Verschwörung im Zeughaus
Schreibzimmer und wenig später das Rathaus. Doch Reese blieb an ihrer Seite.
«Frau Adelina, seid vernünftig», redete er auf sie ein. «Ich kann ja verstehen, dass Ihr verärgert seid …»
«Verärgert?» Abrupt blieb sie stehen. «Ihr glaubt, ich sei verärgert, weil schon wieder ein Mitglied meiner Familie des Mordes beschuldigt wird?»
Betreten senkte der Gewaltrichter den Kopf. «Es tut mir leid, wirklich. Leider liegen uns bislang nur belastende Aussagen gegen Greverode vor.»
«Wer sind die Männer, die ihn mit van Wesel gesehen haben wollen?»
«Veit Liesborn und Hartmann vom Winkel. Beide Berittene aus Clais van Dalens Gleven. Liesborn ist mit einer Cousine von Christine van Dalen verheiratet, und vom Winkel dient der Familie schon in zweiter Generation. Ihr seht also, dass beide Männer vollkommen vertrauenswürdig sind.»
Kurz presste Adelina die Lippen aufeinander. «Ich würde gern selbst mit ihnen sprechen.»
«Wozu soll das gut sein?»
«Es geht um meinen Bruder, Herr Reese!»
Der Gewaltrichter hob die Schultern. «Es steht Euch frei, die Männer aufzusuchen.» Er blickte sich um. «Seid Ihr allein hier? Soll ich Euch nach Hause begleiten?»
Überrascht sah sich nun auch Adelina um. «Nein, ich bin mit Magda hergekommen. Sie sollte hier vor dem Rathaus auf mich warten.»
«Ich kann sie nirgends entdecken.» Reese ließ seinen Blick über die Judengasse schweifen. An diesem Morgen herrschte wie immer reges Treiben. Handwerker, Mägde und Knechte waren mit ihren täglichen Verrichtungen beschäftigt. Kinder rannten schreiend und lachend umher. Hühner pickten in der von Fuhrwerken und unzähligen Füßen aufgewühlten Erde und stoben gackernd auseinander, wenn ihnen jemand zu nahe kam. «Vielleicht hat sie Bekannte getroffen und über einem Schwatz die Zeit vergessen?»
Skeptisch schüttelte Adelina den Kopf. «Das sähe ihr gar nicht ähnlich. Sie würde nicht einfach … O mein Gott, Magda!» Adelina war, während sie sprach, ein paar Schritte Richtung Alter Markt gegangen. Zufällig war ihr Blick dabei auf einen finsteren Durchgang zwischen zwei Häusern gefallen. Dort kniete ihre Magd in gekrümmter Haltung und hielt sich den Kopf.
«Was ist dir geschehen?», rief Adelina und ging neben ihr in die Hocke. «Du bist ja verletzt! Wer war das?»
Magda hob vorsichtig den Kopf. An ihrer Schläfe war eine blutige Schramme zu erkennen, ein Auge war zugeschwollen, und ihr braunes Kleid war übersät mit Schlammflecken.
«Herrin, Gott sei Dank!», nuschelte sie. Dabei lief ihr ein Rinnsal Blut aus dem Mundwinkel. Ungelenk wischte die Magd es fort.
«Was ist hier geschehen?», fragte nun auch Reese alarmiert und beugte sich über die Frau. «Bist du überfallen worden?»
Magda versuchte aufzustehen, schien jedoch am ganzen Körper Schmerzen zu haben. Nur mit Adelinas und Reeses Hilfe schaffte sie es, schwerfällig auf die Füße zu kommen.
«Zwei Kerle», sagte sie mit zitternder Stimme. «Ich hab sie nicht kommen sehen. Der eine hat mir einen Stein an den Kopf geworfen und gesagt, ich verdiene es nicht besser, weil ich der Schwester eines Mörders diene.»
«O nein!» Entgeistert starrte Adelina sie an. «Das darf doch wohl nicht wahr sein.»
«Der andere hat mich geschlagen und gesagt, ich soll Euch ausrichten, dass man in Köln mit solchem Geschmeiß wie Euch und Eurem Bruder kurzen Prozess macht und dass sich Eure Familie auf was gefasst machen kann. Verzeiht, Herrin.» Kläglich sah Magda auf ihre zitternden Hände hinab und verschränkte sie ineinander.
Adelina spürte Zorn in sich aufsteigen, riss sich aber zusammen.
«Schon gut, Magda. Du kannst ja nichts dafür.»
«Hast du die Gesichter der beiden erkannt?», hakte Reese nach. «Kannst du sie beschreiben?»
Magda nickte. «Den einen hab ich schon mal gesehen. Er ist Knecht beim Hauptmann van Dalen. So ein großer Kerl mit dunklem Haar und Bart. Der andere war mir fremd.»
Adelina hob erschrocken den Kopf. «Ein Knecht von Clais van Dalen?» Sie wandte sich an Reese. «Ich will, dass er dafür vor Gericht kommt.»
Reese nickte zustimmend. «Ich werde veranlassen, dass er zu dem Vorfall befragt wird. Wie sah der andere Mann aus?»
Magda taumelte etwas und hielt sich dankbar an Adelinas ausgestrecktem Arm fest. «Ebenfalls groß, dunkle Haare, Bart. Ein scheußlicher Kerl. Wüsste wirklich nicht, dass ich dem schon mal begegnet wäre. Er hatte ein hässliches rotes Mal auf der Stirn. Daran kann man ihn gut
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