Verschwoerung der Frauen
Neureichen, klärte er mich auf, lebten ständig in der Angst, andere würden von ihnen erwarten, für sie zu bezahlen, und bestünden deshalb stets darauf, die Rechnung zu teilen, aber die von jeher Reichen seien oft großzügig, besonders in der Gesellschaft von Akademikern. Die Entdeckung, daß Dorinda ihn offensichtlich bezau-80
bernd fand, beruhigte ihn sehr.
Er mußte sich gar nicht erst bemühen, das Gespräch auf die Foxx’ zu bringen. Dorinda ging selbstverständlich davon aus, daß er ihretwegen mit ihr sprechen wollte, und fing an, über Emile, Nellie und Gabrielle draufloszuschwatzen (sein Ausdruck). Sie erinnerte ihn auch daran, daß sie Emmanuel nie begegnet war.«
Kate unterbrach ihren Bericht. »Es ist erstaunlich«, sagte sie, »aber trotz seines schrecklichen Gefasels hat er mir doch ein Bild von Dorinda vermittelt. Oh, für die Biographie bringt mich das wahrscheinlich nicht weiter, aber seine Beschreibungen von ihr waren das einzige in seinem Redeschwall, das ich nicht selbst an seiner Stelle hätte sagen können. Sie gehöre zu der Sorte Menschen, die bedächtig und in großen Abständen an ihrem Wein nippen, eine Angewohnheit, die er verabscheue. Und, wie um seine schrecklichsten Befürchtungen zu erfüllen, habe sie dann mit ihrem Brot herumgespielt, das Weiche in der Mitte herausgepult und zu schmuddeligen kleinen Kügelchen geformt. Am liebsten hätte er ihr den Brotkorb wegge-nommen. Um seiner Irritation Herr zu werden, machte er ihr ein Kompliment wegen ihrer Fingernägel, die seine Augen anzogen, so, wie angeblich das Kaninchen von der Schlange hypnotisiert wird.
Offenbar freute sie sich über das Kompliment und erzählte ihm mit gewissem Stolz, sie habe schon immer zehn Halbmonde gehabt.«
»Weißt du, Reed«, rief Kate aus. »Seit meiner frühesten Jugend habe ich niemanden mehr über die Halbmonde an seinen Fingernä-
geln reden hören. Dabei hat meine Mutter mich gelehrt, stolz auf meine zehn Halbmonde zu sein. Andere – meinte ich in meiner schrecklichen jugendlichen Arroganz, die meine Mutter mit allen Mitteln zu schüren versuchte – mußten ihre Nagelhaut zurückschie-ben, damit die Halbmonde sichtbar wurden – falls sie überhaupt welche hatten.«
»Willst du mir berichten, wie das Essen der beiden deiner Meinung nach verlief – schon gut, schon gut, wie es wirklich verlief-, oder willst du eine Kulturgeschichte der Fingernägel entwickeln?«
»Langweile ich dich?« fragte Kate.
»Nein, du nicht. Aber Hansford und Dorinda werden mich gleich langweilen. Kam etwas dabei heraus, das für dein biographisches Vorhaben von Nutzen ist?«
»Sie sprachen über Emile, den Dorinda offenbar nie kennengelernt hat. Nachdem er ihre Tante geheiratet hatte, kamen die beiden mehrere Sommer lang an die Küste von New Jersey. Für Dorindas 81
Vater war seine geliebte Schwester natürlich für jeden Mann zu gut, und der Großvater, der alte Lüstling, der es darauf anlegte, kleine Mädchen zu verführen, wollte unbedingt den Mann sehen, den seine vergötterte Tochter geheiratet hatte. Deshalb kam Hilda mit Emile angereist. Ich glaube, die Familie hielt Emile für einen ziemlichen Waschlappen, wie man in Dorindas Jugend zu sagen pflegte. Emile schien die meiste Zeit krank, ungeduldig und gelangweilt gewesen zu sein. Dorindas Daddy meinte, das käme vom Nichtstun; der Sohn eines berühmten Schriftstellers zu sein, sei schließlich keine Lebens-aufgabe. Nicht einmal für seine Tochter Nellie schien Emile sich sonderlich zu interessieren. Wenn Hilda und er in die Staaten reisten, ließen sie das Kind in Paris bei ihrer Großmutter. Dorinda war noch sehr klein damals, erinnerte sich aber sehr genau, wie darüber gesprochen wurde. Sie wußte, daß Nellie gleichaltrig war, und Dorinda, das geliebte, einzige Kind, konnte sich nicht vorstellen, daß jemand, der ein Kind ihres Alters hatte, den Ozean überquerte, ohne es mitzunehmen. Da ihre Mutter es haßte, sie allein zu lassen, dachte Dorinda, Nellies Mutter müsse genauso empfinden, aber das war nicht der Fall.«
Kate lächelte Reed an. »Tatsache ist, daß Hansford so viele Details der Familiengeschichte der Foxx’ kannte, daß er sofort verstand, wovon Dorinda sprach. Aber ob sie dem aus der Fassung gebrachten Biographen irgend etwas Nützliches mitzuteilen hatte, blieb unklar.
Er fragte, ob sie je Gabrielle begegnet sei, obwohl er ziemlich sicher war, daß das nicht der Fall war. Und natürlich«, fügte Kate hinzu,
»in dem Moment,
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