Verschwörungsmelange
einmal bei euch im Verein gefeiert.
Wäre ja möglich.«
»Warte mal, ich denke, das war nach Weihnachten. Ende Jänner
oder Anfang Februar.«
Leopold drehte herum, aber alles, worauf Gretl Poschs Angaben
hindeuteten, war eine Fehlanzeige. Zu dumm! Er durfte sich nicht mehr viel
länger mit dem Zahlenschloss aufhalten, die Zeit rannte ihm davon. Im Geist sah
er James Bond vor sich, wie er, Sekundenbruchteile, bevor die Atombombe explodierte,
den Mechanismus entschärfte. So ein Geniestreich musste ihm jetzt auch
gelingen.
»Wie lange dauert das denn noch?«, hörte er die nervöse Gretl
hinter sich.
Viele Möglichkeiten blieben ihm nicht mehr. Einer Eingebung
folgend, ließ er die 19 vorne stehen und begann dann, fieberhaft zu drehen.
Wenn es sich um eine Jahreszahl handelte, war das der schnellste Weg zum
Erfolg.
Gretl Posch goss sich vor Aufregung erneut einen hinter die
Binde. Da machte es ›klack‹, und der Koffer war offen. Leopold lächelte verschmitzt.
1913, das Gründungsjahr der Eintracht Floridsdorf. Da hätte er gleich
draufkommen können. »Na bitte«, sagte er triumphierend.
Allerdings sah der Inhalt zunächst einmal nicht sehr
vielversprechend aus. Viele Papiere, die Ehrentraut wohl für das Treffen mit
Joe Brown und seinen Leuten benötigt hatte. Die eine oder andere Akte aus
seiner Firma. Nichts, was auf die Schnelle besehen verdächtig wirkte.
Leopold wühlte behutsam, aber er wühlte. Jetzt war er schon
beinahe am Boden des Aktenkoffers angelangt. Da fiel ihm ein größeres,
unverschlossenes Kuvert im Format A4 auf. Es enthielt etwas, das dicker war als
Papier. Es fühlte sich an wie Fotos, stark vergrößerte Fotos. Rasch zog Leopold
sie heraus.
Donnerwetter! Da hielt er aber etwas Heißes in der Hand:
Nacktfotos, die die Geschlechtsorgane und Hinterteile von halbwüchsigen
Burschen zeigten. Es sah so aus, als wären mit dem Computer Teile aus den
ursprünglichen Fotos ausgeschnitten und dann in dieser stattlichen Größe
kopiert worden. Aber wie kamen die Bilder in Ehrentrauts Koffer? Wo stammten
sie her? Hatten sie etwas mit seiner Ermordung zu tun?
Schon war Gretl Posch bei Leopold. »Na, was haben wir denn
da?«, schnaufte sie. »Ich hab schon immer gewusst, dass der Ehrentraut ein
Schweinderl ist, aber das schlägt dem Fass ja wohl den Boden aus. Hat er doch
glatt unsere Jungs abfotografiert, damit er zu Hause,eh schon wissen, was zum
Anschauen hat. Das ist ja … das ist ja die reinste Pornografie, ist ja das.«
»Glaubst du wirklich, dass Ehrentraut die Fotos selbst
gemacht hat?«, wollte Leopold wissen.
»Aber sicher doch! Da schau her. Man sieht es zwar nur klein
und verschwommen, aber das sind unsere Duschkabinen hier auf dem Platz.
Saukerl, gemeiner.«
»Du glaubst also, diese Fotos sind da entstanden?«
»Natürlich!« Gretl Posch war kaum mehr zu
beruhigen. »Ich glaube, ich weiß auch schon, wie er’s gemacht hat. Bei seinem
Geburtstag war’s, und der war doch erst im …«
»Jänner oder Februar«, zeigte sich Leopold auf dem Laufenden.
»Genau! Da ist er mit ein paar Bierflaschen nach hinten in
den Duschraum gegangen. Er hat den Burschen was zu trinken gegeben, dann hat er
sie fotografiert. Die haben geglaubt, es ist alles nur Spaß. Wenn die gewusst
hätten, dass er sich hinterher an ihnen aufgeilt! Eine Schweinerei, das Ganze.
Na, jedenfalls hat der Ehrentraut jetzt seine gerechte Strafe und mein Bertl
ist aus dem Schneider. Ich werde das gleich alles der Polizei erzählen.«
»Gar nichts wirst du«, murmelte Leopold, während er weiterhin
im Koffer kramte.
»Warum nicht?«
»Weil die Polizei nicht wissen darf, dass wir sozusagen eine
kleine Voruntersuchung gemacht haben.«
»Aber was soll ich denn tun?«
Die dumme Fragerei ging Leopold ordentlich auf die Nerven.
»Wie ich schon gesagt habe, gar nichts«, erklärte er Gretl jetzt laut und
deutlich wie einem kleinen Kind. »Du wartest, bis sie dich fragen. Dann
erzählst du ihnen wahrheitsgetreu, wie der heutige Abend abgelaufen ist. Keine
unnötigen Verweise auf Bertl. Vom Koffer weißt du nur, dass Ehrentraut ihn bei
dir deponiert hat. Alles andere ergibt sich von selber.«
»Ist das aber kompliziert«, stöhnte Gretl.
Leopold bereute bereits, diese Frau ins Vertrauen gezogen zu
haben. Während er versuchte, die Dinge im Koffer wieder in ihre ursprüngliche
Ordnung zu bringen, flatterte ihm aus irgendeiner Ecke ein Zettel entgegen, der
offenbar von einem
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