Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschwoerung der Frauen

Verschwoerung der Frauen

Titel: Verschwoerung der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
Vom Netzwerk:
einfach nicht gegen diese Rolle wehren. Auf allen noch existierenden Fotos aus jener Zeit ist er nie mit Hilda allein, sondern immer in einer Gruppe von Leuten: Sie stets im Mittelpunkt, er am Rande, mit schmollendem Blick, und immer wirkt er fehl am Platz. Aber Hilda muß ihn mit ihrer Schönheit, ihrer Raffinesse, ihrem Reichtum und ihrer Unbesonnenheit, die nach nichts fragte, fasziniert haben. Als sie schwanger wurde, bestand Emmanuel Foxx auf einer Heirat. Er wollte einen Erben, jemanden, der seinen Namen weiterführte. Wie alle, hoffte Emmanuel natürlich auf einen männlichen Erben, aber nach Nellies Geburt verkündete er, schließlich sei die Hauptfigur 45

    seines berühmten Romans eine Frau, und er sei sehr glücklich über die Geburt der Enkelin. Sie wurde nach der Hauptfigur seines Romans benannt, aber immer nur Nellie gerufen.
    Nachdem Hilda genug davon hatte, mit ihrem Baby für hübsche Fotos zu posieren, überließ sie Nellie den Kindermädchen. Aber Gabrielle, Emmanuels Frau, schaltete sich ein und nahm sich der Enkelin an, ein Schritt, der Emmanuels volle Zustimmung fand. So verbrachte Nellie ihre ersten Jahre zum größten Teil bei ihnen; spä-
    ter, Ende der dreißiger Jahre, gesellte sich auch ihr Vater zu ihnen, als er Hilda und seiner Rolle als Ehemann einer unersättlich flirten-den Frau überdrüssig geworden war. (Peggy Guggenheim wird nachgesagt, sie hätte darauf bestanden, daß ihre Liebhaber alle Posen nachahmten, die auf den Wandgemälden eines bestimmten Gebäudes in Pompeji zu sehen waren, dessen Zutritt Frauen verboten war, in das sich Peggy jedoch durch Bestechung eingeschmuggelt hatte. Ob dies der Wahrheit entspricht oder nicht, auch Hilda gab jedenfalls damit an. Zweifellos waren für ihr wildes Spiel ewig wechselnde Liebhaber genauso wichtig wie immer neue Stellungen.) Obwohl Nellie bei ihren Großeltern und ihrem Vater lebte, ging sie bereitwillig und froh zur Familie ihrer Mutter, als sich ihr die Gelegenheit bot. Emmanuel wollte sie in Sicherheit wissen. Emile hatte sich inzwischen zu einem so starken Trinker entwickelt, daß niemand ihn um seine Meinung bat. Was Gabrielle empfand, danach fragte offenbar niemand, aber Nellie wußte genau, wie sehr ihre Großmutter sie vermißte, und sie schrieb ihr regelmäßig Briefe, in denen sie sich Mühe gab, anhänglich zu klingen, aber kaum verbergen konnte, wie vergnügt sie war und wie glücklich darüber, bei den Goddards, Dorinda und mir in Amerika zu sein.
    Als ich nach der Begegnung mit Eleanor im Kaufhaus in London ankam, fragte ich mich, ob sich Gabrielle an mich als das dritte Mädchen in Nellies Briefen erinnern würde. All die Jahre hatte ich so oft an Gabrielle gedacht, so viel von Nellie und den Goddards über sie gehört, daß sie mir wie eine alte Bekannte erschien. Vielleicht war sie auch schon zu alt, mich überhaupt inmitten all ihrer traurigen Erinnerungen unterbringen zu können?
    Mit Emmanuels Tod, nicht lange nach Nellies Abreise in die Staaten, geriet Gabrielle in Vergessenheit. Die Bewunderer und Verehrer großer Literaten, die sich in deren Nähe drängen, nehmen Ehefrauen als unumgängliche Begleiterscheinungen notgedrungen hin. Aber ohne den großen Autor wird die Ehefrau – es sei denn, sie 46

    macht sich zur Nachlaßverwalterin und strengen Hüterin seines literarischen Rufes, wie beispielsweise die Witwe von T. S. Eliot – so wenig beachtet wie seine Schreibutensilien oder, noch wahrscheinlicher: behandelt wie ein lästiges Überbleibsel.
    Wie immer waren es die Goddards, die zu Hilfe kamen. Sie sandten Gabrielle monatlich einen Scheck, hofften zwar, daß er nicht hauptsächlich für Emiles Alkoholkonsum verwendet würde, fürchteten aber, genau das geschähe. Während des Krieges verschwand Emile plötzlich. Man fürchtete, die Nazis, die jetzt in Paris regierten, hätten ihn verhaftet. Es bestand die vage Hoffnung, daß er sich zu-sammengerissen, das Trinken aufgegeben und sich der Résistance angeschlossen hatte und dann entweder untergetaucht oder bei irgendeiner Aktion gegen die Deutschen heldenhaft gestorben war.
    Aber niemand gelang es, seine Spur aufzunehmen. Emiles Verschwinden war für Gabrielle wahrscheinlich der schlimmste Schlag.
    Aber: Sie lebte, und die Geldsendungen erreichten sie – mehr konnten die Goddards während des Krieges nicht über sie in Erfahrung bringen.
    Nach der Befreiung Frankreichs gelang es Sig Goddard, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Sie bewohnte immer noch einen Teil der

Weitere Kostenlose Bücher