Verschwörung der Sieben
zufahren, auf dem der Name des Klärwerks stand. Sobald dieser Schwenk abgeschlossen war, würde er dem Reverend wieder ein Zeichen geben.
»An jedem Sonntag, Brüder und Schwestern, führt die Kirche des Erlösers ihre Messen außerhalb der traditionellen Gotteshäuser durch und sendet ihre Botschaft hinaus in die Welt der Menschen, die ihresgleichen sind. Heute spreche ich zu Ihnen von einem Ort, der die Erneuerung symbolisiert. Die Erneuerung der Hoffnung für die Hoffnungslosen, die Wiedergeburt von etwas, die aus dem Nichts erfolgt.«
Die sechs Kameras übertrugen nun Bilder aus dem Innern des Klärwerks in die Wohnstuben Amerikas, während Frye mit seiner Predigt fortfuhr.
»Diese Anlage, Brüder und Schwestern im Herrn, dient dem Zweck, Wasser von Schmutz zu reinigen. Die wahre Essenz des Lebens wird von dem befreit, was man als Abfall oder Ausschuß bezeichnet.« Er lächelte selbstsicher. »Von dem, was niemand mehr haben will, was keiner mehr gebrauchen kann. Welche Symbolkraft darin steckt, nicht wahr, meine Freunde, denn habe ich damit nicht das Leben von so vielen unter Ihnen beschrieben?«
»Amen«, riefen die Gläubigen draußen und reckten die Hände in die Luft. Die Kameras ließen sich solche Szenen natürlich nicht entgehen.
»Lasten nicht ständig die vergeudeten Stunden und versäumten Gelegenheiten wie Mühlsteine auf unseren Schultern, und das jeden Tag mehr und bedrückender?«
»Amen!«
»Und gibt es nicht so viele unter den Menschen, die nie danach streben, wenigstens einen Teil von dem zu retten, was sie verloren haben? Wir geben auf, wir legen die Hände in den Schoß, und wir sind davon überzeugt, daß aus etwas Schlechtem nichts Gutes erwachsen kann.«
»Amen!«
Auf den Bildschirmen im ganzen Land waren nun verzückte Gläubige zu sehen.
»Aber dieses Klärwerk hier nimmt sich das Schmutzwasser vor, kümmert sich um das, was achtlos weggegossen wurde, um daraus neues Leben zu schaffen. Das Werk arbeitet am Häßlichen und Abstoßenden, um daraus etwas Wunderbares und Lebenspendendes zu pressen.«
Stu ließ die Kameras wieder Harlan zeigen. Frye hatte zur Versinnbildlichung seiner Worte die Finger so fest ineinander verhakt, daß seine Hände zitterten. Dann sah er direkt in die Kamera.
»Am heutigen Sonntag morgen, bei diesem Gottesdienst trete ich vor Sie hin, um Sie zu ermahnen, mit dem Herzen zu begreifen, daß das, was in diesem Werk getan wird, heilig ist. Und ich muß gestehen, nie zuvor in einer so heiligen Halle gestanden zu haben.«
Schwenk auf die Menge: Die Menschen gerieten nun immer mehr in Ergriffenheit. Einige hatten sich bereits hingekniet und die Hände zum Gebet gefaltet.
»Statt uns mit unseren Fehlern und falschen Urteilen einfach abzufinden, sollten wir sie erkennen und uns bemühen, das Gute aus ihnen herauszupressen«, wieder verhakte Frye die Finger ineinander, »damit auf diese Weise unser Glück gerettet werden kann und wir Sinn und Erfüllung in dem finden, von dem wir vorher annahmen, es sei wertlos und zu nichts mehr nutze.«
Harlan atmete tief ein und zog ein Reagenzglas von zwanzig Zentimetern Länge und zwei Zentimetern Dicke aus der Tasche. Der kleine Behälter enthielt eine klare Flüssigkeit. Frye wußte, daß die Kamera gerade wieder die Menschen draußen zeigte, und suchte argwöhnisch das Innere der Halle ab. Er rechnete damit, daß Blaine McCracken jeden Moment hier auftauchen würde. Als die Kameras wieder ihn zeigten, hielt Harlan das Röhrchen hoch. Sobald er es in den Tank fallen gelassen hatte, würde es nur Minuten dauern, bis sein Inhalt freigesetzt war und sich mit dem Chlor verband, das hier dem Wasser beigegeben wurde. Wenn das Wasser ins Versorgungssystem zurückgeleitet würde, hatte sich Fryes Toxin bereits in ihm ausgebreitet. Und binnen weniger Tage würde es in San Antonio keinen Wasserhahn mehr geben, aus dem nicht kontaminierte Flüssigkeit strömte.
»Brüder und Schwestern, ich halte hier eine einfache Chemikalie namens Chlor in der Hand«, belog er die Gläubigen. »Ein simples Gebräu, doch wenn ich es jetzt gleich in den Tank hier hinter mir werfe, reinigt es das verschmutzte Wasser, damit es in der Welt wieder seinen Dienst tun kann, die es vorher weggegossen hat. Das gereinigte Wasser gibt und erhält dann wieder Leben.« Der Reverend hielt das Reagenzglas in die Kamera. »Wie viele von Ihnen haben ihr Leben bereits aufgegeben und sich damit in das spirituelle Äquivalent der Schmutzbrühe hier in dem Tank
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