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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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mochte, die Großeltern der Großeltern bei ihrer Hochzeit zu sehen oder der eigenen Geburt beizuwohnen, derartige Erlebnisse konnten selbst dem besten Mann den Geist verwirren. Wer sich immer wieder selbst begegnete – ob nun aus Unachtsamkeit oder gar aus freiem Willen –, wurde mit der Zeit wahnsinnig. So wie sein Freund Giacomo. Und obwohl Cosimo nichts lieber getan hätte, als in der Zeit zurückzureisen bis zu jenem Abend nach ihrem gemeinsamen Besuch auf dem Markt, um sich selbst den Rat zu geben, am anderen Morgen einfach zu Hause zu bleiben, so wagte er es dennoch nicht. Bereits vor Jahren, als sich an Giacomo die ersten Veränderungen seines Geisteszustandes zeigten, hatte er sich geschworen, sich selbst keine Anweisungen zu erteilen. Nie und unter gar keinen Umständen. Das Rad des Schicksals ließ sich nicht ungestraft aufhalten oder gar in eine andere Richtung drehen. Giacomo war wahnsinnig geworden, besessen von der Macht, die Geschicke der Menschen nach seinen eigenen Wünschen zu lenken. Und er selbst war dazu verdammt, dies alles zu begreifen und tatenlos dabei zusehen zu müssen. Wenn er wenigstens einen Menschen gehabt hätte, mit dem er alles hätte besprechen können. Aber er war allein. Das war sein Fluch, seine Strafe. Er musste sie erdulden. Weil er es gewesen war, der Giacomo damals überredet hatte. Weil er so beharrlich die Entzifferung der Handschrift vorangetrieben hatte. Weil es niemals so weit gekommen wäre, wenn er nicht vor dreizehn Jahren Giacomo am Kragen aus der Kirche der Pazzi geschleift hätte.
    Das Rad des Schicksals lässt sich nicht aufhalten, dachte er wieder. Mittlerweile war er völlig durchnässt. Der feine Regen fand seinen Weg bis unter die Kleidung. Aber er nahm kaum Notiz davon. Ihm war ohnehin so kalt, als wäre ihm in der Dunkelheit ein Geist begegnet, der selbst den letzten Rest menschlicher Wärme aus ihm herausgesogen hatte. Aber vielleicht … Sie sagte, in fünfhundert Jahren. Mein Gott, soll das etwa bedeuten …
    Der Gedanke traf Cosimo so plötzlich, dass er wie angewurzelt stehen blieb. Ein Nachtwächter, der eben auf seiner ersten Runde die neunte Stunde ausrief, blieb ebenfalls stehen und warf ihm einen erstaunten Blick zu. Anscheinend dachte er darüber nach, ob es einen Grund zum Eingreifen gab, einen Grund, nach den Stadtwachen zu rufen oder Hilfe zu holen. Cosimo schluckte. Die Aufmerksamkeit eines Nachtwächters zu erregen hatte ihm gerade noch gefehlt.
    Er zwang sich, weiterzugehen, seinen Weg fortzusetzen, obwohl seine Beine so schwer und steif waren, als würden anstelle seiner Knochen dicke Stäbe aus unbiegsamem tonnenschwerem Blei in seinem Fleisch stecken. Seine Gedanken überschlugen sich. Anne stammte aus einer fernen Zukunft. Sie hatte gesagt, erst in fünfhundert Jahren würden sie sich begegnen, hier in Florenz. In fünfhundert Jahren … Sollte das etwa bedeuten, dass das Elixier der Ewigkeit nicht nur in der Lage war, seine Benutzer in die Vergangenheit zu schicken, sondern dass es auch ihr Leben verlängerte, sie gar unsterblich machte? Hatte ihm Merlin – oder wer auch immer der Verfasser der Handschrift gewesen sein mochte – deshalb den Namen »Elixier der Ewigkeit« verliehen? War dies auch der Grund, weshalb ihm jeden Morgen aus dem Spiegel das Gesicht eines nicht einmal zwanzigjährigen Jünglings entgegensah, obwohl er mittlerweile die dreißig überschritten hatte? Das klang grotesk, es klang nach dem Hirngespinst eines Narren. Und doch erschien es ihm glaubhaft. Denn war nicht auch der Gedanke, in die Vergangenheit zu reisen, im Grunde genommen überaus sonderbar? Und doch hatte er bereits viele solcher Reisen unternommen. Cosimo seufzte. Er musste sich wohl damit abfinden, dass er in fünfhundert Jahren noch leben würde. Es war beinahe zum Lachen. Wie viele Menschen auf der Welt wären bereit, ganze Königreiche dafür zu opfern, unsterblich zu sein. Und doch hatte diese einzigartige Gabe ausgerechnet jenen getroffen, dem an einem ewigen Leben gar nichts lag. Im Gegenteil. Das Schicksal hatte zuweilen einen seltsamen Humor.
    Wenigstens verschafft mir das viel Zeit. Fünfhundert Jahre sollten wahrlich ausreichen, um Nachforschungen anzustellen und alles, wirklich alles über das Elixier der Ewigkeit herauszufinden, dachte er und schluckte mühsam die bittere Galle hinunter, die aus den Tiefen seiner Eingeweide aufgestiegen war. Und wer weiß, vielleicht finde ich im Laufe der Zeit sogar ein Gegenmittel, das die

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