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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Zeitpunkt in einem der gemütlichen, warmen, komfortablen Schlafwagenabteile der ersten Klasse liegen und sich vom gleichmäßigen Rattern und Poltern des Zugs sanft in den Schlaf schaukeln lassen. Doch die italienischen Bahnangestellten hatten beschlossen zu streiken. Und so waren sie und Thorsten, der Fotograf, anstatt auf dem Weg nach Florenz mitten in den Südtiroler Alpen gestrandet. Sie ging auf und ab und fror erbärmlich. Nicht einmal die Strickjacke half gegen den kalten Wind, der über den Bahnsteig hinwegpfiff. Sie hatte sich beim Packen ihres Koffers auf sommerliche Temperaturen eingestellt. Auf einen nächtlichen Zwischenstopp in den Bergen war sie nicht vorbereitet.
    Anne sah verärgert zu der Anzeigetafel hoch, auf der seit mindestens zehn Minuten in großen Leuchtbuchstaben »Firenze – Sciopero« stand, »Streik«, sonst nichts. Keine Andeutung, wie es weitergehen sollte, wann sie ihre Reise nach Florenz fortsetzen konnten. Nichts. Dabei hatte inzwischen wohl selbst der letzte Trottel begriffen, dass sie nicht in Vipiteno ausgestiegen waren, um eine Sightseeingtour durch den Ort zu machen.
    Thorsten schien das alles überhaupt nicht zu stören. Seelenruhig zog er den Reißverschluss seiner Jacke zu. Er machte sogar den Eindruck, als würde ihn die Situation amüsieren. Mit der Gelassenheit eines buddhistischen Mönchs zündete er sich eine Zigarette an. Anne hätte platzen können. Zumindest war er so höflich, ihr auch eine anzubieten.
    »Hoffentlich dauert das nicht so lange«, sagte sie und trat von einem Fuß auf den anderen, um die Kälte wenigstens ein bisschen zu vertreiben. »Ich habe wahrlich keine Lust, hier die ganze Nacht festzusitzen.«
    »Ach, mach dir mal keine Sorgen«, entgegnete Thorsten und warf seine zu langen, etwas speckigen Haare zurück. »Immerhin sind wir hier mitten in Europa, da kann nichts schief gehen. In den Anden saßen wir mal eine ganze Woche fest. Unser Bus hatte eine Panne, und da oben kommen nur alle paar Tage mal ein paar Leute vorbei. Wir hatten kaum noch Verpflegung. Das war schon etwas ungemütlich, mit knurrendem Magen bei minus fünf Grad in der Nacht in einem Schlafsack zu liegen und am Tag den Geiern zuzuschauen, wie sie über deinem Kopf kreisen. Aber was soll uns hier passieren? Kameras und Filme sind frost- und regensicher eingepackt. Sieh es doch mal von der heiteren Seite. Jetzt kannst du zu Hause wenigstens was erzählen. Und abgesehen davon, mehr als vierundzwanzig Stunden wird das hier bestimmt nicht dauern.«
    »Vierundzwanzig Stunden?!« Anne biss die Zähne fest zusammen, damit sie nicht explodierte. Sie dachte an ihren engen Zeitplan. Sie hatten bereits feste Termine für Gespräche mit mehreren Prominenten vereinbart und eine Einladung zu einem traditionellen florentinischen Mittagessen am Samstag. Außerdem wollten sie noch den mittelalterlichen Markt besuchen, um dort ein paar Stimmungsbilder einzufangen. Am Sonntag fand dann das Calcio in Costume statt, und für den Abend waren bereits ihre Rückfahrkarten gebucht. Selbst wenn sie planmäßig morgen früh um sieben Uhr in Florenz angekommen wären, wäre ihr nicht viel Zeit geblieben, um sich den Schatten der Vergangenheit zu stellen, wie Angie es ihr empfohlen hatte. Und mit jeder Stunde, die sie hier sinnlos auf dem Bahnhof von Vipiteno vertrödelten, wurde es weniger. Vermutlich hatte sie nicht mal mehr die Gelegenheit, um einmal über den Ponte Vecchio zu schlendern und in Giancarlos kleiner Trattoria in der Nähe von Santa Maria del Fiore zu essen. Und Thorsten fand das Ganze auch noch lustig. »So lange können und werden wir nicht warten. Ich will spätestens morgen Mittag in Florenz sein. Zur Not nehmen wir uns ein Taxi.«
    Thorsten zuckte mit den Schultern. »Ich verstehe nicht, weshalb du dich immer gleich so aufregen musst. Wichtig ist doch nur, dass wir am Sonntag in Florenz sind. Und das sollten wir schaffen, selbst wenn wir zu Fuß gehen müssten.«
    »Wir haben aber Termine«, erwiderte Anne. Sie konnte Thorstens Gelassenheit keineswegs teilen. Er war ein begnadeter Fotograf, der in seinem zwanzigjährigen Berufsleben bereits überall auf der Welt gewesen war und selbst unter widrigsten Umständen gearbeitet hatte. Er war einer von diesen Männern, die stundenlang regungslos auf einer Eisscholle im nördlichen Polarmeer ausharren konnten, um endlich einen Eisbären vor die Linse zu bekommen, der sich mit einem Schwertwal um eine erlegte Kegelrobbe stritt. Das war

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