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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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sie und versuchte sich zu sammeln. Cosimo war also in Wahrheit Giulianos Mörder. Ausgerechnet Cosimo. Doch wie sollte sie Giuliano retten, wie sollte sie die blutige Tat, die am 26. April ganz Florenz erschüttern würde, verhindern? »Ich bin so durcheinander, ich weiß gar nicht …«
    »Ist schon gut, mein Kind«, sagte Giacomo leise und tätschelte ihr väterlich die Hand. »Ich verstehe, dass Euch diese Nachrichten beunruhigen. Doch auch ich will diesem Schurken ein für alle Mal das Handwerk legen. Seid gewiss, dass ich Euch zur Seite stehe, wann immer Ihr mich braucht. Wenn Ihr meinen Rat wollt, so könnt Ihr mich jederzeit aufsuchen und mir alles erzählen, was Euch bedrückt. Gemeinsam werden wir die Pläne dieses Teufels vereiteln.«
    Anne nickte. Das war ein guter Vorschlag, ein sehr guter sogar. Lorenzo hätte ihr bestimmt nicht geglaubt, wenn sie ihm von dem Verdacht gegen Cosimo erzählt hätte. Cosimo war schließlich sein Vetter, und auch wenn Lorenzo ein kluger, umsichtiger Mann war und bestimmt nicht viel von Cosimo hielt, so war er doch etwas sentimental, wenn es um ein Mitglied der Familie ging. Und mit Giuliano konnte sie auf gar keinen Fall reden – oder hätte sie ihm etwa sagen sollen: »Wenn du nicht aufpasst, wird Cosimo dich am 26. April vor dem Altar von Santa Maria del Fiore umbringen.« Giacomo hingegen war ein wertvoller Verbündeter. Er kannte Florenz, er genoss das Vertrauen der vornehmen Bürger und der florentinischen Geistlichkeit, er hatte seine Ohren an den wichtigen Stellen, hatte Dienstboten, denen er vertrauen konnte, und er kannte Cosimo vermutlich besser als jeder andere.
    »Ja«, sagte sie energisch und erhob sich. »Sobald ich etwas Neues erfahre, werde ich es Euch mitteilen. Doch jetzt bitte ich Euch, mich zu entschuldigen. Ich habe Eure Zeit schon viel zu lange in Anspruch genommen. Der Abend rückt bald näher, und ich werde erwartet.«
    »Ihr habt Recht. Verzeiht mir meine Unhöflichkeit, doch wenn ich daran denke, was mit meiner Schwester geschehen ist, so vergesse ich alles, selbst Sitte und Anstand. Ich werde Euch sogleich die Kutsche rufen lassen, die Euch sicher nach Hause bringt.«
    Giacomo begleitete sie in die Halle. Falls möglich, war sie noch düsterer und kälter als zuvor. Während ihr ein Diener den Umhang um die Schultern legte, wandte Anne noch einmal den Blick nach oben zu dem Zyklopen und den anderen düsteren Motiven der Wandbehänge: Skylla und Charybdis beim Verschlingen von Menschen und Booten, das brennende Troja, der einstürzende Turm zu Babel. Und immer standen im Vordergrund Männer und Frauen mit vor maßlosem Entsetzen weit aufgerissenen Augen und Mündern. Doch was war das? Oben am Treppenabsatz stand reglos eine schmale Gestalt, kaum mehr als ein Schatten, die zu ihnen in die Halle hinunterblickte.
    Donna Lucia!, schoss es Anne durch den Kopf. Ist sie doch nicht so krank, wie Giacomo gesagt hat? Aber noch bevor sie etwas äußern oder reagieren konnte, war die Gestalt wieder verschwunden.
    »Was ist mit Euch?«, erkundigte sich Giacomo freundlich, der offensichtlich ihrem Blick gefolgt war.
    Anne starrte immer noch zu dem Treppenabsatz empor, doch da war jetzt nichts mehr. Die Gestalt war so schemenhaft gewesen, dass sie jetzt nicht einmal mehr sicher war, ob sie sie überhaupt gesehen hatte. Und wenn doch, so konnte es natürlich ebenso gut eine Magd gewesen sein.
    »Nichts«, erwiderte Anne und zwang sich zu einem unbefangenen Ton. »Ich bewundere nur die Wandbehänge Eurer Schwester. Es sind wahre Meisterwerke.«
    »Die Kutsche, Signorina, steht für Euch bereit«, sagte der Hausdiener im Nähertreten und verbeugte sich leicht. Er sah wirklich aus wie ein Geist. Aber wenn der gesamte Haushalt die meisten Tage des Jahres in Dunkelheit bei Kerzenschein zubringen musste, war die auffallende Blässe aller Diener auch kein Wunder.
    »Ich danke Euch für Eure Freundlichkeit. Ich hoffe, sie eines Tages erwidern und Euch im Hause von Giuliano de Medici willkommen heißen zu können. Richtet Donna Lucia, Eurer Mutter, meinen herzlichen Gruß und die besten Wünsche zu ihrer Genesung aus.«
    Sie hielt Giacomo ihre Hand hin. Galant nahm er sie.
    »Grüßt Giuliano de Medici und seinen ehrenwerten Bruder Lorenzo von mir. Ich weiß, sie trifft keine Schuld an der Tragödie. Euer reizender Besuch war wie ein heilsamer Balsam.« Er beugte sich vor und küsste ihre Hand.
    Anne erschauerte. Seine Lippen waren kalt und feucht wie bei einer

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