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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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war nur eine Unpässlichkeit. Ich habe zu wenig geschlafen, nicht gefrühstückt, und auf nüchternen Magen vertrage ich keine fetten Speisen. Und danach wollte ich meine Ruhe haben und bin hierher gekommen.«
    »Ach, dann weißt du vermutlich auch noch nichts davon?« Etwas in seiner Stimme und in seinem Blick ließ sie aufhorchen.
    »Wovon?«, fragte sie und spürte, wie ihr Herz schneller zu schlagen begann.
    »Von Signorina Giovanna de Pazzi«, antwortete er tonlos.
    »Nein. Was ist mit ihr?«
    »Sie ist tot.«
    Anne griff sich an die Kehle. Sie hatte das Gefühl, jemand hielte sie dort gepackt und versuchte sie zu erwürgen. Giovanna war tot! Während sie Stunde um Stunde hier auf sie gewartet hatte, war sie …
    »Wie …« Sie schluckte und fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. »Wie ist sie …«
    Giuliano zuckte mit den Schultern. »In ihrem Bett. Eine der Mägde hat sie gefunden, kurz nach dem Mittagsmahl. Der Tod scheint im Schlaf zu ihr gekommen zu sein. Giacomo sagte, es sei nicht überraschend gekommen. Ihre Gesundheit war sehr zart …« Er machte eine ausladende Geste. Dann stützte er den Kopf in die Hände und fuhr sich ratlos durch das Haar. »Clarice und Lorenzo sind untröstlich. Dass es ausgerechnet in unserem Haus geschehen musste, ist einfach …«
    Anne legte Giuliano einen Arm um die Schulter.
    »Aber euch trifft doch keine Schuld. Die Familie Medici kann nichts dafür.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, erwiderte er ernst. »Ich habe bislang mit niemandem darüber gesprochen. Cosimo wurde gesehen, wie er nach dem Mittagessen aus Giovannas Zimmer kam. Eine der Mägde hat es mir erzählt. Giovanna de Pazzi hatte ein schwaches Herz. Vielleicht war die Begegnung mit Cosimo zu viel für sie. Vielleicht hat er sogar ihre angeschlagene Gesundheit ausgenutzt.«
    »Du meinst, er hat sie …«
    »Wie kann ich das ausschließen?« Giuliano sprang auf. »Wie kann ich an seine Unschuld glauben? Du selbst kennst ihn. Und er wurde gesehen. Wir …« Er brach ab, ließ sich wieder auf die Bank sinken und stützte den Kopf in die Hände.
    Weil Anne nicht wusste, was sie sagen sollte, umarmte sie ihn. Giuliano klammerte sich an sie wie ein Ertrinkender. Er schluchzte, als hätte er seine eigene Schwester verloren. Und dennoch glaubte Anne, dass er nicht um Giovanna trauerte, sondern dass ihn der Verdacht gegen Cosimo so traurig stimmte. Cosimo, das schwarze Schaf der Familie, der unmögliche Vetter – den Giuliano trotz all seiner Fehler abgöttisch liebte. Sie selbst war auch hin und her gerissen. Einerseits wollte sie daran glauben, dass Giovanna lediglich einer schon lange an ihr zehrenden Krankheit erlegen war, andererseits war sie genau an dem Tag gestorben, an dem sie Anne wertvolle Informationen zu liefern beabsichtigte. Informationen über einen Mann, der Giovanna verfolgte, sie »vergiftete«. Sie hatte ihr das Tagebuch dieses Mannes zeigen wollen. War das Zufall? Nein, so raffiniert war das Schicksal nicht, es sei denn, jemand half nach. Jemand, der machtbesessen war, der etwas zu verbergen hatte, der nicht wollte, dass Giovanna ihr Wissen an Anne weitergab. Cosimo. Er war bei ihrem Zimmer gesehen worden. Er soll Giovanna seit Jahren in seiner Hand gehabt haben. Er hatte ein Interesse daran, die Frau zum Schweigen und das Tagebuch wieder an sich zu bringen. Auch wenn ihr der Gedanke nicht gefiel, es gab keinen anderen Verdächtigen.

V
    Die Ehre der Pazzi
    Anne saß auf einem hohen, unbequemen Stuhl vor dem Fenster ihres Gemachs und sah gedankenverloren hinaus. Es war still in Florenz. So still, dass man meinen konnte, die Stadt wäre ausgestorben. Schon die Adventszeit hatte Anne als ungewöhnlich ruhig empfunden. Für sie war es das erste Mal, dass sie diese Tage ohne Kitsch, Weihnachtsmann, Weihnachtslieder, Weihnachtsfeiern und der Jagd nach Geschenken verbracht hatte. Der Advent hier im Florenz des 15. Jahrhunderts war eine Zeit des Fastens und Betens, fernab von jeder Art des Konsums und der Hektik. Dennoch hatte man in der Adventszeit Menschen auf den Straßen getroffen. Menschen, die zur Beichte gingen oder die heilige Messe besuchten oder bereits mit den Vorbereitungen für den weihnachtlichen Festschmaus beschäftigt waren. Und aus den Küchen und Backstuben hatten die Düfte von frischem Mandelgebäck und Panforte die Nase gekitzelt und ließen den Fastenden das Wasser im Mund zusammenlaufen.
    Doch jetzt war Februar. Verblasst war die Erinnerung an den Schein der

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