Verschwörung im Zeughaus
unserer Schritte in dieser Angelegenheit darzulegen. Möglicherweise habe ich auch gezögert, alles preiszugeben, weil ich nicht wusste, wem ich vertrauen kann und wem nicht.»
Adelina erstarrte. «Mir – uns hier im Hause – kannst du vertrauen. Ich dachte, das wüsstest du.»
Er seufzte, nun wieder leicht gereizt. «Hör zu, Adelina, ich liege hier mit zwei Löchern im Leib, die mich beinahe das Leben gekostet hätten. Da ist es wohl nur verständlich, wenn ich mit dem, was ich äußere, vorsichtig bin.» Ehe sie etwas darauf erwidern konnte, hob er beschwichtigend beide Hände. «Ich will mich nicht mit dir anlegen, Schwester. Eine Konfrontation mit einem kratzbürstigen Weib sollte für den Tag ausreichen.» Er warf Mira einen kurzen Seitenblick zu. Sie gab einen zischenden Laut von sich, erwiderte jedoch nichts.
Adelina musterte die beiden eingehend, entschied sich jedoch, nicht weiter darauf einzugehen. Stattdessen wandte sie sich an ihre Gesellin. «Habt Ihr schon über Frau Christine gesprochen?»
«Sie hat sich aufgeregt, als Clais und ich anfingen, van Wesel und seine Machenschaften auszukundschaften», antwortete Tilmann, noch bevor Mira Luft holen konnte.
Adelina nickte ihm ernst zu. «Hältst du es für möglich, dass sie etwas mit den Anschlägen auf dich und Clais zu tun hat?»
«Christine?» Tilmanns Augen weiteten sich. Ungläubig starrte er sie an. «Wie kommst du denn darauf?
«Ludmilla sagt, sie habe eine von Christines Mägden dabei beobachtet, wie sie Verbandmaterial und Wundarzneien in großer Menge besorgt hat.» Abwartend musterte sie ihn.
Er runzelte sichtlich irritiert die Stirn. «Christine van Dalen ist keine Verräterin. Wundarzneien, sagst du?»
«So hat es uns Ludmilla berichtet.»
«Das kann ich nicht glauben.»
«Nach allem, was uns Beede Palm über Frau Christine erzählt hat», setzte Mira an, doch er unterbrach sie sogleich.
«Beede Palm? Was hat sie mit der ganzen Angelegenheit zu tun?»
«Nun, zunächst einmal ist sie die Gemahlin eines Verdächtigen», erklärte Adelina. «Das wussten wir freilich noch nicht, als sie uns aufgesucht hat.»
«Beede war hier im Haus?» Er verzog das Gesicht.
Adelina legte den Kopf schräg. «Warum überrascht dich das so?»
Tilmann winkte ab. «Es überrascht mich weniger als es mich ärgert. Beede Palm ist ein dummes Huhn.»
Plötzlich erinnerte sich Adelina an etwas, das er vor einiger Zeit gesagt hatte. «Wart ihr nicht einst verlobt?»
«Gott behüte!» Er stieß ein verächtliches Schnauben aus. «Aber ihre Familie, besonders ihr Bruder Thönnes, wollte, dass ich sie heirate.»
«Doch du wolltest nicht?»
«Auf keinen Fall. Es gibt nämlich etwas, das noch schlimmer ist als ein aufmüpfiges Weib» – er warf Mira einen bezeichnenden Seitenblick zu – «und zwar ein strohdummes.»
Mira erwiderte seinen Blick halb überrascht, halb amüsiert. Adelina zog die Stirn kraus. «So furchtbar dumm kam sie mir aber nicht vor. Ein bisschen weltfremd vielleicht.»
«Möglicherweise hat sie mit den Jahren gelernt, es besser zu verbergen», knurrte er.
«Ihr seid der erste Mann, der mir begegnet – nun ja, mal abgesehen von Magister Burka und vielleicht noch Meister Jupp –, der behauptet, eine kluge Frau sei ihm lieber als eine dumme», kam es etwas gepresst von Mira. «Im Allgemeinen hört man immer das Gegenteil.»
Adelina musterte sie überrascht, konnte sich ein Schmunzeln jedoch nicht verkneifen. Ihr waren gerade ähnliche Gedanken durch den Kopf gegangen. Erwartungsvoll blickte sie zu ihrem Bruder.
Tilmann winkte ab. «Es wird viel geredet, wenn der Tag lang ist. Aber glaubt mir, ich kenne nicht einen klugen Mann, der sich mit Absicht eine dumme Frau nehmen würde.» Er hielt kurz inne und lächelte dann leicht. «Obgleich auch ein scharfer Verstand zuweilen eine Last sein kann – nicht wahr, Schwester?», fuhr er fort und zwinkerte Adelina zu. «Ich habe jedenfalls bei Beede dankend abgewunken, und das nimmt mir Thönnes noch heute krumm.»
«Krumm genug, um Euch Schaden zufügen zu wollen?», fragte Mira.
«Schwer zu sagen. Wir waren auch vorher nicht die besten Freunde.»
«Weshalb wollte er dann, dass du seine Schwester heiratest? Und warum sollte er dir und noch dazu Clais etwas antun wollen? Frau Beede hat doch immerhin einen sehr angesehenen Gatten gefunden. Evert Palm ist Kaufmann und Ratsherr. Was will Beede mehr?»
«Den edlen Recken hoch zu Ross.» Tilmanns Stimme troff vor Spott.
Adelina und Mira
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