Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

im Geringsten, und unten angelangt, rief er unter Peitschenknall die Hunde, führte sie in vollem Lauf wieder zum Grat und darüber hinweg den anderen nach.
    Nun ging es in rasendem Tempo weiter. Dies nicht nur darum, weil der Harrier-Hund, der in England zu der langsamen Art gehört, in der hiesigen Zucht so schnell geworden ist, dass er selbst mit jenen Spürhunden wetteifern kann, die man bei der Hirschjagd einsetzt, sondern auch wegen der besonderen Reittechnik, die das zerklüftete Zsuker Jagdgelände erfordert. Aufwärts muss man die Pferde schonen, abwärts aber loslassen, auf dass sie nach Leibeskräften rennen. Nur so schafft man es, die Meute einzuholen. Reiter und Pferd haben sich dies anzueignen, wenn man »schinkorieren« will, wie dies die Vorfahren nannten – ein Wort, das von den französischen Meutehunden herkommt, vom »chien courant«.
    An diesem Tag ging es ständig so weiter: hinunter, hinauf, wieder hinunter, wieder hinauf. Die Richtung änderte sich kein bisschen, die Reiter rasten die Abhänge hinunter, wie es die Pferde vermochten, und dann galt es, gegenüber die nächste Bergflanke zu erklettern.
    Die Meute, in einer langen Kette aufgelöst, verfolgte die Spur. Das Feld der Jäger dahinter hatte sich natürlich schon beträchtlich in die Länge gezogen. Neben Wesselényi galoppierte nur noch Kadacsay, während Tisza und Abády in richtigem Abstand folgten, denn man durfte die Meute nicht »drücken«; Kozma jedoch war schon zurückgeblieben, und Alvinczy wie Bogácsy lagen etwa hundert Meter weiter hinter ihm. Die Hengste der Laczók-Jungen, so tüchtig sie sein mochten, waren langsam, und sie langten auf den Bergkämmen immer erst an, wenn sich die Reiter an der Spitze bereits im Tal befanden und die Hunde es gar schon hinter sich hatten.
    Der Dunst verdichtete sich, man sah kaum mehr in die Ferne. Der verfolgte Hase ließ sich aber vielleicht darum nicht blicken, weil er so ungewöhnlich schnell lief. Daran aber, dass sie auf der richtigen Fährte waren, gab es keinen Zweifel, denn der Zug wurde seit geraumer Weile von »Toss-it-up« angeführt, und zwar in voller Lautstärke, und von ihm hieß es, er lüge niemals.
    Das Tal, in dem sie nach dem dritten Abstieg landeten, war breiter. Da floss der Bach von Borsa, der sich nicht überspringen ließ; dazu war er zu breit, und seine morastigen Ufer boten keinen Halt. Bálint kam über eine wackelige Brücke schneller hinüber als Kadacsay, der bei der Suche nach einer Furt Zeit verloren hatte.
    »Ich glaube, die Meute hat ichgendwo auf Fuchs umgeschaltet!«, rief Gazsi Abády begeistert zu. »Einen so vechflixten Zaubechhasen gibt es doch nichgends in dech Welt!« Und um den Platz in der Nähe der Meute zurückzuerobern, den einzunehmen als Whip er sich verpflichtet fühlte, nahm er den Aufstieg zum Berg mit seinem Vollblutpferd so ungestüm in Angriff wie bei einem klassischen Wettrennen. Die phantastisch lange Jagd schien »Honeydew« gutzutun. Sie litt sogar die Sporen.
    Der Berghang auf der Seite von Borsa gehört zu den höchsten, er ist ziemlich zerklüftet und stellenweise sehr steil. Als die vier Reiter, die der Meute zu folgen vermochten, oben anlangten, fanden sie die Hunde auf dem von Gebüsch bedeckten Grat verstreut. Sie brauchten indessen die Pferde keinen Augenblick zu zügeln. Die Meute hatte die Spur selber entdeckt, und der riesige Hase schoss vor dem führenden Hund erneut hoch.
    Es war also doch kein Fuchs, sondern ein Hase, der es so weit geschafft hatte. Mit dem Aufgebot letzter Kräfte hielt er auf ein Dickicht zu, mitten in einem kleinen, abschüssigen Wald, den man Csonkás nannte. Man befand sich nun schon in der Grenzregion von Doboka. Etwa fünfhundert Meter fehlten ihm bis zum Wald. Doch er hielt nicht mehr durch.
    Die Rast, die er liegend verbracht hatte, wurde ihm zum Verhängnis. Vor den Hunden, die zuvorderst rannten, nahm er noch einige Male Reißaus, er schien hin und her Haken zu schlagen, dann aber machte er einen großen Luftsprung und fiel tot hin. Die Hunde schnupperten bloß an ihm, berührten ihn aber nicht. Auch sie waren erschöpft. Sie blickten nur hinauf, auf ihre Herren, als wollten sie mit ihrer keuchend hängenden Zunge sagen: »Haben wir das nicht schön gemacht?«
    Der Master sprang vom Pferd.
    »Ein Run von 103 Minuten!«, rief er zurück zu den Reitern, seinen drei übrig gebliebenen Begleitern, während er mit seiner Peitsche die Meute zur Seite trieb.
    Nun hob er den Hasen auf. Er war