Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
Vom Netzwerk:
losreißen. Dieses hagere, blasse und doch so ausdrucksstarke Gesicht mit den dunklen Augen war faszinierend und verstörend zugleich. Seine Augen waren so erfahren, so weise und gleichzeitig so kalt, als wäre er mindestens zweihundert Jahre alt. Er hatte etwas Diabolisches an sich. Vor ein paar hundert Jahren hätte man ihn bestimmt auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
    »Gern geschehen«, erwiderte er, und sie glaubte leichten Spott aus seiner Stimme herauszuhören. »Ich hoffe, dass Ihnen mein kleines Fest gefällt.«
    »Ja, danke. Es ist vermutlich das ungewöhnlichste Kostümfest, an dem ich jemals teilgenommen habe.«
    »Vielleicht«, entgegnete Mecidea. »Doch wir sollten erst darüber reden, wenn dieser Abend vorbei ist. Noch haben Sie nicht alles gesehen. Und noch haben Sie nicht alles gekostet.«
    Er lächelte, doch Anne liefen kalte Schauer über den Rücken. Was meinte er wohl damit? Verteilte er etwa im Laufe des Abends Drogen an seine Gäste?
    Ich muss Giancarlo fragen, dachte sie, doch als sie sich nach ihrem Freund umsah, war er verschwunden. Am anderen Ende des Saales in einer Ecke entdeckte sie zwei Harlekine. Einer von ihnen konnte Giancarlo sein, aber …
    »Es scheint, als wäre Ihr Freund gerade beschäftigt«, sagte Cosimo Mecidea. »Ich fürchte, Sie werden mit meiner Gesellschaft vorlieb nehmen müssen, auch wenn es Ihnen unangenehm ist.«
    »Sie irren«, entgegnete Anne, warf den Kopf zurück, sah ihm in die Augen und zwang sich erneut zu einem Lächeln.
    »Es ist mir ein Vergnügen.«
    »Tatsächlich?«
    Wenn er gleich sagt, er könne meine Angst und mein Unbehagen riechen, laufe ich einfach davon, nahm sie sich vor. Trotzdem hielt sie tapfer dem Blick seiner dunklen Augen stand.
    »Sie haben eine sehr interessante Kulisse für Ihren Maskenball gewählt«, sagte sie, in der Hoffnung, dass einfache Konversation sie von ihrer Angst ablenken und Mecidea zugänglicher – oder menschlicher – machen würde. »Der Palazzo Davanzati gehört nicht unbedingt zu den Räumlichkeiten hier in der Stadt, die man spontan mit einer privaten Veranstaltung in Verbindung bringt. In der Tat wusste ich nicht, dass man das Museum mieten kann und darf.«
    »Oh, das ist auch nicht gestattet«, erklärte Mecidea. »Zumindest nicht offiziell. Allerdings verfüge ich über sehr enge Kontakte zur Museumsleitung. Und mit gewissen Zuwendungen lässt sich vieles regeln.«
    »Zuwendungen?« Das war eines der Stichworte, bei denen wohl jeder Journalist hellhörig wird. Zuwendung. Das roch nach Bestechung, nach Skandal, nach einer Story. Ganz besonders hier in Italien. Hier dachte man bei den Worten Zuwendung und Bestechung natürlich zuerst an eines – die Mafia. »Wie meinen Sie das?«
    Sie versuchte harmlos und unschuldig auszusehen. Normalerweise gelang ihr das auch. Doch Mecidea lächelte, als hätte er sie durchschaut.
    »Nicht so, wie Sie denken, Signora Niemeyer«, erwiderte er. »Die meisten Möbelstücke hier im Museum stammen aus meinem Privatbesitz, wie übrigens auch der Palazzo selbst. Ich habe sie vor einiger Zeit der Stadt gestiftet und die Finanzierung des Museums über Jahre hinaus gesichert. Dafür genieße ich hin und wieder einige Privilegien. Und wie ich finde durchaus zu Recht.«
    Anne wäre am liebsten im Boden versunken. Sie dachte daran, was Giancarlo ihr über Cosimo Mecidea erzählt hatte – über seinen Reichtum, seine Leidenschaft für Kunst und Kultur. Es gab also keinen Grund, ihm nicht zu glauben. In diesem Fettnapf steckte sie nun bis zum Hals.
    »Sie scheinen sich sehr gut in der Stadt auszukennen«, sagte Cosimo Mecidea. »Und Ihr Italienisch ist wirklich hervorragend. Sie verfügen über einen für Ausländer erstaunlichen Wortschatz und sprechen nahezu akzentfrei. Obwohl Sie, wie Giancarlo mir erzählte, Hamburgerin sind, könnte man meinen, Sie wären in Italien geboren worden.«
    »Danke«, erwiderte sie nicht nur aus purer Höflichkeit. Sie war ihm wirklich dankbar. Offensichtlich wollte er aus der Sache keine große Szene machen, und das war mehr als großzügig von ihm. So wie sie sich benommen hatte, hätte er sie genauso gut jetzt gleich vor die Tür setzen können. »Ich habe ein paar Jahre in Florenz gelebt. Und bislang habe ich den Eindruck, dass sich hier nicht viel verändert hat.«
    »Sie haben Recht. Die Stadt hat sich kaum verändert, selbst in all den Jahren nicht«, sagte er, doch Anne hatte den Eindruck, dass er eher mit sich selbst sprach als mit ihr. »Es ist

Weitere Kostenlose Bücher