Verschwörung der Sieben
waren, schnitten sie Stücke aus ihnen heraus, Teile, die niemals gefunden wurden. Das Experiment, dem die Regierung sie unterzogen hatte, sollte ihre Sinneswahrnehmungen verstärken. Doch es hatte sie in Monster verwandelt, die nur darauf aus waren, ihre unersättlichen Triebe zu befriedigen. Psychotiker, gefangen in einem surrealen Zustand, in dem ihre Handlungen, ähnlich wie in einem Traum, keine echten Konsequenzen nach sich zogen.
Johnny überquerte den Ort, der einst eine Lichtung gewesen war.
Schreie. Er hörte Schreie …
Obwohl sie aus der Vergangenheit zu ihm drangen, erschütterten sie ihn bis ins Mark. Vor zwanzig Jahren hatte Johnny die Angst und den Haß in sich aufgenommen, die ihn befähigten, die Fährte der Killer in die Nacht hinein zu verfolgen.
Er benutzte die geborgten Emotionen, als er in den frühen Morgenstunden auf den ersten der Mörder stieß, der gerade die Spuren ihres Nachtlagers verwischen wollte.
Johnny benutzte sein Messer und erledigte ihn mit einem raschen, sauberen Schnitt durch die Kehle.
Anschließend setzte er Early und dem anderen nach und kletterte auf einen Baum, als er spürte, daß einer von ihnen zurückkehrte. Der untersetzte, muskulöse Mann ging genau unter ihm vorbei. Wareagle stürzte sich auf ihn und ließ wieder sein Messer die blutige Arbeit verrichten.
Dann machte er sich auf die Suche nach Early.
Er entdeckte den riesigen Mann am Rand einer Schlucht, gut zwanzig Meter von Johnny entfernt auf anderen Seite einer Lichtung. Early stand wie angewurzelt dort und wandte ihm den Rücken zu. Sein schweres Messer blitzte im Mondlicht auf, und Wareagle fragte sich, ob das Blut der Opfer noch immer daran klebte.
Johnny nahm den Bogen von der Schulter und legte einen Pfeil auf. Dann zog er die mit hundertfünfundzwanzig Pfund gespannte Sehne zurück und zielte.
Early drehte sich um. Das Licht des Mondes war hell genug, um die wahnsinnige Wut zu zeigen, die in seinen Augen loderte. Er setzte sich in Bewegung.
Wareagle ließ die Sehne los. Der Pfeil schnitt durch die Luft und traf mit einem dumpfen Laut sein Ziel.
Early kam immer noch auf ihn zu.
Johnny jagte einen weiteren Pfeil los, der dicht neben dem ersten einschlug und das Herz nur knapp verfehlte. Early schwankte und stolperte bis zum Rand der Schlucht zurück.
Wareagle verharrte an seinem Platz und legte einen neuen Pfeil auf. Earlys Blick bohrte sich durch die windgepeitschte Nacht in Johnnys Augen. Dann stürzte er rückwärts über den Rand der Schlucht in den Abgrund.
Genau an dieser Stelle stand Johnny jetzt. Earlys Fußabdrücke waren längst verschwunden, doch das Bild in Wareagles Erinnerung war noch immer lebendig. Der dreißig Meter unter ihm liegenden Fluß strömte langsamer dahin, offenbar führten ihm die Bäche jetzt weniger Wasser zu als damals. Hier endete die Spur. Earvin Early war in die Dunkelheit hinabgestürzt und verschwunden, gestorben. Und gleichzeitig war das, wozu er heute geworden war, hier geboren worden.
Etwas war dort unten. Etwas, das Johnny in dieser Nacht erwartete, so wie es Early zwanzig Jahre zuvor erwartet hatte.
Wareagle streifte den Rucksack von den Schultern und holte die Geräte heraus, die er benötigte. Bei Nacht über die steilen Klippen hinabzuklettern, ohne einen zweiten Mann, der den Abstieg sicherte, war ein riskantes Unternehmen, doch Johnny war entschlossen, dem Weg zu folgen, den ihm die Geister wiesen.
Er befestigte das siebzig Meter lange Kletterseil mit Gurten und Karabinerhaken am Stamm eines Baumes, der ein paar Schritte vom Rand der Schlucht entfernt wuchs. Nachdem er sich vergewissert hatte, daß die Verankerung halten würde, führte er das Seil durch die Halterungen und zog es straff. Dann ging er rückwärts bis zum Rand und ließ sich langsam über die Kante hinunter. Er spürte, wie das Seil durch seine mit Handschuhen geschützten Hände glitt.
Die ersten beiden Sprünge endeten jeweils in einem recht schmerzhaften Zusammenstoß mit dem Felsen, doch dann hatte Johnny seinen Rhythmus gefunden und bewegte sich mit zunehmender Sicherheit. Wie sich zeigte, wurde der Abhang, der von oben wie eine glatte Felswand gewirkt hatte, durch ein Sims unterbrochen, das weit genug abstand, um einen Sturz zu bremsen oder sogar aufzufangen. Möglicherweise hatte Early auf dem Weg nach unten wild um sich geschlagen und dabei eine der Pflanzen erwischt, die aus dem Sims herauswuchsen. Und von dort aus wäre es ihm trotz seiner Verletzung möglich
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