Verschwunden
hatte sie nie Ärger mit der Figur gehabt, ansonsten hätte sie wohl schon lange nicht mehr in ihre Klamotten reingepasst.
„ Dreiundsechzig achtundsiebzig“, sagte die kaugummikauende Kassiererin unfreundlich.
Oh Mann, so viel hatte sie ausgegeben für einen Korb voll Kalorien? Na toll, die lieben Nerven würden Lane noch arm machen.
***
Sie saß auf ihrem gemütlichen Sofa, die Füße angezogen und eine Packung Schokoeis auf dem Schoß. Im Fernseher lief ein Film, eine DVD, die sie auf andere Gedanken bringen sollte.
Den ganzen Weg nach Hause hatte sie sich verfolgt gefühlt. Wahrscheinlich bildete sie sich das wirklich schon ein. Kyle Reed hatte sicher auch nicht den lieben langen Tag Zeit, sie zu verfolgen und zu bedrohen.
Sie wartete immer darauf, dass wieder diese Anrufe kommen würden. Aber es blieb still. Das hätte ihm sicher gefallen, sie so zu sehen, in ständiger Angst, zusammenzuckend bei jedem Laut. Das war doch genau das, was er erreichen wollte, das Dreckschwein.
Sie musste zur Polizei gehen. Sie wusste nicht, ob Mrs. Anderson schon etwas getan hatte oder ob sie überhaupt etwas tun würde. Bei der Frau war sie sich nicht so sicher, ob sie manchmal nicht vielleicht nur etwas sagte, um nervende Lehrerinnen loszuwerden.
Auf sie konnte sich Lane auf jeden Fall nicht verlassen. Nächste Woche würde sie ganz sicher einmal zum Polizeirevier gehen. Ja, das würde sie! Und dann würde Kyle Reed mal der Marsch geblasen werden!
10
Ein paar Tage später stand Lane vor ihrer Klasse und gab ihren Schützlingen eine Aufgabe: „Ich möchte, dass ihr auf einem großen Blatt Papier einen Stammbaum zeichnet. Ich werde es euch an der Tafel vormachen. Ihr sollt die Namen eurer Eltern und die eurer Geschwister und Großeltern darin eintragen. Und daneben zeichnet ihr sie. Das wird lustig!“
Sie gab jedem ein Din-A-3-Blatt und malte an die Tafel, wie das Ganze aussehen sollte. Dann ging sie herum und half, wo Hilfe benötigt wurde.
Als sie bei Jeremy ankam, waren in seinem Stammbaum nur zwei Äste bezeichnet. Da standen „Mom“ und „Kyle“, und natürlich sein eigener Name in der Mitte.
„ Hast du sonst keine Verwandten, mein Süßer?“
Er schüttelte den Kopf.
„Ich bin mir sicher, du hast jemanden vergessen. Vielleicht eine Tante? Oder einen Onkel?“
„Nein, ich kenne zumindest keinen.“
„Was ist mit Großeltern? Mag sein, dass du sie anders nennst. Hast du einen Grandpa, eine Grandma, eine Nana?“
Jeremy schüttelte nur immer weiter den Kopf.
Hatte er wirklich keine mehr oder war nur der Kontakt zu ihnen abgebrochen? Na, wenn ich einen Sohn wie Kyle hätte, würde ich wohl auch irgendwann den Kontakt abbrechen. Und meine Tochter jemanden wie Kyle heiraten zu sehen … na, das war kein schöner Gedanke.
„ Na, schön“, sagte sie nun zu Jeremy. „Dein Bild sieht so aber etwas leer aus. Was hältst du davon, wenn du Bobo zeichnest?“
Jeremy hielt sehr viel davon und machte sich glücklich an die Arbeit. Er zeichnete Bobo mit einer unglaublichen Liebe zum Detail, eine tolle Arbeit für einen Sechsjährigen.
Am Ende der Stunde erinnerte Lane die verbliebenen Kinder an die Einverständniserklärung.
„Ich werde euch ohne sie nicht mitnehmen können, so leid es mir tut.“
Die Klasse stürmte hinaus, doch Jeremy blieb vorne bei ihr stehen. Er hielt die Erklärung in der Hand.
„Oh, du hast sie ja doch dabei. Das ist super.“
Doch auf dem zweiten Blick sah sie, dass sie nicht unterschrieben war.
„ Hast du vergessen, sie unterschreiben zu lassen?“, fragte sie, doch sie wusste bereits die Antwort.
„Meine Mom sagt, ich darf nicht mitkommen“, sagte er traurig.
Na, das werden wir ja noch sehen, dachte Lane.
***
Noch von der Schule aus rief Lane bei den Reeds an. So konnte ihr keiner nachsagen, sie mische sich ein oder belästige sie. Sie wollte nur wegen des Ausflugs nachfragen.
„ Ja?“, meldete sich Haley Reed, schlechtgelaunt wie immer.
„Hallo, Mrs. Reed, hier spricht Miss Downey, ich rufe an wegen Jeremy.“
„Ach herrje! Wenn mein Mann erfährt, dass Sie anrufen, wird der ganz schön sauer werden.“
„ Sie müssen es ihm ja nicht sagen, Mrs. Reed. Ich rufe auch nur wegen einer kleinen Sache an. Es geht um den Ausflug ins Aquarium am Dienstag. Ich hatte den Kindern Zettel zum Unterschreiben mitgegeben, Einverständniserklärungen. Sie haben wohl vergessen zu unterschreiben.“
„ Hab ich nicht“, sagte Jeremys Mutter. „Ich unterschreib den Wisch nicht.“
„Aber
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