Verschwörung im Zeughaus
zu!» Adelina wedelte ungeduldig mit der Hand. Sie war bereits dabei, Wasser aus dem Vorratsbehälter in einen Kessel umzufüllen, schürte das Feuer unter dem Dreifuß und hängte den Kessel darüber auf. Dann eilte sie in die Apotheke, wo Mira gerade konzentriert Mandeln in einem Mörser zerstieß. Es roch leicht nach dem Rosenwasser, das sie der Mischung nach und nach beifügte. Die Gesellin arbeitete mit finsterer Miene und achtete nicht darauf, was um sie herum geschah. Adelina ließ sie in Frieden. Sie wusste, dass man nicht unbedingt mit Mira sprechen sollte, wenn sie in dieser Stimmung war. Stattdessen packte sie ein paar Arzneien und Kräuter in einen Korb. Nach kurzem Zögern legte sie auch die getrocknete Mistel dazu. Ein Trank daraus konnte die Wehen verstärken und ein Kind vorzeitig aus dem Leib treiben. Einige Hebammen, die bei ihr Kundinnen waren, benutzten diese Arznei in seltenen Fällen. Adelina glaubte nicht, dass sie sich trauen würde, die Mistel wirklich anzuwenden, denn sie kannte sich damit nicht gut aus. Aber vielleicht würde Ludmilla sie brauchen.
Zurück in der Küche, überprüfte sie das Wasser, entschied, dass es noch ein wenig heißer werden musste, und packte rasch Brot, Käse, ein paar Äpfel und einen Krug Apfelmost in den Korb.
In diesem Moment kehrte Griet mit einem Stapel sauberer Leinentücher zurück. Ihr auf den Fersen war Neklas, der offenbar gerade von einem Krankenbesuch zurückgekommen war.
«Was habt ihr denn vor?» Mit hochgezogenen Brauen musterte er die Tücher und den vollgepackten Korb.
«Wir gehen in die Unterwelt», erklärte Adelina. «Griet hat dort in der Höhle hinter dem Beinhaus ein junges, schwangeres Mädchen versteckt, das unserer Hilfe bedarf.»
«Was?» Verblüfft hob er den Kopf.
Adelina hob die Schultern. «Ich erkläre es dir später, Neklas. Bleib du bitte hier im Haus, falls der Rentmeister zurückkehrt oder der Vogt … oder wer auch immer.»
«Aber …»
«Bitte, Neklas.» Eindringlich sah sie ihm in die Augen. «Wir haben es eilig und –»
«Ich habe Jupp Bescheid gegeben», kam in diesem Moment von der Küchentür her Maries Stimme. Auch sie trug einen Korb am Arm, in dem sich neben einem Weinkrug und einem halben Brot auch eine Schüssel befand, die vermutlich Grütze oder Eintopf enthielt.
«Er reitet los, sobald Ludowig ihm ein Pferd gesattelt hat.»
«Gut, dann lasst uns gehen.» Adelina sah ihre Freundin und Griet auffordernd an und ging an dem noch immer verwunderten Neklas vorbei in den Keller. Unten im Laboratorium stieß sie beinahe mit Tilmann zusammen, der offenbar gerade auf dem Weg nach oben war.
«Was habt ihr denn vor?», wollte er nach einem Blick auf die Körbe, den vollen Wassereimer und die Leinentücher wissen.
Mit wenigen Worten schilderte Adelina ihm die Situation.
«Ich begleite euch», beschloss er sogleich.
Adelina konnte nicht umhin zu vermuten, dass er darin eine gute Gelegenheit sah, das Gespräch mit Mira noch ein wenig aufzuschieben. Für einen solchen Feigling hätte sie ihren Bruder nicht gehalten. Sie hatten jedoch keine Zeit für lange Debatten.
«Also gut, wie du meinst. Aber bleib ein wenig zurück. Das Mädchen ist vermutlich sehr verängstigt, und in ihrem Zustand wird sie keinen Mann um sich haben wollen. Das ziemt sich zudem nicht.»
«Schon gut. Ich will nur dafür sorgen, das ihr dort sicher seid, das ist alles.»
«Danke, Tilmann.» Adelina lächelte ihm zu und bemerkte jetzt erst, dass er andere Kleider trug. Sie hatte ihm ein paar Hosen und Hemden von Jupp gebracht, da die beiden Männer etwa gleich groß waren. Auch seine Stiefel hatte Tilmann angezogen, ebenso wie den Schwertgürtel. Das Schwert schien ihm Kraft und Selbstbewusstsein zu geben, denn er hielt sich so aufrecht wie eh und je. Hätte sie nicht von den schweren Wunden gewusst, wäre sie nicht auf die Idee gekommen, er könnte geschwächt sein.
Sie benötigten nur wenige Minuten bis zu der großen Höhle, die einst als Herberge für Diebesgesindel gedient hatte. Adelina gab ihrem Bruder ein Zeichen, sich zurückzuhalten, und bedeutete Griet, voranzugehen.
Der unterirdische Raum, ehemals wohl ein Tempel oder Palast der römischen Bewohner von Köln, wurde nur in einer Ecke von einem flackernden Kienspan erleuchtet. Dort lagen alte Kleider und Decken aufgehäuft, zwischen denen ein menschlicher Kopf auszumachen war.
«Clara?» Griet stellte den Eimer ab und lief auf den Kleiderberg zu. Sie legte die Leinentücher
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