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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Blick nach draußen schweifen. Der Bahnsteig war leer und verlassen. Nur ein Pärchen, offensichtlich junge Leute, standen eng aneinander gedrängt mit ihren Koffern in der Kälte. Anne erhob sich.
    »Die beiden da warten bestimmt auf den Zug. Jemand sollte hinausgehen und sie darüber aufklären, dass ›Sciopero‹ kein Vorort von Florenz ist.«
    Der vom Bahnbeamten versprochene Zug traf wegen des sich mittlerweile in ganz Norditalien ausgeweiteten Streiks mit einiger Verspätung erst um zwei Uhr in der Nacht in Vipiteno ein, und die anschließende Fahrt entpuppte sich als eine wahre Tortur. Bis Mailand hatten sie keinen Sitzplatz, und danach musste der Zug noch weitere Umwege fahren, sodass sie schließlich erst um halb drei am Freitagnachmittag in Florenz eintrafen. Doch selbst Anne, die vor Ungeduld schon Magenschmerzen hatte, musste zugeben, dass alles noch viel schlimmer hätte kommen können. Und nachdem sie im Hotel eine Stunde geschlafen, ausgiebig geduscht und sich ihr gelbes Chanel-Kostüm angezogen hatte, waren die Strapazen der letzten Stunden nahezu vergessen. Im Büro von Ferragamo hatte man sehr viel Verständnis gezeigt – der Streik der Gleisarbeiter war das alles beherrschende Thema in den Medien – und den vereinbarten Termin freundlicherweise auf siebzehn Uhr verschoben. Und jetzt, nach einem wirklich interessanten und amüsanten Gespräch mit dem berühmten Modeschöpfer, betrat sie mit Thorsten doch noch Giancarlos kleine Trattoria.
    Es war kurz nach sieben Uhr. Erwartungsgemäß waren die meisten Tische bereits besetzt.
    »Ich dachte, du wolltest in einer Trattoria essen«, flüsterte Thorsten ihr zu und sah sich unbehaglich um, »aber dies hier ist ein piekfeines Restaurant. Pass auf, die werden mich bestimmt gleich wieder hinauswerfen, weil ich keinen Schlips und keinen Anzug trage. Außerdem hätten wir wohl besser reservieren sollen.«
    »Lass das nur meine Sorge sein«, erklärte Anne, die sich im Gegensatz zu Thorsten in dem puristischen, edlen Ambiente auf Anhieb wohl fühlte. Die Tische waren aus dunklem Holz gefertigt, mit Sets aus naturweißem Leinen gedeckt und lediglich mit einzelnen weißen Orchideenblüten dekoriert, die in bauchigen silberfarbenen Vasen steckten.
    Ein junger Kellner trat auf sie zu, begrüßte sie und begleitete sie dann zu einem Tisch im hinteren Teil des Restaurants. Während Thorsten mit gerunzelter Stirn die Karte studierte, schloss Anne die Augen und atmete tief ein. Obwohl sich die Einrichtung der Trattoria geändert hatte, roch es hier noch genauso wie vor vier Jahren – nach gebratenem Fleisch, frischen Tomaten, Steinpilzen, Trüffeln, Holz und Orchideen, Giancarlos Lieblingsblumen.
    »Willst du auch mal einen Blick hineinwerfen?«, fragte Thorsten und reichte ihr die Karte. »Da steht so gut wie gar nichts drin. Und die Preise sind geradezu astronomisch. Ich habe nicht viel Geld bei mir. Du hast gesagt, das ist eine Trattoria, und …«
    »Hör endlich auf zu maulen«, unterbrach ihn Anne mit einem Lächeln. Natürlich hatte sie Thorsten nicht erzählt, dass Giancarlos Trattoria – so bescheiden dieses Wort auch sein mochte – eines der besten Restaurants in Florenz war, ein wahrer Geheimtipp. Die Nummer stand in keinem Telefonbuch, nicht einmal die Auskunft kannte die Adresse. Die Gäste bildeten eine eingeschworene Gemeinschaft von Gourmets. Thorsten hingegen gehörte zu jenen Menschen, die sich nahezu ausschließlich von Fertiggerichten und Currywurst ernährten und Gyros mit Salat beim Griechen um die Ecke bereits für ein kulinarisches Highlight hielten. Hätte sie ihm die Wahrheit gesagt, er hätte sich mit Händen und Füßen dagegen gesträubt, mit ihr hierher zu gehen, und allein hätte sie sich nicht getraut. Seit sie das letzte Mal hier gewesen war, waren mehr als vier Jahre vergangen. Sie wusste nicht, ob Giancarlo sich noch an sie erinnerte, sie wusste ja nicht einmal, ob die Trattoria ihm überhaupt noch gehörte. Vielleicht hatte er in der Zwischenzeit ein anderes Restaurant eröffnet. Oder er widmete sich der Zucht von seltenen Schmetterlingen. Bei Giancarlo konnte man nie wissen. In diesem Augenblick erklang eine vertraute Stimme hinter ihr.
    »Ja ist denn das zu fassen? Ist es eine Täuschung, oder hat der Himmel wirklich ein Einsehen gehabt und meine liebe Freundin Anne aus Hamburg endlich wieder nach Florenz geschickt?«
    Anne erhob sich, um Giancarlo zu begrüßen, der mit ausgebreiteten Armen auf sie zukam. Er strahlte über

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