Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
immer fester: Dieser öden Lage musste er um jeden Preis ein Ende setzen. Und er erwog die Hindernisse, den Widerstand der Mutter und Pál Uzdys Unberechenbarkeit. Er beschloss, mit Addy, sobald sie in die Stadt kommen würde, ernsthaft die Scheidung zu besprechen.
Die Zeit verging aber und brachte keinerlei Änderung. Adrienne ließ ihn Mitte Januar in einem Brief wissen, dass sie sich überhaupt nicht rühren könne. Ihr Töchterchen habe die Masern, und obwohl die Schwiegermutter ihr den Zugang zum Kind sozusagen versperre, könne sie es sich jetzt doch nicht erlauben zu verreisen.
Bálint hatte Gyerőffy noch während der Festtage auch im Namen der Mutter eine Silvester-Einladung zukommen lassen. Er teilte ihm auch mit, dass er für ihn einen Brief Frau Szent-Györgyis mitgebracht habe. László schickte keine Antwort. Er zeigte sich auch später nicht. Bálint beschloss folglich, einen Ausflug nach Szamoskozárd zu unternehmen, und zwar mit einem Fuhrmann, damit sein Vetter am Ende nicht in einem närrischen Anfall vor ihm Reißaus nahm. Weit zu reisen – kaum mehr als fünf Meilen – brauchte Bálint ja nicht. Drei recht kräftige Pferde zogen das gedeckte Gefährt, das man auf Kufen montiert hatte, boten sich doch den Schlitten überall gut ausgefahrene Wege an. In der Hóstát gab es damals vorzügliche Lohnkutscher. Er brauchte nicht einmal drei Stunden, schon vor der Mittagszeit kam der Schlitten unter lautem Geklingel an. Sie fuhren beim Schlösschen oben auf dem Hügel vor.
»Der Herr Graf ist nicht zu Hause«, sagte Márton Balog, der als Faktotum amtierende alte Mann. »Er ging ins Dorf hinunter, vielleicht ist er beim Krämer, ich weiß nicht …«
»Wann kommt er nach Hause?«, fragte Abády, als aber der Diener statt einer Antwort nur die Achseln zuckte, ging ihm durch den Kopf, László habe sich vielleicht dort hinbegeben, um dem Schnaps zuzusprechen. Darauf beschloss er, ihm nachzugehen und ihn herauszuholen. Zu Fuß stieg er, mit seinem kurzen Pelz bekleidet, den schneebedeckten Steilhang hinunter. Unterwegs begegnete er einem jugendlich wirkenden Bauern, der eine Art amtlichen Schreibens in der Hand hielt. Es war der örtliche Gemeindediener. Er erkundigte sich bei ihm nach dem Laden und bekam die Auskunft, er befinde sich im dritten Haus nach der Ecke.
László hielt sich tatsächlich dort auf. Er stand mit dem Rücken zum Eingang. Jenseits des Pults, vor der Glastür der Wohnung, sah man Bischitz, den Ladenbesitzer. Um sie herum lagen und stapelten sich die tausenderlei Waren solcher Dorfläden: Zaumzeug in klafterlangen Bündeln neben der Tür, Sensen, Hacken, Spaten, mit Schnur zusammengebunden, auf den Gestellen Tabak, Essig, Zucker, Reis und Spritflaschen, Gläser, aus Salzwürfeln gebildete Pyramiden, auf dem Boden ein Heringsfass, angelehnt die Kelle, und all dies verursachte im Inneren des Ladens einen unangenehmen, vom Essig und vom Tabak dominierten Geruch, in den sich auch der Dunst des Anisschnapses mengte.
Die Glocke an der Tür ertönte laut, als Bálint eintrat. Er nahm nur so viel wahr, dass der Ladenbesitzer einen vor László liegenden Porzellangegenstand ergriff und rasch versteckte. Allein die Schnapsflasche sowie ein bereits benutztes Glas blieben auf der Theke.
»Wie kommst du her?«, rief Gyerőffy, als er den Ankömmling erkannte. In seiner Stimme lag eher Ärger denn Freude.
»Ich wollte dich besuchen. Da du nicht in die Stadt gekommen bist, ist dies die bekannte Geschichte vom Berg und vom Propheten«, lachte Abády, »und wie du siehst, schließt meine Jagd auf dich erfolgreich.«
»Der alte Esel dort oben hätte wirklich nach mir schicken können«, knurrte László und bot dann dem Vetter Branntwein an.
Bálint wies ihn etwas ungehalten zurück: »Lass uns eher gehen, wenn du da nichts zu tun hast.«
Gyerőffy musterte ihn eingehend. »Habe ich nicht. Was noch fällig wäre, das erledigen wir am Nachmittag, nicht wahr, Bischitz? Ich aber nehme noch ein Gläschen, magst du das Getränk noch so großherrschaftlich verachten.« Und trotzig ließ er die Hand auf die Theke fallen. Der Inhaber des Ladens füllte das Glas, und László trank es aus. »Noch eines!« Er leerte es ebenso. »So, jetzt können wir gehen!«
Sie brachen trotzdem nicht gleich auf, denn nun trat der Gemeindediener ein. Er war Gyerőffy ebenfalls hierher gefolgt.
»Das da ist vom Kreisgericht gekommen«, meldete er und übergab das amtliche Schreiben. Dann hielt er László das Buch
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