Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
mir dies und jenes beschlagnahmen. Da zog ich vor, gar nicht da zu sein, damit man mich nicht vorfand. Jetzt steht es anders, seit Zsiga … ich meine, Boros …«
»Mir gegenüber können Sie ihn getrost Zsiga nennen«, beruhigte ihn Bálint.
Dinóra zuckte lächelnd die Achseln. »Nun ja. Das ist doch natürlich, nicht wahr? Im Übrigen ist er ein selten angenehmer Mann. Und wissen Sie«, fuhr sie fort, während sie die Hand vertraulich auf die Schulter ihres Begleiters legte, »er hat mir vieles beigebracht, was ich gar nicht kannte … ganz überraschend!«
»Vielleicht juristische Kenntnisse?«, witzelte Bálint.
»Sei doch nicht so dumm!«, lachte Dinóra lüstern; sie schien über manches Geheime nachzudenken und bemerkte dann: »Vielleicht hat er es von irgendeiner Kokotte gelernt, denn … weißt du, er fährt jeden Sommer nach Trouville und nach Ostende.«
»Hat er denn so viel Geld? So etwas kostet Unsummen«, wunderte sich Abády.
»Oh, sehr viel! Neulich hat er wieder eine sehr große Summe erhalten. In Budapest hat er für mich eine schöne Wohnung gemietet – natürlich nicht auf meinen Namen, damit man mich nicht mit diesen stinkigen Wechseln ärgern kann.«
»Aber man wird deinen Besitz in Szilvás versteigern, wenn du die Schulden nicht tilgst.«
Die Frau lachte wieder. »Oh, auch dort können sie nichts tun. Wir haben das Gut auf Zsigas Namen überschrieben, auf dem Papier besitze ich nichts; mich kriegen sie nicht zu fassen …«
Bálint war bestürzt: »Dinóra, Liebste! Du hast es überschreiben lassen!? Das ist doch äußerst gefährlich, du hast dich ganz in die Hand dieses Mannes gegeben!«
»Oh, er ist ein Ehrenmann bester Art … und außerdem ist er in mich vernarrt!«
»Wenn er dich wenigstens heiraten könnte! Aber er ist schon verheiratet und hat Kinder!«
»Was schert mich das! Ich würde gar nicht seine Frau werden wollen. Wozu auch? Ach, lassen wir das, das Leben ist so schön, und ich freue mich so, dich wiederzusehen, kleiner Junge! Erinnerst du dich, so nannte ich dich: kleiner Junge!« Sie rieb sich katzenhaft an ihm und setzte ihre Rede zärtlich fort: »Entsinnst du dich, wie ungeschickt du warst? Aber so lieb! Und wie du hast reden können! Ach, wie du verstanden hast zu reden! Ich habe schon damals gesagt, dass du irgendein großer Mann wirst …«
So beschwor sie die Vergangenheit, und Bálint schaffte es nicht mehr, zum ernsthaften Ton zurückzukehren. Es wäre ohnehin vergeblich, dachte er. Die kleine Frau war lieb, leichtfertig und hatte den winzig-törichten Verstand eines Vogels; er ließ sie weiterzwitschern.
Bálint zögerte noch einige Tage, wie er seinen Heiratsplan der Mutter eröffnen sollte. Die Tatsache, dass sie die geächtete kleine Dinóra in ihrem Haus empfangen hatte, wirkte als starkes Argument für die nachsichtige Natur seiner Mutter. Die schon lange erwartete Gelegenheit bot ihm dann Frau Abády selber. Frau Tóthy und Frau Baczó, die zwei Haushälterinnen, die alles beobachteten und alles meldeten, hatten ihr berichtet, dass der junge Herr Bálint den unbewohnten Westflügel des Schlosses mehrmals besucht habe. Sie wussten auch, dass er die Zimmer lange vermessen und für sich Notizen angefertigt hatte.
»Hast du mit den Zimmern meines seligen Onkels Pali etwas vor?«, fragte Frau Róza nach dem Nachtessen.
Sie saßen in ihrem kleinen Salon. Das Kanapee stand hier in der Ecke, nicht frei mitten im Zimmer wie in Klausenburg. Die Sitzordnung war aber dieselbe: Frau Abády in der Mitte des Sofas, auf ihrer Rechten Bálint in einem Lehnstuhl, während die beiden Haushälterinnen, die emsig und rasch ihre Häkelarbeit verrichteten, sich gegenüber an den beiden Tischecken niedergelassen hatten.
»Vielleicht habe ich«, antwortete Bálint schleppend. »Ich denke über etwas nach und möchte es mit dir auch besprechen, aber …« Er unterbrach den Satz und blickte die zwei dicken, in ihre Handarbeit vertieften Frauen an.
Diese warteten die kaum markierte Handbewegung, mit der Frau Abády sie hinauszuschicken pflegte, gar nicht ab, sondern rafften ihre Siebensachen zusammen und verließen das Zimmer.
»Ich überlege mir, dass ich, sollte ich heiraten, die Räume dort bezöge, wenn du einverstanden wärst, Mama. Der Wohntrakt wäre bestens geeignet. Er ist ganz abgesondert, gegenwärtig unbenutzt, und selbst wenn kleine Umgestaltungen vorgenommen würden, änderten diese nichts an den übrigen Teilen des Hauses.«
»Oh, du willst
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