Verschwörung im Zeughaus
– ihre Gesellin war nach einem mehrstündigen Schlaf wesentlich munterer als noch am Morgen –, und Ludowig saß unten bei Tilmann im Kellergelass. Es hatte eine Zeit gegeben, da war Adelina für alle Arbeiten in ihrem Haushalt allein verantwortlich gewesen, hatte alle Bürden des Alltags getragen – und es nicht anders gewollt. Heute war sie glücklich und dankbar, solch loyales und zuverlässiges Gesinde zur Seite zu haben, das ihr viele Pflichten und Arbeiten abnahm. Auch dass Mira und Griet nun in einem Alter waren, in dem sie die Geschäfte in der Apotheke zumindest teilweise zu übernehmen vermochten, erleichterte Adelinas Leben sehr.
Dennoch schienen ihre Sorgen nicht weniger zu werden. Immer, wenn sie dachte, es sei in ihrem Leben Ruhe eingekehrt, tauchten neue Herausforderungen und Probleme auf.
«Natürlich kann das passieren», stimmte Neklas zu. «Aber wir dürfen nicht untätig herumsitzen. Wenn wir keine Fragen stellen, erhalten wir auch keine Antworten. Die Männer, mit denen ich an der Ulrepforte gesprochen habe, scheinen nichts von der Sache zu wissen. Sie haben zwar von dem Mord gehört und davon, dass nach Tilmann gesucht wird, aber ich glaube nicht, dass einer von ihnen auch nur im Entferntesten damit zu tun hat. Sie sind alle Handwerker und Kaufleute, die nur ihren Pflichtdienst verrichten.» Er blickte zu Jupp. «Morgen könnten wir versuchen, ein paar der Stadtsoldaten ausfindig zu machen und mit ihnen zu sprechen.»
Der Chirurg nickte zustimmend. «Das erscheint mir auch der sinnvollste Weg zu sein. Jemand sollte außerdem zu Tilmanns Haus gehen und sich dort umschauen. Vielleicht finden sich Schriftstücke oder andere Hinweise darauf, was er in der letzten Zeit getrieben hat.»
«Ich werde morgen früh hingehen», entschied Adelina. «Aber wird der Vogt nicht längst jemanden geschickt haben, das Haus zu durchsuchen?»
«Vermutlich.» Neklas rieb sich das Kinn. «Aber wenn die Büttel nicht wissen, wonach sie suchen sollen, haben sie es vielleicht nicht gefunden.»
«Wir wissen es doch auch nicht.»
«Möglich.» Neklas lächelte leicht. «Aber wir haben zumindest einen winzigen Anhaltspunkt – im Gegensatz zu Gerlach Haich. Ein unangenehmer Mensch übrigens.»
«Das fand ich auch, als ich ihm neulich zum ersten Mal begegnet bin», stimmte Adelina zu. «Scherfgin war schon schwierig, aber Haich erscheint mir noch schwerer zu durchschauen. Er wirkt auf mich so glatt wie ein Aal.»
«Wodurch er sich zweifelsohne den Weg zum Posten des Kölner Vogtes hinaufgeschlängelt hat.» Jupp verzog missbilligend die Lippen. «Vielleicht ist es dennoch ein fähiger Mann.»
«Das muss sich erst weisen.» Adelina setzte sich wieder und verschränkte die Arme. In diesem Moment kamen hastige Schritte die Kellertreppe heraufgepoltert.
«Herrin? Meister Jupp? Kommt schnell, dem Hauptmann geht es schlecht!» Ludowig platzte aufgeregt in die Küche. «Er hat ja schon die ganze Zeit gefiebert, aber jetzt wirft er sich wie wild hin und her und glüht am ganzen Leib. Er phantasiert auch, und die Verbände sind verrutscht. Die Wunde an der Seite blutet wieder. Ich weiß nicht, was ich machen soll!»
«Oh, heilige Maria, steh uns bei.» Erschrocken sprang Adelina auf und bekreuzigte sich. Gefolgt von Jupp und Neklas eilte sie hinter ihrem Knecht her in den Keller. Der Anblick, der sich ihr dort bot, ließ sie entsetzt innehalten.
Tilmann wand sich auf seinem Lager, stöhnte und murmelte unverständliche Worte. Sein Gesicht war gezeichnet von roten Fieberflecken, seine Augen, die er geöffnet hatte, blickten glasig in eine unbekannte Ferne, rollten hin und her, sahen offenbar Dinge, die das Fieber ihm vorgaukelte. Die Wolldecke, mit der er zugedeckt gewesen war, lag am Boden. Sein bis auf eine Bruch unbekleideter Körper glänzte im Schein der Öllampen vom Schweiß. Die Bandagen, die seine Wunden schützen sollten, waren verrutscht und blutgetränkt.
«O nein! Neklas, Jupp, ihr müsst ihm helfen!» Adelina war mit zwei Schritten bei ihrem Bruder und legte ihm eine Hand auf die Stirn. «Er glüht.» Sie wandte sich zu Ludowig um. «Hol kaltes Wasser, so viel wie möglich!»
Jupp beugte sich über Tilmann und untersuchte die Wunden. «Brandig», stellte er fest und blickte besorgt zu Adelina. «Das sieht nicht gut aus. Der Rand um die Schwertwunde ist entzündet. Die Dolchverletzung blutet zwar wieder etwas, ist aber vom Brand bisher nicht betroffen.»
«Kannst du etwas dagegen tun?» Adelina
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