gegen einen Gegner stellen, der viel stärker
     ist als ich, den ich nicht besiegen kann? Ich habe mir früher gehörig die Finger verbrannt – dann profitiere ich heute doch
     lieber.«
    Der Surflehrer schien versöhnt, diese Haltung konnte er teilen, sie waren wieder auf einem gemeinsamen Nenner. Jemand rief
     ihn ans Telefon, er stand auf und hob den Blick zum Leithagebirge. Die Wolken waren weiter gestiegen, die Säulen hatten sich
     bedrohlich zusammengeballt, darüber ein aufgequollener Pilzkopf.
    »Typische Cumulonimbuswolken. Daraus entstehen die heftigsten Gewitter«, bemerkte Johanna erregt, »es wird Wind geben, und
     wir können endlich raus. Ich nehme das Sturmsegel von neulich.«
    »Du bist wohl ganz versessen darauf.« Johanna war Hansi offenbar unheimlich, er betrachtete sie mit demselben Ausdruck wie
     die Wolkenmasse in den zusammengekniffenen Augen. Die Front rückte auf der ganzen Breite zwischen Eisenstadt und Parndorf
     vor, ein gefährliches Weiß, darüber ein stahlblauer, ungesunder Himmel. Aber noch herrschte Totenstille, und eine dumpfe Schwüle
     lastete über dem See.
    Das Wasser war bestimmt zehn Grad kälter als die aufgeheizte Luft. Johanna wollte sich abkühlen, Hansi kam nicht mit ins Wasser.
     Sie merkte, wie er ihr nachschaute, sie hatte ihn verwirrt, er wurde nicht ganz schlau aus ihr, und das war gut so, andererseits
     spürte sie auch seine Bewunderung. Er bewunderte ihren Intellekt, ihr Wissen und die Sicherheit, mit der sie sprach und sich
     bewegte. Dabei wäre es ihr lieber gewesen, als Frau von ihm bewundert zu werden |169| . Gleichzeitig schien er sich vor ihr zu fürchten. Vor dem Gewitter noch rauszufahren

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