Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
Vom Netzwerk:
man bei Ihnen den Stuten nur alte ungarische Namen gebe …«
    »Wie gut Sie sich erinnern …«
    »Freilich. Ich habe selbst die einzelnen Namen noch im Kopf. Ich könnte sie aufzählen. Denn wissen Sie«, fügte sie vertrauensselig hinzu, »einem Backfisch tut es so wohl, wenn man wie eine Erwachsene für voll genommen wird.«
    »Backfisch« sagte sie so verächtlich, als ob sie Jahrzehnte von diesem Zustand trennten.
    »Nun ja, man prägt sich eben alles sehr ein, was andere erzählen.«
    So unterhielten sie sich längere Zeit. Die Musik war schon verstummt. Der Saal leerte sich allmählich. Sie waren immer noch ins Gespräch vertieft. Doch nun blickte Lili um sich und sagte, da sie gewahr wurde, dass sie allein geblieben waren: »Ich glaube, man wird hier jetzt lüften. Bitte, begleiten Sie mich hinüber zum Buffet.«
    Sie durchquerten den benachbarten Gesellschaftsraum und das Kartenzimmer. Bálint beobachtete das Mädchen, während sie so dahinschritten. Interessant, dachte er, welche Wirkung eine einzige mondäne Saison auf Frauen ausüben kann. Noch kein Jahr ist es her, da war diese Lili noch ein linkisches, junges Ding, und jetzt benimmt sie sich und spricht schon wie eine fertige Dame, so ruhig und selbstbewusst. Junge Männer brauchen dafür Jahre.
    Es war tatsächlich vollkommen, wie sie im dichten Gedränge die Zimmer durchquerte, ihren Fächer in der Hand, die Ellbogen an der Hüfte. Weder schnell noch langsam, sondern mit der Leichtigkeit, die sich für ein Mädchen ziemte, so wandelte sie durch das Labyrinth flirtender Paare und diskutierender Gruppen, strich vorbei hinter den feisten Rücken Bridge spielender Mütter und vermied überall jedes Hindernis, ohne den Blick herumschweifen oder sich von irgendetwas ablenken zu lassen.
    »Soll ich Ihnen ein großes Geheimnis verraten?«, fragte Lili, nachdem sie beim Buffettisch angekommen waren. »Ich glaube, Sie werden auch dieses Jahr eine Einladung nach Jablánka bekommen. Sie dürfen das natürlich nicht im Voraus wissen. Ich sage es Ihnen nur, damit Sie für die erste Dezemberwoche nicht anderswo eine Zusage geben wollen.«
    »Ich danke Ihnen sehr für die Mitteilung. Hat Onkel Antal etwas Derartiges gesagt?«
    »Nein … ausdrücklich hat er es nicht gesagt … aber ich glaube doch …« Und das Mädchen drehte sich plötzlich weg, als wolle sie nach einem Gebäck greifen. Bálint bemerkte trotzdem, dass sie errötet war. Errötet? Warum? Sie brauchte doch nicht zu erröten, weil »Onkel Antal es nicht ausdrücklich gesagt hat«.
    Und doch gab es da gute Gründe, denn Lili war in den Sinn gekommen, wie pfiffig sie Abádys Einladung in die Wege geleitet hatte. Sie selbst hatte jedes Gespräch hierüber vermieden, doch sooft sie im Sommer in Jablánka weilte, benutzte sie jede Gelegenheit, anderen Worte zu entlocken, die für Bálint vorteilhaft ausfielen. Den Jäger etwa, der als sein Gewehrlader geamtet hatte, ließ sie – allerdings grundlos – Bálints Schießkünste preisen, und den Stallmeister erinnerte sie schlau daran, dass Bálint unter den Fohlen das beste erkannt hatte. Ihre Tante brachte sie dazu, über Siebenbürgen zu erzählen, und fachte ihre verwandtschaftlichen Gefühle an. Sie selber lernte von Pfaffulus einige Daten aus dem Stammbaum der Abádys, und bei Unterhaltungen mit ihrem Onkel lenkte sie das Gespräch auf historische Ereignisse, bei denen irgendein Vorfahre Bálints eine Rolle gespielt hatte; sie vermutete richtig, dass Szent-Györgyi, der sich in derartigen Dingen vorzüglich auskannte, selber auf die Abádys zu sprechen kam. Bálints Name blieb auf solche Weise für Antal Szent-Györgyi allgegenwärtig.
    Zuletzt nun – neulich – war sie zur Überzeugung gekommen, die Angelegenheit sei reif. Sie sorgte dafür, dass Magda, ihre Cousine, das Problem der Jäger zur Sprache brachte. Eingefädelt hatte sie es auf eine ziemlich hinterhältige Art, indem sie ihr sagte, man müsste Péter Kollonichs Einladung in die Wege leiten. Magda ging ins Garn. Indem sie die Frage direkt stellte, verdarb sie natürlich Péters Einladung vollends, aber Lili kam zu ihrem Ziel. Onkel Antal antwortete frostig: »Von der Verwandtschaft lade ich dieses Jahr niemanden ein, außer Bálint Abády.«
    Deswegen war Lili soeben errötet. Wegen dieser zielstrebigen Arbeit, die sie geleistet, und wegen der Verstellung, mit der sie die arme Magda getäuscht hatte. Sie hatte ja gewusst, dass in Péters Sache die direkte Nachfrage die schlimmste Lösung

Weitere Kostenlose Bücher