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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Einen Selbstmord zu begehen, bei dem aber der Selbstmörder weiterlebte und statt der ungewissen Hölle im Jenseits die Hölle auf Erden wählte. Hierin war etwas Großartiges gelegen, das ihm für seine Degradierung zwar keinen Ersatz bot, aber sein Selbstwertgefühl rettete.
    Dies jetzt war anders, eine wirkliche Schande selbst nach seinem eigenen Urteil. Jetzt hielt ihn seine Geliebte aus, Onkel Ambrus hatte es richtig getroffen: »Kost und Logis.« Sie sah zu, dass man ihm feine Speisen kochte und seine Wäsche besorgte, sie hatte für ihn sogar ein Pferd gekauft – ach, er wusste wohl, dass er allein der Grund des Kaufs war und dass sie ihn mit vorgetäuschten Aufträgen hin und her schickte. Er hatte doch nicht die geringsten nützlichen Kenntnisse. Sie wollte bloß die Wirklichkeit bemänteln! Dass sie ihn aushielt wie die Straßenmädchen ihre Zuhälter. Ein Glück, dass sie ihm bisher noch kein Geld angeboten hatte! Vielleicht hatte sie Angst, er würde es für andere Frauen ausgeben! Bestimmt würde sie ihm auch Geld zustecken, wenn er darum bäte, so tief aber, Gott sei Dank, war er noch nicht gesunken. Aber dazu könnte es auch noch kommen!
    Das Geld, das er bisher bei solchen Ausflügen in der Stadt ausgegeben hatte, stammte vom Verkauf von Möbeln und in alten Schubladen zusammengekratzten Nippsachen. Letztere hatte er entweder über den Krämer in Kozárd zu Geld gemacht oder in einer Tasche selber nach Klausenburg getragen. Nun gab es kaum mehr Gegenstände dieser Art; das Schloss war sozusagen leer. Er hatte auch schon die Bettwäsche und die Kupferpfannen aus der Küche verkauft. Nichts fand sich mehr, das sich hätte versilbern lassen. »Es wird mit mir also so weit kommen, dass ich sogar um Geld bitten werde … Schande! Lieber sterben!«
    Doch so, wie die Dinge standen, konnte er auch diesen Weg nicht gehen. Mit dieser Schuld am Hals durfte er nicht flüchten. Er musste alles bezahlen, niemand sollte sagen dürfen, er sei etwas schuldig geblieben. Deshalb hatte er Ázbej bestellt. Da er ihn erst für den nächsten Tag erwarten konnte, betrank er sich im Hotelzimmer bis zur Besinnungslosigkeit. Dies war das einzige Mittel, seine selbstquälerischen Vorwürfe zum Schweigen zu bringen.

    Gegen zehn Uhr am nächsten Morgen meldete sich der kleine, dicke Ázbej bei ihm. Er wunderte sich kein bisschen, Gyerőffy im Bett zu finden, er fragte auch nicht, ob er krank sei. Er rückte einen Stuhl an die Bettstätte und setzte sich, wie dies seine Gewohnheit war, an den Rand – sei es zum Zeichen der Ehrerbietung, sei es darum, weil seine kurzen Beine sonst den Boden nicht berührt hätten. Nachdem er solcherart vor László Platz genommen hatte, wandte er ihm sein rundes Gesicht zu, das mit seiner gleichmäßig geschorenen Behaarung an einen Igel erinnerte, wenn sich dieser ballartig zusammenzieht. »Da bin ich«, sagte er mit seinem kleinen, geschwollenen Mund, »verfügen Sie über mich, Herr Graf.«
    Seine Stimme klang untertänig, seine Haltung war lauter Ergebenheit und Diensteifer. Aber seine wie Rosspflaumen geschnittenen Augen straften dies alles Lügen. Scharf beobachteten sie László. Diese Augen registrierten, dass er kein Gepäck mit sich führte, dass er in seinem tagsüber getragenen Hemd geschlafen hatte und dass auf dem Nachtkästchen neben dem hingeworfenen Kragen eine leere Schnapsflasche und ein schmutziges Wasserglas standen. Eine erwartungsvolle Freude flackerte in Ázbejs Blick, als spüre er, dass er am Ziel angelangt war.
    Gyerőffy setzte sich auf, umklammerte seine Knie und schwieg eine kurze Weile. Dann sagte er streng: »Ich benötige Geld. Eine ziemlich hohe Summe und unverzüglich. Ich brauche 10.500 Kronen …«
    Ázbej breitete die Arme aus.
    »Aber woher nehmen, bitte, woher? Den Wald, bitte, haben wir verkauft, wie Sie das zu wissen geruhen; den Erlös haben wir kassiert, dabei war das Holz noch gar nicht gefällt worden. Das Geld haben wir sofort ausgegeben, um die Auktion zu verhindern. Wir brauchten es auch, um Zinsen zu bezahlen, Wucherzinsen, bitte, denn Sie, Herr Graf, hatten die Schulden anerkannt. Außerdem kamen wir für eine Menge von Prozesskosten auf. Die Ausstattung, die wirtschaftlichen Geräte gehören schon lange mir, das heißt meiner Frau, die Pacht habe ich auf zehn Jahre im Voraus bezahlt, dazu auch noch die Ergänzung, die ich vor zwei Jahren aus reiner Opferbereitschaft Ihnen, Herr Graf, zugestanden habe. Ich habe außerdem aus meinem eigenen Geld

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