Verschwörung der Sieben
als ein Klicken ertönte und der Schirm dunkel wurde. Die Beleuchtung ging an, und Schritte kamen den Mittelgang herab. Blaine erstarrte und verdrehte den Kopf, um besser sehen zu können. Zuerst machte er ein Paar Füße aus, das in teuren Samtschuhen steckte. Dann sah er das Gesicht von Harlan Frye.
McCracken kannte den Reverend nur von Fotos. Und einmal hatte er einen kurzen Auftritt auf dem Zukunftsglaubenkanal gesehen, als er sich Anfang der Woche in einem Hotelzimmer befunden und durch die Sender gezappt hatte. Der Reverend war mittelgroß und stämmig, und alles an ihm wirkte durchschnittlich, bis auf das Gesicht. Seine Züge wirkten alterslos und waren auch ohne Make-up glatt und rein. Blaine wußte, daß dieser Mann ein unglaublich warmes und vertrauenerweckendes Lächeln aufsetzen konnte. Wenn Menschen ihn ansahen, waren sie sofort bereit, ihm alles zu glauben. McCracken ertappte sich bei der Frage, wie er jemals hatte vermuten können, daß ein Mann mit einem so gütigen Gesicht so etwas wie den Weltuntergang heraufbeschwören könnte. Er schüttelte den Kopf, als müsse er sich von einem Bann befreien. Der Reverend übte ganz gewiß einen geradezu magischen Einfluß auf seine Mitmenschen aus.
Jemand schritt hinter Frye den Mittelgang herab. Ein Mann, dessen rechte Hand schlaff an der Seite baumelte. Die beiden gingen zur Tür und verließen das Theater. Die Tür schloß sich mit einem Zischen hinter ihnen. Blaine wartete vorsichtshalber noch ein paar Minuten, ehe er sich aus seinem Versteck wagte. Im Mittelgang richtete er sich auf und versuchte festzustellen, woher der Reverend gekommen war. Dann ging er den Gang hinauf und fand oben einen Sessel vor, in dessen Lehne ein Fach für eine Fernbedienung eingelassen war. McCracken nahm das Gerät in die Hand und drückte auf ON. Er hoffte, jetzt feststellen zu können, was Frye seinen Mitbrüdern vor wenigen Minuten vorgeführt hatte.
Wieder erschien das Logo auf dem Bildschirm, wenn es auch im ersten Moment aufgrund der Beleuchtung im Kino nur schwach auszumachen war. Mit der Fernbedienung in der Hand schritt McCracken nach unten, denn hinter dem Symbol konnte sich nur das verbergen, was der Reverend für den Tag des Jüngsten Gerichts plante.
Kapitel 33
Die Labors befanden sich im dritten Stock des Gebäudes.
Sie waren nicht schwer zu finden gewesen, denn eine Stahltür trug die Aufschrift:
FORSCHUNGSABTEILUNG
ZUTRITT NUR FÜR MITARBEITER
Johnny zog Karen hinter sich und schob die Karte in den Schlitz, die er vorhin dem Wachmann abgenommen hatte. Die beiden preßten sich eng an die Wand, als die Tür tatsächlich aufglitt. Dann sprang der Indianer vor und schoß so rasch durch die Öffnung, daß Karen ihn nur als einen Schatten wahrnahm. Er blieb direkt am Eingang stehen, hielt seine Maschinenpistole fest in beiden Händen und gab Karen mit einem Kopfnicken zu verstehen, daß sie zu ihm kommen solle.
Der große Raum war menschenleer. Kein Schreibtisch war besetzt, kein Computer eingeschaltet. In den abgetrennten gläsernen Zellen und Nebenräumen hielt sich ebenfalls niemand auf. Doch hier schien nicht nur das Personal zu fehlen. Auch die Ausrüstungsgegenstände machten den Eindruck, seit längerem nicht mehr für einen Versuch benutzt worden zu sein. Alles war peinlich sauber und stand geordnet an seinem Platz. Karen hatte eigentlich emsige Teams erwartet, die hier mit irgend etwas beschäftigt waren. Und sie war davon ausgegangen, daß Wareagle alle mit seiner Waffe in Schach halten mußte, während sie sich die Unterlagen und Forschungsergebnisse ansah.
Ihr Blick fiel auf eine Reihe von Reagenzgläsern, die auf einem Arbeitstisch standen, der die gesamte Länge einer Wand einnahm. Karen ging auf sie zu und nahm eine von ihnen vorsichtig aus der Halterung. Das Röhrchen zerschmolz fast in ihrer Hand; es bestand aus einer Gelatine-Plastik-Mischung, wie man sie bei bestimmten Arzneikapseln verwendete, die sich im Mund auflösten. Das Reagenzglas besaß zwar etwas mehr Konsistenz, würde sich aber in einer Flüssigkeit ziemlich schnell auflösen und seinen Inhalt freisetzen.
Bevor sie sich das Ganze genauer ansehen konnte, zog Johnny sie am Arm. Erschrocken ließ sie das Röhrchen fallen. Es blieb aber heil und rollte davon. Der Indianer drückte sie hinter einen Schrank an die Wand. Karens Blick fiel auf zwei Personen, die vom oberen Stockwerk eine Wendeltreppe herabstiegen. Die beiden trugen weiße Schutzanzüge, komplett mit Atemmaske und
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