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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Stapel Decken. Zwei kleine Truhen, in denen sich Wäsche und frische Kleidung zum Wechseln befand, waren auch schon fertig. Das Fest zu Ehren der Enthüllung der Geburt der Venus fand auf dem Landsitz der Familie statt, etwa zwei Stunden Fahrt von Florenz entfernt. Und um nicht in den frühen Morgenstunden wieder nach Hause fahren zu müssen, war geplant, dass sie – wie auch ein Großteil der anderen Gäste – zwei Tage auf dem Castello verbringen würden.
    Matilda legte Anne den Reiseumhang um die Schultern, während Giuliano Enrico die üblichen Anweisungen für die Dauer seiner Abwesenheit gab – niemanden ins Haus zu lassen, Briefe in seinem Arbeitszimmer zu deponieren, Boten mit dringenden Nachrichten zum Landgut zu schicken, die Feuer in ihren Schlafgemächern auch weiterhin gut in Gang zu halten und Ähnliches.
    Der Kutscher half Anne die wackligen Stufen hinauf, und sie setzte sich auf die weich gepolsterte Bank. Da sie über Land fahren würden, wählten sie die »große« Kutsche – eine breite, sehr bequeme Reisekutsche, die Anne schon von anderen Fahrten in die Umgebung von Florenz kannte. Sie nahm dem Kutscher eine der Decken ab und breitete sie sich über die Knie. Zwei Stunden Fahrt durch einen eisig kalten Nachmittag in einer zugigen Kutsche konnten einem schon zu schaffen machen. Erst vor wenigen Tagen hatte sie es erlebt, dass sie mit blau gefrorenen Händen im Haus eines Freundes von Giuliano angekommen waren.
    Sie zog sich gerade den gefütterten Muff über die Hände, als Giuliano ebenfalls in die Kutsche stieg. Der Kutscher schloss die Tür hinter ihnen. Sie hörten noch das Rumpeln, als die Truhen verladen wurden und der Kutscher auf den Kutschbock kletterte. Dann schnalzte der Mann einmal mit der Zunge, und die Pferde zogen an. Ein Ruck ging durch den Wagen. Anne sah durch den schmalen Spalt zu ihrer Rechten. Noch war es hell – wenn man von Helligkeit an diesem trüben grauen Novembertag überhaupt sprechen konnte. Sie beobachtete, wie die benachbarten Häuser langsam an ihr vorbeiglitten, und stellte sich dabei die Räder der Kutsche vor – riesige Räder aus schwerem massivem Holz. Nur langsam kamen sie ins Rollen, nur schwerfällig begannen sie sich zu drehen. Doch wenn sie einmal in Fahrt waren, rollten sie immer weiter. Wer sich ihnen in den Weg stellte, wurde unter ihrem Gewicht zermalmt. Und wer ihnen in die Speichen griff, riskierte sein Leben.
    Wie das Rad des Schicksals, dachte sie und spürte, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief. Seit ihrem Gespräch mit Cosimo hatte sie immer wieder davon geträumt, von einem riesigen feurigen Rad, das langsam einen Hügel hinabrollte. Wenn sie versuchte es aufzuhalten, rollte es einfach über sie hinweg oder riss ihr ganze Gliedmaßen ab. Jedes Mal wachte sie schweißgebadet auf. Vielleicht war das der Grund für ihre Untätigkeit, für ihre Lähmung. Cosimo hatte sie davor gewarnt, den Lauf der Geschichte verändern zu wollen. Ob er wohl Recht damit hatte? Es war so ein seltsam archaisches Sinnbild – das Rad des Schicksals …
    »Ist dir warm genug?«, fragte Giuliano und warf ihr einen besorgten Blick zu.
    »Ja, danke.« Sie sah ihn an und zwang sich zu einem Lächeln. Sie liebte ihn – seine schönen braunen Augen, seine angenehme Stimme, sein weiches lockiges Haar, die Grübchen, die beim Lachen auf seinen Wangen erschienen, seine gepflegten zärtlichen Hände. Manchmal durchzuckte es sie wie ein glühender Speer, wenn sie daran dachte, dass dies alles am 26. April zerstört werden würde, dass er in noch nicht einmal einem Jahr bereits im Grab liegen würde, ermordet. Und manchmal tat es einfach nur weh, so weh, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen.
    »Wer ist eigentlich heute eingeladen?«, fragte sie, um Giuliano, vor allem aber sich selbst abzulenken.
    Giuliano zuckte mit den Schultern. »Soweit ich weiß, alle«, erwiderte er, und ein amüsiertes Lächeln spielte um seinen Mund. »Lorenzo ist stets peinlich darauf bedacht, die gesellschaftlichen Konventionen nicht zu verletzen. Und das heißt, dass heute nicht nur unsere ganze Familie anwesend sein wird, abgesehen von meiner Base Chiara, die ein Kind erwartet. Jeder, der in Florenz Rang und Namen hat, wird an diesem Fest teilnehmen – alle angesehenen Bankiers- und Kaufmannsfamilien, alle Künstler und Dichter, die in irgendeiner Weise von unserer Familie unterstützt werden, unser Arzt mit seiner Familie, unser Apotheker, sogar die Pazzi sind eingeladen.«
    »Die

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