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Verschwoerung der Frauen

Verschwoerung der Frauen

Titel: Verschwoerung der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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wo sie sie, wie von Panik ergriffen, plötzlich öffnete, dann aber, wenn sie mich sah, beruhigt schien.
    Offenbar wollte sie es so haben.
    Als ich mit dem Einpacken fertig war, nahm ich Gabrielles Hand.
    Ich würde sie morgen wieder besuchen, flüsterte ich ihr zu, oder heute, später am Abend.
    »Nein«, sagte sie. »Gehen Sie jetzt. Gehen Sie, so schnell Sie können. So schnell Sie nur können.« Und sie schloß die Augen.
    Wir riefen ein Taxi und verstauten Gabrielles zwei Leinentaschen darin. Ich belohnte die Vermieterin mit einem weiteren Geldbetrag.
    Während der ganzen Fahrt umklammerte ich die Taschen, so als könne jemand das Taxi anhalten und sie mir wegreißen. Nachdem ich sie hoch in mein Pensionszimmer gebracht hatte, entspannte ich mich ein wenig, sagte mir, daß es hier keine Gestapo gab und nur wenige Leute Interesse an Gabrielles Schatz hatten.
    Am nächsten Morgen suchte ich mir eine Bank und mietete einen Safe, in dem ich die Papiere deponierte. Die Taschen wollten nicht mit hineinpassen. Sie aufzuheben, schien sinnlos. Aber es gelang mir, die eine in die andere zu stecken, und ich nahm sie wieder mit.
    Später, als ich merkte, wie schlecht sie sich als Totems eigneten, hätte ich sie beinahe weggeworfen. Am Ende beschloß ich aber doch, sie aufzubewahren – weil sie Gabrielle gehörten. Ich kam mir ein wenig albern dabei vor, aber ich habe sie heute noch.
    Nachdem die Papiere sicher verstaut waren, erwog ich, Gabrielle ein Telegramm mit dem Text »Auftrag erfüllt« zu schicken, aber sie hatte mich angefleht: »Keine Botschaften, keine Botschaften.« Wie Sie, die dies lesen, war ich überzeugt, Gabrielle würde bald sterben.
    Aber sie starb noch nicht. Die Vermieterin rief die Ambulanz, und Gabrielle wurde ins Krankenhaus gebracht. Sie lag in tiefer Bewußtlosigkeit, aus der sie nie wieder richtig erwachte. Inzwischen hatte ich Eleanor wie versprochen ein Telegramm geschickt, und die Goddards schickten Geld für ein gutes Pflegeheim.
    Dort besuchte ich Gabrielle. Das Personal war freundlich, aber Gabrielle wußte nicht, wo sie war. Ich saß an ihrem Bett, hielt ihre Hand und verlängerte meinen Englandaufenthalt um Tage, dann um 65

    Wochen. Meine Arbeit war längst erledigt, aber ich hoffte, Gabrielle würde noch einmal sprechen. Manchmal, sehr selten, bewegte sich ihre Hand kaum spürbar in meiner. Am Ende fand ich mich schließ-
    lich damit ab, daß ich nichts weiter tun konnte.
    Gabrielle habe ich nie wiedergesehen. Kurz nachdem ich in die Staaten zurückgekehrt war, reiste Eleanor zu ihr und erzählte mir später, die Schwestern aus dem Pflegeheim hätten berichtet, Gabrielle habe nach Nellie gefragt, manchmal rufe sie sogar im Schlaf nach ihr. Als Nellie sie dann in dem Pflegeheim besuchte, erkannte Gabrielle sie nicht mehr.
    Gabrielle starb einige Jahre später. Ich bezahle noch immer die Miete für den Safe in der Londoner Bank. Es gelang mir, in meine frühere Stellung in dem Verlag zurückzukehren. Ich war zu gut, man wollte nicht auf mich verzichten; und Frauen konnte man damals so wenig bezahlen, ihnen gleichzeitig so viel Verantwortung und so wenig Anerkennung geben, daß der Verleger töricht gewesen wäre, mich nicht wieder einzustellen.

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Teil III
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3

    D ie schicksalsschwere Entscheidung, sich ans Biographieschreiben zu wagen, hatte Kate gleich zu Beginn des Frühjahrssemesters getroffen – rechtzeitig genug, um unbezahlten Urlaub beantragen zu können. Die Universität zögerte keinen Moment, ihn ihr zu gewähren. Wegen finanzieller Engpässe war die Einsparung eines vollen Professorengehalts gern gesehen. Kates Arbeit würde von einem außerordentlichen Professor übernommen, dessen Bezahlung, nach Stunden berechnet, unter dem Mindestlohn eines Arbeiters lag. Kate selbst hatte solche Härteproben schon oft absolviert und wußte auch um deren Vorteile: Die Gelegenheit, einmal woanders zu arbeiten, neue Kollegen und neue Studenten kennenzulernen, neue Lehrme-thoden auszuprobieren oder alte Fragen anhand neuer zu überprüfen, und nicht zuletzt das Abenteuer, ein neues Wohnviertel und einen neuen Campus zu erforschen.
    Unbezahlten Urlaub nehmen war ungefähr so, wie eine Zeitlang sterben, denn man konnte nie sicher sein, ob die Universität je die Personalakte wiederfände oder der Versuchung widerstehen würde, jemand anderem das Büro zu geben. Nur daran, daß man seine Krankenversicherung im voraus selbst bezahlen und komplizierte Arrangements wegen der Post treffen

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