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Verschwörungsmelange

Verschwörungsmelange

Titel: Verschwörungsmelange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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schnell gehen.«
    »Einen Spritzer weiß, bitte«, sagte Leopold. Tatsächlich
waren bereits die letzten Gäste dabei zu gehen. Mit steinerner Miene schenkte
Gretl Posch ihm sein Glas ein. Ihre bereits ziemlich grauen Haare zeigten den
Ansatz einer Dauerwelle, doch standen sie zerzaust in alle Richtungen. Leopold
nahm einen Schluck. Na ja, ein edler Tropfen war’s keiner, aber so übel nun
auch wieder nicht und gut zu trinken gegen den Durst. »Ihr sperrt schon zu?«,
fragte er.
    »Was heißt ›schon‹? Willst du mich beleidigen?« Gretl Posch
geriet leicht in Rage. »Es ist bald 11 Uhr, und normalerweise machen wir um 10
Schluss. Aber zuerst waren die Spieler da, dann die ganzen Funktionäre, und
schließlich deine Freunde.«
    Deine Freunde! Wie vorwurfsvoll das klang! »Die haben sich
ziemlich aufgeführt, nicht wahr?«, erkundigte sich Leopold.
    »Aufgeführt ist gar kein Ausdruck. Sternhagelvoll
sind sie gekommen und noch sternhagelvoller wieder gegangen. Dazwischen haben
sie mit den Funktionären von uns und von den Kickers angedreht, sogar mit dem
Brown. Zwei haben schließlich vom Ehrentraut ein Platzverbot bekommen. Jetzt muss
er sie bei der Generalversammlung nicht hereinlassen, wenn er nicht will. Und
von eurer ›geheimen Versammlung‹ wissen mittlerweile auch alle.«
    So ähnlich hatte sich Leopold das vorgestellt. »Eine richtige
Versammlung war es eigentlich nicht«, schwächte er ab. »Die Leute wollten sich
nur einmal treffen und ungestört miteinander reden.«
    »Was dabei herausgekommen ist, haben wir ja gesehen. Dabei
brauchst du nicht zu glauben, dass der Bertl und ich für die Fusion sind. Für
uns heißt das, dass wir in der nächsten Saison nur mehr exklusive Gäste
betreuen werden. Das Geschäft wird den Bach hinuntergehen, und irgendwann in
der nahen Zukunft wird es ganz aus sein. Aber was kann man dagegen ausrichten,
frage ich dich? Der Ehrentraut und sein Freund Brown haben die Zügel fest in
der Hand.« Gretl Posch schnaufte leicht, wie immer, wenn sie ungeduldig und
schlechter Laune war. Sie wartete darauf, dass Leopold austrank und sie endlich
gehen konnte. Inzwischen machte sie ihre letzten Handgriffe. Plötzlich stieß
sie einen unterdrückten Schrei aus.
    »Was gibt’s?«, fragte Leopold.
    »Das ist ja eine schöne Bescherung«, hörte er Gretl weiter
schnaufen. »Jetzt steht noch immer der Koffer vom Ehrentraut da. Das heißt,
dass er sich nach wie vor irgendwo auf dem Platz herumtreibt.«
    »Und?«, wollte Leopold wissen.
    »Bitte ärgere mich nicht, mir reicht’s langsam.
Nach dem Wirbel vorhin hat der Ehrentraut gesagt, er muss etwas erledigen, ob
er seinen Aktenkoffer kurz bei mir hinter der Theke stehen lassen kann, er
kommt gleich wieder. Und jetzt ist er immer noch nicht da. Dabei ist außer mir
und dir kein Mensch mehr auf dem Platz. Das heißt, ich kann nicht einfach nach
Hause gehen, sondern muss auf Ehrentraut warten. Wo kann er bloß stecken?«
    »Kann er sich den Koffer nicht morgen holen?«
    »Weiß ich, was drinnen ist? Vielleicht sind es wichtige
Unterlagen, die er morgen in seiner Firma braucht. Außerdem muss ich die
Eingangstür zum Platz zusperren.« Gretl Posch schnaufte immer heftiger.
    »Ich würde ja nach ihm schauen, während du hier fertig aufräumst,
wenn ich nur eine Ahnung hätte, wo er sein könnte«, schlug Leopold vor.
    »Drüben im Sekretariat und bei den Kabinen brennt kein Licht
mehr, das kannst du vergessen«, überlegte Gretl. »Am ehesten ist er auf der
Böschung gleich hinter dem Tor auf dieser Seite. Das war schon immer sein
Lieblingsplatz. Dort geht er hin, wenn er nachdenkt, oder wenn er ein Problem
hat. Aber um diese Zeit …« Seufzend blickte sie auf die Uhr.
    Leopold zauberte eine kleine Taschenlampe aus dem leichten,
beigefarbenen Blouson hervor, das er anhatte. Er winkte der nervösen Gretl
damit zu und leuchtete ihr kurz ins Auge. »Ich geh nachschauen«, meinte er
spitzbübisch.
    »Lass die Faxen und beeil dich«, schnaufte Gretl Posch.
    Draußen war es ein wenig kühler geworden. Die Böschung lag
gleich hinter der Kantine, und Leopold kannte sie von seinen früheren Besuchen
auf dem Eintracht-Sportplatz. Das war gut, denn die Taschenlampe nutzte auf der
freien, offenen Fläche zunächst nicht viel. Das Auge musste sich erst an die
Finsternis gewöhnen.
    Er hörte das sanfte Rauschen der Blätter der Pappelbäume, die
in einer Reihe oberhalb von ihm standen, sonst nichts. Ganz

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