Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
tränkte er die Spürhunde an der Bergflanke, wo Quellen sprudelten, und zog hernach im Schritt über den Kamm, wo er seine Tiere in Ruhe zu ihrem Kennel zurückführen konnte.
Einige nur blieben bei ihm: Tisza und die zwei Whips, Bálint Abády, Farkas Alvinczy, der pensionierte Major Bogácsy und natürlich die Laczók-Jungen.
Langsam trabend zogen sie auf der leicht abschüssigen Heuwiese dahin. Die Hunde folgten leicht verstreut, denn hier pflegte man Tag für Tag im Schritt die Pferde zu führen, die bei der Jagd gerade nicht gebraucht wurden, und so war es unwahrscheinlich, dass sich auf diesem kahlen Feld irgendein Wild finden würde.
Da aber sprang neben einem winzigen Schwarzdornbusch, unmittelbar vor ihnen, überraschend ein Hase hoch. Die Meute heulte auf vor Freude und setzte ihm nach. Doch dies war kein kleiner, leichter Hasenjunge wie jener zuvor, sondern ein riesiger Feldhase, ein kräftiger, erfahrener Bursche, dem man gleich ansah, dass ihn die Hunde wohl schon während mehrerer Sommer gehetzt hatten. Er war in prächtiger Form und gebot über gewaltige Laufmuskeln. Er hatte es gar nicht sehr eilig, mit hochgestellten Ohren machte er beim Laufen sogar einige scherzhafte Sprünge, und doch fiel es ihm leicht, den Abstand zwischen sich und der Meute zu verlängern. Dabei rannte er talabwärts, gerade gegen Norden, als verachte er den so gewichtigen Vorteil, den ihm der Lauf zum Berg hinauf geboten hätte.
So begann einer der größten runs dieser Jagdsaison.
Die Reiter folgten auf der federnden, weich abfallenden Heuwiese in leichtem Jagdgalopp. Nach einigen Minuten befanden sie sich schon unten im sumpfigen Tal, von welchem das fliehende Wild, wie sich klar erkennen ließ, in vollem Lauf geradewegs auf die jenseitigen Berge zuhielt.
Es gehört zur Eigenart des Jagdgeländes von Zsuk, dass sich am linken Ufer des Szamos alle Bergrücken senkrecht zum Haupttal hinziehen. Die gegen Norden sanft auslaufenden Flanken sind eben und fruchtbar, während die nach Süden blickenden Hänge, überall steil, zerklüftet und gelegentlich von gelben, kahlen Lehmschluchten unterbrochen, manchmal wie Felswände wirken. Dies wohl war der Grund, weshalb der erfahrene Hase diese Richtung gewählt hatte; er stieß sich auf dem Terrain mit seinen langen Hinterbeinen kräftig ab und kam leicht vorwärts. Das Hundevolk aber – in der Tat – war kaum ein Drittel des Steilhangs hinaufgelangt, als die aufregende Beute bereits jenseits des Bergkamms verschwand.
Den Berg hinauf sind indessen die Hunde immer noch schneller als die Pferde, die unter der Last ihrer Reiter leicht außer Atem geraten. Der Ritt auf steiler Strecke verlangt deren Schonung, und daran hielten sich hier alle, zumal sie erkannten, dass ihnen diesmal eine sehr anstrengende Jagd bevorstand. Selbst der Master kam deshalb erst nach der Meute oben an, und auch die anderen drosselten ihre Pferde und ritten zur Anhöhe in kurzem Galopp oder in Trab. Gut, dass der Master anlangte, denn die Hunde an der Spitze – die jüngeren und darum die etwas schnelleren – hatten seit kurzem die Spur verloren. Nun suchten sie in der Runde, ihre Nase streifte den Boden, während sie mit dem Schwanz aufgeregt wedelten. Jetzt aber stieß »Toss-it-up«, der schon ältere, aber höchst erfahrene Anführerhund, zu ihnen. Kaum dass er ein wenig herumschnupperte, und schon heulte er ob der vorzüglichen Witterung genussvoll auf und stürzte in Richtung des Tals davon. Die Hunde neben ihm schlossen sich an, und nun ging es in tollem Tempo abermals hinunter. Doch etwa drei Hunde hatten den Laut nicht gehört. Sie waren diesseits des Grats am Fuß eines vielleicht zwanzig Meter hohen Hangs immer noch dabei, das Dorngestrüpp zu durchsuchen.
Baron Gazsi erblickte sie vom Kamm her. Er spornte ihre Gnaden »Honeydew« an – hinab in die glitschige Senke. »Honeydew« mochte dergleichen nicht. Immerhin ging sie den gewünschten Weg. Doch dies tat sie auf dem beinahe zwanzig Prozent messenden Gefälle zwischen den Lehmrissen auf solche Weise, dass sie sich – wie beim Walzer – rasch und fortwährend um die eigene Achse drehte und dabei auch noch zum Bocken Gelegenheit fand. Das war nun einmal ihre Gewohnheit an solch ungünstigen Stellen. Die meisten Pferde wären bei solchem Gang gestürzt und die meisten Reiter aus dem Sattel gefallen. Die schlimme Stute war aber ein vorzügliches Tier und Kadacsay kein alltäglicher Pferdebesitzer. Der schwungvolle Walzer störte ihn nicht
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