Verschwörung im Zeughaus
deshalb … Schau mich nicht so an, Adelina. Ich weiß auch nur, was deine Tochter mir eben erzählt hat. Griet?»
Das Mädchen nickte. «Clara ist von … von da, wo sie gewohnt hat, weggelaufen.»
«Sie ist ihrer Familie davongelaufen?» Erschrocken hob Adelina den Kopf. «Und woher kennst du sie?»
«Sie war neulich … Du weißt doch noch, dass ich einer Bettlerin etwas zu essen gegeben habe?»
Adelina nickte, sie erinnerte sich vage daran.
Griet hob die Schultern. «Das war Clara. Sie hat mir so leidgetan, weil … sie schwanger ist.»
«Was sagst du da?» Bestürzt fasste sich Adelina an die Stirn. «Sie ist ihrem Ehemann davongelaufen, obwohl sie ein Kind erwartet?»
«Nein, nicht ihrem Ehemann.» Griet verzog schmerzlich das Gesicht. «Sie ist nicht verheiratet.»
«Liebe Zeit!» Adelina starrte Griet entsetzt an. «Kind, in welche Geschichte bist du da geraten?»
«In gar keine!», rief Griet sichtlich verzweifelt. «Clara hat nichts Schlimmes getan. Sie ist nur …»
«Schwanger.»
«Ja.» Griet senkte den Kopf, hob ihn jedoch sogleich wieder. «Mutter, wir müssen ihr helfen. Sie hat Wehen, dabei soll das Kind erst in zwei oder drei Monaten kommen. Ich war bei ihr, um ihr wieder etwas zu essen zu bringen, da hat es angefangen. Sie hat große Angst und Schmerzen und –»
«Wo ist sie denn jetzt überhaupt?», unterbrach Adelina sie.
«Unten in dem großen Raum, du weißt schon, in dieser Ruine, in der damals das Gesindel gehaust hat.»
«Du hast sie in die Unterwelt gebracht?» Verblüfft und verärgert zugleich blickte Adelina das Mädchen an.
Griet nickte. «Ich wusste nicht, wohin mit ihr. Dort unten ist es wenigstens ein bisschen geschützt, und das Gesindel ist doch schon lange fort. Außerdem muss sie sich verstecken, weil sie Angst hat, dass man sie finden könnte.»
Argwöhnisch hob Adelina die Brauen. «Sie wird gesucht? Von wem?»
«Von ihrem Vater vermutlich.»
«Sein gutes Recht!»
«Nein, Mutter, du verstehst das nicht.» Griet sprang auf, ging mehrmals erregt auf und ab und blieb dann direkt vor Adelina stehen, umfasste ihre rechte Hand. «Ihr Vater darf sie nicht finden, weil er sie dann sofort wieder zurückbringt.»
«Zurück wohin? Ist sie etwa aus dem Kloster weggelaufen?»
«Nein. Er hat sie an ein Hurenhaus verpfändet.»
«Wie bitte?» Entgeistert riss Adelina die Augen auf.
Marie räusperte sich. «So, wie ich es verstanden habe, hat Claras Vater immense Schulden und deshalb seine Frau und seine Tochter auf ein Jahr in das Hurenhaus geschickt. Dort sollten sie ihm helfen, das nötige Geld aufzubringen, um die Schulden zu begleichen.»
«Das ist ja …» Adelina fehlten die Worte.
Marie nickte bekümmert. «Ich weiß, ich war auch entsetzt. Aber ich habe schon gehört, dass es Männer gibt, die so etwas tun, wenn sie Schulden haben. Es ist einfach grausam. Claras Mutter ist krank geworden und gestorben, deshalb sollte Clara nun noch länger für den Hurenwirt arbeiten. Doch dann wurde sie schwanger und ist davongelaufen.»
Betroffen rieb sich Adelina über die Arme und seufzte dann aus tiefstem Herzen. Warum nur passierten immer ihrer Familie solche Dinge? Sie schienen nicht nur Mordanklagen und Verwicklungen in diverse Verschwörungen wie magisch anzuziehen, sondern auch Menschen, die auf die eine oder andere Weise ihrer Hilfe bedurften.
Nun also diese Clara. Adelina schalt sich innerlich viel zu weichherzig, doch das Gebot der Nächstenliebe besagte nun einmal, dass sie einen Menschen in Not nicht einfach sich selbst überlassen durfte. Sie hoffte nur, dass sie sich damit nicht noch mehr Ärger einhandelte.
«Also, du sagst, bei dem Mädchen haben die Wehen vorzeitig eingesetzt?», wandte sie sich an Griet, die sie ängstlich beobachtet hatte.
Das Mädchen atmete hörbar auf. «Ja, Mutter. Sie kamen vorhin noch in großen Abständen, aber ich glaube, Clara hat auch ein bisschen geblutet. Wenn sie das Kind verliert, kann sie doch sterben, nicht wahr?»
Adelina nickte. «Die Gefahr besteht immer.» Sie blickte zu Marie. «Würdest du Jupp bitten, hinaus zu Ludmilla zu reiten und sie herzubringen? Er soll eines unserer Pferde nehmen. Griet, hol saubere Tücher. Wo steckt Magda?»
«Sie ist draußen bei den Hühnern.»
«Na gut, dann bereite ich einen Eimer mit heißem Wasser vor und stelle ein paar Kräuter aus der Apotheke zusammen. Wir gehen gemeinsam zu Clara und schauen, ob wir ihr helfen können.»
«Danke, Mutter!»
«Ja, ja, nun lauf schon
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