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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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seltsam verschlüsselte Schrift. Mir war das Ganze unheimlich, doch Cosimo war …« Er schüttelte den Kopf. »Er war schon immer neugierig gewesen. Wenn es irgendwo ein Geheimnis gab, so musste er es ergründen, um jeden Preis. Und so war es auch diesmal. Sosehr ich ihn auch vor dieser Schrift warnte, er wollte nicht auf mich hören. Er hat sich in seinem Zimmer eingeschlossen, Tag und Nacht darüber gebrütet, bis es ihm schließlich gelungen war, die Schrift zu entziffern. Ich kann mich noch genau erinnern, als er mitten in der Nacht zu mir kam. Bleich war er, erschöpft sah er aus, und in seinen Augen war ein seltsamer fiebriger Glanz. Er erzählte mir, dass die Schrift ein Rezept für einen Trunk darstellte, einen Trunk, der es ermöglichen sollte, die Vergangenheit zu bereisen. Er …«
    »Das Elixier der Ewigkeit?«, platzte Anne heraus und ärgerte sich schon im nächsten Augenblick über sich selbst. Das war mehr als unprofessionell. Das war stümperhaft und dämlich.
    Giacomo sah sie mit einem merkwürdigen Ausdruck an.
    »Ihr wisst davon, Signorina Anne?«
    »Ja. Ich habe vor einiger Zeit mit Cosimo gesprochen. Dabei hat er das Elixier erwähnt.«
    »Tatsächlich? Ihr genießt sehr viel Vertrauen bei den Menschen, Signorina Anne, überraschend viel Vertrauen. Cosimo ist sonst überaus vorsichtig und erwähnt das Elixier nie. Selbst mir gegenüber hat er nie wieder ein Wort darüber verloren, und ich bezweifle, dass jemand aus seiner Familie davon weiß.« Giacomo lächelte. Es war ein seltsames Lächeln. »Doch das spielt jetzt keine Rolle. Wo war ich stehen geblieben?« Er legte seine Stirn in Falten, und für einen kurzen Moment erinnerte er Anne an einen Schauspieler, der aufgrund eines falschen Stichworts seinen Text vergessen hatte. »Cosimo versuchte mich davon zu überzeugen, ihm dabei zu helfen, das Elixier zu brauen. Freilich lehnte ich ab. Mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln versuchte ich ihn davon abzubringen. Diese Schrift war mir nicht geheuer. Es war Zauberei im Spiel, dunkelste Magie, Teufelswerk, und ich ahnte schon damals, welche Auswirkungen das Elixier auf seine Seele haben könnte. Leider hatte ich keinen Erfolg. Lange Zeit machte ich mir deswegen Vorwürfe. Und bis zum heutigen Tag frage ich mich, ob ich damals wirklich alle Möglichkeiten ausgeschöpft habe.«
    »Was hättet Ihr denn tun können, außer ihn zu warnen?«
    »Hätte ich mit seinen Verwandten gesprochen, ich bin sicher, man hätte ihn in Verwahrung genommen«, erwiderte Giacomo. Anne erschauerte, als ihr die Bedeutung dieser Worte klar wurde. Ob er es wohl wirklich jemals ernsthaft in Erwägung gezogen hatte, Cosimo ins Irrenhaus zu bringen? »Doch ich habe es nicht getan. Ich scheute mich davor. Schließlich waren wir Freunde, und der Gedanke, dass er für den Rest seines Lebens in den finsteren Gewölben einer Anstalt, angekettet wie ein Tier dahinvegetieren sollte, schmerzte mich.« Er schüttelte wieder den Kopf. »Heute weiß ich, dass er bereits zu jenem Zeitpunkt verloren war. Er bedrängte mich mehrere Tage und Nächte hindurch, gemeinsam mit ihm das Elixier zu brauen. Schließlich gab er es auf, schimpfte mich einen Feigling und lief davon. Was dann geschah, kann ich nur vermuten. Ich weiß nicht, wer so gottlos gewesen sein mag, ihm die notwendigen Zutaten zu besorgen und dabei zu helfen, das Elixier zu brauen. Allein hat er es gewiss nicht geschafft.«
    »Und woher wisst Ihr, dass er das Elixier tatsächlich hergestellt hat?«
    »Er hat es mir später angeboten. Mehrfach sogar. Und um der Wahrheit die Ehre zu geben, auch ich bin schwach geworden, ein- oder zweimal. Man ist so töricht, wenn man jung ist. Allerdings erkannte ich schnell die Gefahren, die das Elixier in sich birgt. Und natürlich versuchte ich auch Cosimo davon abzuhalten, diesen Trunk zu sich zu nehmen – ohne Erfolg. In den kommenden Wochen und Monaten musste ich hilflos zusehen, wie er sich veränderte. Er wurde gemein, verschlagen und frech, beleidigte alles und jeden. Die Diener bekamen Angst vor ihm, Freunde zogen sich zurück, seine Familie distanzierte sich von ihm. Besonders schlimm jedoch trieb er es mit den jungen Frauen der Stadt, ganz gleich, ob es nun Mädchen aus gutem Hause, Mägde oder Bauerntöchter waren. Nicht einmal vor armseligen Bettlerinnen machte er Halt. Es war, als würde ein Feuer in ihm brennen und allmählich seine Seele verschlingen, ein Feuer, das durch nichts gelöscht werden konnte. Er war

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