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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Alkoholfabriken um diese Zeit die Lieferung von Mastfutter aufnahmen. Viehhändler und Landwirte pflegten Unmengen von Rindern zum Markt zu treiben. Auch Ferkel aus dem letztjährigen zweiten Wurf erzielten um diese Zeit den besten Preis, ebenso alle Tiere, die man auszumustern suchte, bevor sie im Stall einen Platz brauchten. Das Datum eignete sich sodann dazu, Pferde zu verkaufen, die auf der Sommerweide ansprechende Formen gewonnen hatten. Kluge Leute kauften jetzt auch für den Winter ein: Stiefel, Pelzjacken, warme Kleidung und Wolldecken, Halfter für die Tiere, die man demnächst im Stall würde anbinden müssen, Pflugscharen, die man bei der Arbeit für die Herbstsaat benötigen würde, und tausenderlei Waren, auf welche Landwirte angewiesen sind.
    Viel Volk hatte sich auch ohne besonderen Anlass versammelt. Ein großer Markt dieser Art galt gleichsam als ein Faschingsereignis. Aus allen Richtungen strömten Männer und Frauen herbei: von der Siebenbürger Heide, von Erdőhát, dem Szamos-Tal und selbst aus der Region von Kővár. Sie kamen nicht mit gewichtigen Käuferabsichten, sondern darum, weil ein Markt reichlich Anlass zur Vergnügung bot, weil man Neuigkeiten vernehmen und Honigbranntwein trinken konnte. Sie machten den Weg unter allerlei Vorwänden, nur um dabei zu sein, manch einer legte zu Fuß zwanzig Kilometer zurück und erwarb zuletzt nur ein ellenlanges farbiges Band, ein Pfeifenrohr oder eine einzige Schachtel Streichhölzer.
    Der erste Tag gehörte dem Vieh-, der zweite dem Auslegemarkt. Am ersten strömten daher die Tiere schon bei Tagesanbruch aus allen Himmelsrichtungen herbei, denn es galt, sich früh einzufinden, einen guten Stand zu bekommen und sich mit den Preisen rechtzeitig vertraut zu machen. Auch das Feilschen brauchte ja seine gebührende Zeit.
    Die schöne Frau Lázár war auf ihrem Gut in Dezmér noch bei dunkler Nacht aufgebrochen. Ihre Leute trieben gut dreißig Rinder vor ihr her, mittelmäßiges, minderwertiges Vieh, das sie im Frühjahr gekauft und auf der Mastweide hochgebracht hatte, um es im Herbst mit Gewinn wieder abzugeben; auch einige Kälber, die ausgemustert werden sollten, gehörten zur Herde. Sie selber fuhr mit ihrem Halbdachwagen im Schritttempo hinter der Herde, denn sie wollte die Viehtreiber im Auge behalten. Sie sollten unterwegs nicht ins Wirtshaus einkehren und die Kälber nicht unter Schreien treiben, sonst würden die Tiere zuletzt, wenn sie ankämen, womöglich lahmen.
    Es mochte seltsam wirken, dass man an der Rückwand ihrer hübschen Kalesche, auf deren Bock ein livrierter Kutscher saß, vier Klafter hoch Heubündel befestigt hatte, aber um dergleichen scherte sie sich nie. Ihr Landgut war die Hauptsache, und dort besorgte sie überall alles selber. Es fand sich kaum ein Mann, der von diesem Geschäft mehr verstand als sie. Sie war also früh angekommen und blieb dennoch bis spät auf dem Marktplatz. Dabei hatte man für ihre Tiere schon am Morgen Angebote gemacht. Sie weigerte sich aber zu feilschen und ging vom Verlangten nicht einen Heller hinunter. Einer ihrer Vertrauensleute, Einkäufer der Gebrüder Papp, hatte ihr zu verstehen gegeben, dass es gute Preise geben werde. Er hatte bloß einmal mit dem linken Auge gezwinkert, aber Frau Lázár genügte das. Die Gebrüder Papp wissen, wie es kommt. Sie waren Eigentümer der größten Viehhandelsfirma in der Region. Sie lieferten nach Wien und ins Ausland. Frau Lázár hielt folglich störrisch durch. Beim Mittagessen verpflegte sie sich neben ihren Tieren aus dem mitgebrachten Korb. Ihre Ausdauer machte sich bezahlt. Sie erzielte schließlich beim Verkauf den besten Preis, denn das Angebot an hergetriebenem Vieh deckte nicht die Nachfrage, sodass man am Schluss des Markttags höhere Summen erlegte als zu Beginn.
    Nachdem sie alles hinter sich gebracht hatte, schickte sie die Treiber auf den Heimweg. Dann ließ sie sich in die Stadt kutschieren, um ihren Vertrauensmann aufzusuchen. Ihm gebührte eine Belohnung, einige hundert Kronen als Geschenk, denn dergleichen hilft, den guten Willen weiter zu erhalten. Sie wusste, wo sie ihn finden würde: im Hof des Gasthauses zum Grünen Baum. Das war eine zwar nicht vornehme, aber geräumige Schenke, wo sich die Agenten zu versammeln pflegten. Hier befand sich ihr Hauptquartier.
    Es bereitete ihr ziemliche Mühe, durch die Stadt hindurchzukommen. Unmengen von Betrunkenen verstellten die Wege, viele Tiere, die nun fortgetrieben wurden, soeben erworbene

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