Verschwoerung der Frauen
nicht. Kein Mitglied des Lehrkörpers einer englischen Fakultät kann noch Jungfrau sein. Jedenfalls noch nicht. Nächste Frage!«
Kate fand es logisch, ihre Arbeit mit einem Gespräch mit Mark Hansford zu beginnen, dessen Foxx-Biographie sie kürzlich gelesen hatte. Von Simon Pearlstine hatte Kate erfahren, daß Hansford erst Anfang Fünfzig war und die Biographie damals in der Hoffnung geschrieben hatte, damit seine bereits beachtliche Karriere zu krö-
nen. Wegen des Rufes, den ihm seine früheren Biographien eingebracht hatten, war ihm ein ansehnlicher Vorschuß plus Umsatzbetei-ligung zugestanden worden, aber (ganz unter uns, hatte Pearlstine gesagt) als es dann erschien, stellte sich sein Werk als ziemliche Enttäuschung heraus – für den Verlag wie für die Leser. Viel mehr wußte Kate über Hansford nicht.
Sie habe vor, eine Biographie über Gabrielle zu schreiben, informierte sie ihn höflich, und sie hoffe, auf seine Bereitschaft zu einem Gespräch rechnen zu dürfen. Ihres Danks für jegliche Hilfe dürfe er gewiß sein, und, nüchtern besehen, sei es ja nur in seinem Interesse, ihr zumindest ein wenig zu helfen, denn Zitate aus einer Biographie in einer anderen werteten die erwähnte Biographie natürlich in gewisser Weise auf.
Kate war daher ziemlich überrascht, als er einem Treffen eher abgeneigt schien; das wurde in seinem Brief deutlich, der sich durch Knappheit, um nicht zu sagen Schroffheit, auszeichnete. Dem Brief folgte ein Telefonanruf, in dem Hansford sich zunächst umständlich 70
auf seinen Brief berief, dann aber, wie seinen Worten zufolge seine Mutter zu sagen pflegte, die Karten offen auf den Tisch legte. »Um die Wahrheit zu sagen«, vertraute er ihrem Telefonhörer an, »meine Frau und ich hätten uns beinahe wegen Gabrielle getrennt. Wir haben uns wieder versöhnt, aber ausgemacht, daß das Thema Gabrielle in Zukunft für uns beide tabu ist. Wenn Sie unbedingt meine Hilfe möchten, rufen Sie mich in meinem Büro an. Vielleicht läßt sich das Ganze ja telefonisch erledigen, ansonsten verabreden wir ein Treffen. Tut mir leid, daß ich so vorsichtig bin, aber Ehe und Wissenschaft gehen entweder sehr gut zusammen oder sehr schlecht. Sie werden sicher erraten, wie der Fall bei mir liegt.«
Ziemlich erstaunt antwortete Kate, sie habe nicht die geringste Ahnung, wovon er spreche. Aber könnte man sich nicht kurz treffen, damit sie ihm ein paar Fragen stellen und ihr Vorhaben skizzieren könne? Es entstand eine Pause, während der Hansford offensichtlich seinen Terminkalender konsultierte.
»Ich könnte mich nächste Woche mit Ihnen treffen, Donnerstag abend«, sagte er. »Da geht meine Frau in eine Wagneroper mit Über-lange, was ich, nebenbei gesagt, für eine völlig überflüssige Kenn-zeichnung halte, denn für mich wäre jede Wagneroper überlang.
Würde Ihnen der Donnerstag passen?«
»Habe ich nicht irgendwo gehört, daß ›Rheingold‹ ein wenig kürzer ist?« fragte Kate. »Aber ich teile Ihr leidenschaftliches Desin-teresse an Wagner und kann mich also völlig irren. Donnerstag abend paßt wunderbar. Darf ich Sie zum Essen einladen?«
»Danke, aber nein danke. Ich esse mit meiner Frau zu Abend.
Dann werde ich kurz nach ihr das Haus verlassen und beten, daß ihr Wagner nicht gerade an dem Abend auf den Magen schlägt. Können wir uns gegen acht bei Ihnen treffen?« Kate, die sich vorkam, als arbeite sie für die CIA, war einverstanden.
Punkt acht stand er vor der Tür und setzte sich kurz darauf mit einem Drink und so weitentrücktem Blick auf die Couch, daß Kate sofort wußte: Er hatte sich nicht nur genau zurechtgelegt, wie er seine Geschichte erzählen wollte, sondern seinen Auftritt auch schon geprobt. Selbstzufriedenheit strahlte aus jeder seiner Poren – nach Kates langer Erfahrung mit männlichen Universitätskollegen kein neues Phänomen. Hansford gehörte zu der Sorte Männer, die fest davon überzeugt waren, jeder Satz von ihnen, und mochte er so drö-
ge und überlang sein wie eine Wagneroper, sei umwerfend fesselnd und von höchstem Interesse. Nun, gestand Kate ihm innerlich zu, in 71
diesem konkreten Fall stieß er wirklich auf interessierte Ohren.
»Ich habe mich ein wenig über Sie umgehört«, sagte Hansford.
»Natürlich kenne ich Ihre Arbeiten. Ich setze also voraus, ich kann mit Ihnen sprechen wie mit einer Frau von Welt. Denn ich fürchte, Sie brauchen einige Abgeklärtheit für meine Geschichte.«
Kate vermutete, daß sie wahrscheinlich
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