Verschwörung im Zeughaus
und begab sich selbst daran, die Zutaten für Malerfarben zusammenzustellen.
«Ihr glaubt also, dass jemand hinter Euch her ist, weil Ihr einem Betrug auf der Spur seid?»
Obwohl Ludmilla zunächst heftig protestiert hatte, waren am späten Nachmittag Adelina, Neklas, Marie und Meister Jupp in dem unterirdischen Gewölbe zusammengekommen, um mit Tilmann zu sprechen. Da die Apotheke inzwischen geschlossen war, hatte sich Mira ebenfalls dazugesellt. Auch Griet hatte sich ihnen anschließen wollen, doch Franziska und Magda waren vor einer Weile auf den Markt geschickt worden und hatten die Kinder mitgenommen, deshalb musste sich jemand um Vitus kümmern. Zwar war Griet ein wenig enttäuscht gewesen, sie sah allerdings ein, dass man den jungen Mann nicht oben im Haus allein lassen konnte, und so hatte sie sich schließlich bereiterklärt, sich zu ihm in die Küche zu setzen und ihm bei seinem Spiel mit seiner Katze Fine Gesellschaft zu leisten.
«Ich glaube es nicht», grollte Tilmann, «ich bin mir ziemlich sicher. Vor etwas über einem Jahr stellten Clais und ich durch Zufall fest, dass mit den Waffenlieferungen an das Zeughaus etwas nicht stimmte.» Er rutschte ein wenig auf der Matratze hin und her. Ludmilla hatte ihm ein weiteres Kissen in den Rücken geschoben, sodass er nun zwar nicht saß, jedoch ein wenig aufrechter lag. Dennoch sah Adelina, dass er sich in dieser Position äußerst unwohl fühlte. Er war es gewohnt, den Befehl zu führen, fest auf seinen zwei Beinen zu stehen. Nun lag er hilflos wie ein Kind auf dem Krankenlager.
«Es wäre sicher niemals jemandem aufgefallen, oder zumindest nicht so bald, wenn wir nach dem Schützenfest im Frühjahr nicht so viele kaputte und unbrauchbare Armbrustbolzen in Rechnung gestellt hätten. Der damalige Rentmeister, Arndt van Schuren, lag zu dieser Zeit krank darnieder, sodass einer seiner Schreiber uns anwies, die fehlenden Bolzen selbst aus dem Zeughaus zu holen. Natürlich trugen wir deren Anzahl in die entsprechende Liste ein. Clais war es, dem auffiel, dass die Zahlen auf dieser Liste unvollständig waren und zum Teil nicht den tatsächlichen Beständen im Zeughaus entsprachen. Zunächst dachten wir, es handele sich um einen einfachen Zählfehler. Doch als wir uns genauer umsahen, die übrigen Bestände an Schwertern, Bögen, Armbrüsten und dergleichen zählten, wurde uns klar, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Immer wieder waren Neuzugänge ordnungsgemäß verbucht worden, aber die Anzahl der entnommenen Waffen stimmte oft nicht damit überein. Natürlich fragten wir zunächst beim Rentmeister nach, doch dieser behauptete, es könne sich nur um Zählfehler handeln. Wir ließen es darauf beruhen, doch einige Wochen später stolperte Clais erneut über eine Unregelmäßigkeit im Zeughaus. Diesmal waren es zwei von zehn neuen Büchsen, die nirgends aufzufinden waren. Und diesmal behauptete der Rentmeister, sie könnten gestohlen worden sein. Das alles kam uns jedoch merkwürdig vor, und im Laufe der nächsten Monate zählten wir immer wieder in unregelmäßigen Abständen die Waffen im Zeughauses und verglichen die Anzahl mit den Beständen, die der Rentmeister in seinen Listen aufführte. Oft stimmten die Zahlen, doch es gab auch immer wieder kleine Unregelmäßigkeiten.»
«Habt ihr euch damit an den Stadtrat gewandt?», wollte Neklas wissen.
«Natürlich, vor ein paar Monaten. Der Rentmeister selbst hat diese Sache auf einer der Ratssitzungen vorgebracht. Wie man sich denken kann, war ihm die Sache äußerst unangenehm. Allerdings blieb er dann nicht länger im Amt, weil ihn seine Krankheit zusehends schwächte. Kurz darauf verstarb er. Der neue Rentmeister sah hingegen keine Veranlassung, uns weiterhin in die Nachforschungen einzubeziehen. Vielleicht lag es auch daran, dass Thönnes Overstolz und ich nicht die besten Freunde sind. Seitdem er das Amt des Rentmeisters bekleidet, wirft er mir Steine in den Weg, wo er nur kann. Er nimmt es mir noch immer übel, dass ich vor Jahren nicht seine Schwester Beede geheiratet habe.» Tilmann winkte ab. «Nun ja, das hat hier nichts zu suchen. Wie dem auch sei, weder Clais noch ich hatten fortan Zugang zu den Büchern des Rentmeisters. Aber inzwischen hatten wir schon festgestellt, dass auch der Sold für einige Stadtsoldaten falsch abgerechnet worden war. Immer sah es aus, als habe sich nur jemand bei der Abschrift von Urkunden oder Verträgen verrechnet oder die Zahlen verdreht. Dennoch wurden wir
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