Verschwoerung der Frauen
fragte sich, wie lange es wohl her war, seit Hansford eine so aufmerksame, bereitwillige und ermutigende Zuhörerschaft wie sie gehabt hatte. Wahrscheinlich ließen sich seine Studenten leicht von seinen Possen ablenken. Amüsiert beobachtete sie, wie Hansford zu 73
dem Tablett mit den Getränken zurückkehrte, sein Glas nachfüllte, seinen Diskurs aber nicht unterbrach.
»Vor fünf Jahren«, schwadronierte Hansford jetzt, »beauftragte mich ein großer Verlag, der den bevorstehenden Jahrestag von Foxx’
Tod vor Augen hatte, eine Biographie über den großen Schriftsteller zu schreiben – zu sehr guten Bedingungen, wie ich hinzufügen darf.
Es war natürlich nicht die erste Biographie, aber diese würde so umfassend sein, daß ihr zumindest zwei Dekaden lang keine andere den Rang streitig machen konnte. Ich weiß nicht, wieviel Sie über die Vorarbeiten für eine Biographie wissen«, fügte er wie nebenbei hinzu, »nun, falls Sie noch keine Vorstellungen haben, so werden Sie eins gewiß bald feststellen: Die für Forschungen und Niederschrei-ben nötige Zeit sprengt stets die optimistischen Terminvorstellungen des Verlages. In einem Wort: Die Hoffnung, meine Biographie könnte zum Jahrestag fertig sein, war sehr unrealistisch. Aber – Gott sei’s geklagt – die Verleger sind nicht mehr die Gentlemen, die sie einst waren. Kurz, um es gelinde auszudrücken, ich war in der Zwickmühle. Die Wahrheit ist, ich war unter entsetzlichem Druck, und zwar nicht nur Zeitdruck – auch meine Ehe geriet ins Wanken.
Ich weiß nicht, ob Sie Feministin sind«, fügte er düster hinzu, offensichtlich aufs Schlimmste gefaßt. Aber Kate ließ die Gelegenheit ungenutzt verstreichen, denn schließlich wollte sie Informationen und weiter nichts. Hansford gab sich mit ihrem ermutigenden Lä-
cheln zufrieden. »Ich will nicht behaupten, daß meine Frau Feministin ist, aber zu der Zeit las sie eindeutig zuviel feministische Litera-turkritik. Jedenfalls, ihre Interpretation meines Materials, das sie mir tippen half – damals hatte noch nicht alle Welt einen Computer –, vor allem ihre Theorien über Foxx’ Meisterwerk ›Ariadne‹, brachten unsere Beziehung an den Rand des Scheiterns.«
Kate hatte keine Schwierigkeit, diese letzte Bemerkung zu interpretieren. Sosehr er auch versuchte, die Ideen seiner Frau ihrer Ehe-krise und ihrer Vergiftung durch den Feminismus anzulasten, so hatte sie doch seinen Glauben an seine eigene Größe ordentlich ins Wanken gebracht.
»Sie dürfen nicht glauben«, sagte Hansford, »ich hätte nicht die größten Anstrengungen unternommen, all die Menschen aufzuspü-
ren, die Emmanuel in seiner Jugend und während seiner Jahre in Paris und den anderen europäischen Städten gekannt haben.« Kate hatte genug gelesen, um die vielen Punkte auf der Landkarte Europas zu kennen, wo die Foxx’ sich mit großen Hoffnungen niedergelassen 74
hatten, von wo sie aber bald wieder weitergezogen waren. Seßhaft wurden sie erst in Paris. Und auch dort hatten sie mit einer selbst für die damalige Zeit erstaunlichen Häufigkeit eine Wohnung gegen die nächste getauscht. Kate wußte, daß Hansford all jene Menschen aufgesucht hatte. In der Tat hatte er beinahe fünf Jahre allein darauf verwandt, mit den Leuten zu sprechen, die Foxx als Knabe gekannt hatten, während seiner Schulzeit und seiner Studienjahre in Cam-bridge – ehe er dort von der Universität verwiesen wurde – und während der Zeitspanne in England, ehe er heiratete.
»Natürlich«, sagte Hansford und ließ sich mit einer Geste auf die Couch sinken, die Kate die Bedeutung des nun folgenden signalisieren sollte, »sprach ich mit den Goddards. Und natürlich auch mit Dorinda.« Hier machte er eine Pause, um seinen Drink und, so wirkte es auf Kate, auch seine Nerven aufzumöbeln. Denn nun schien, wie sie zu vermuten begann, die Krux des Ganzen erreicht zu sein.
Sie erinnerte sich sehr wohl, daß Dorindas Fotos das Herzstück der Biographie waren, die Hansford schließlich fabriziert hatte.
»Ich war recht überrascht«, Hansford schien sich nun endgültig auf heikles Terrain vorzuwagen, »aber Dorinda gab mir die Zeit für unsere langen Gespräche keineswegs widerwillig. Sie zeigte mir die Fotos, die sie von Hilda, Emile und Nellie gemacht hatte. Nellie war auf den meisten Fotos zusammen mit Anne Gringold zu sehen, was mich in meinem Gefühl bestärkte, Anne Gringold sei sehr wichtig, und was gleichzeitig meinen Ärger darüber verstärkte, daß
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