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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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an seinem breiten Hals weit offen. Es war angenehm, im schönen Mai-Sonnenschein da zu sein. Er tat nichts, genoss einzig die Sonnenstrahlen mit der Ruhe und der Beschaulichkeit des östlichen Menschen.
    Er hegt keine besonderen Gedanken. Es genügt ihm, dass das Wetter schön ist und die Sonne wärmt. Der Beschaffenheit der Landschaft in der eigenen Umgebung kommt keine Bedeutung zu, außer dass man imstande sein soll, weit in die Ferne zu blicken. Von dieser Stelle aus konnte er den Küküllő sehen, der hier erst ein größerer Bach war, dann viele frischgrüne, überall mit den gelben Tupfen des Löwenzahns bestreute Wiesen, und weiter weg auf der Bergflanke einen Buchenwald zwischen Hornbäumen und Rottannen. Dort waren die Knospen alle schon aufgebrochen. Und der Blick schweifte weiter, rechts und links das Tal entlang, wo sich der Küküllő zwischen dem Doppelspalier von eng hintereinander stehenden Berggipfeln gegen Süden wendet. Ein altes, bekanntes Landschaftsbild.
    Er hatte es schon als Kind betrachtet, hier war er zum Mann herangewachsen, von hier durch seine Abenteuerlust nach Asien entführt worden, um immer wieder hierher zurückzukehren. Bis er dann einmal mit verstümmeltem Bein nach Hause kam und seine Streifzüge sonder Zahl ein Ende nahmen. Und wenn schon! Einerlei!
    Einerlei, ob er hier saß oder auf einem Felsen im Kunlun-Gebirge, um einem Steinbock aufzulauern, als Bettelpilger verkleidet auf der Schwelle eines Lama-Klosters, in einem Kirgisenzelt in der Taklamakan-Wüste oder eben auf der Veranda in Borbáthjó, in diesem kleinen Széklerdorf, seinem Geburtsort.
    Überall ist das Leben schön. Wo wir sind, hat nichts zu bedeuten. Und sollten wir keinen lohnenden Grund haben, uns zu rühren, dann lasst uns doch ruhig sitzen bleiben, uns freuen und nicht ständig rechthaberisch vordrängen wie all die aufgeregten Städter. Dies war die Denkweise des alten Asiaten, obwohl er sie weder sich selber noch einem anderen je dargelegt hätte.
    Schon seit anderthalb Stunden saß er also in wohliger Untätigkeit da, und wenn er sich regte, so einzig dazu, seine Zigarre wegzuwerfen und eine neue anzuzünden. Bei dieser Betrachtung der Außenwelt erblickte er in der Ferne, in der Kurve im Westen ein Vierergespann. So etwas kam hier, auf dieser kaum befahrenen Straße, die Szászrégen mit Szovátafürdő verbindet, selten vor, zumal jetzt, im Frühling. Zu dieser Zeit pflegten nur vereinzelte winzige Bauernwagen von Széklern vorbeizufahren oder Britschkas, die dem einen oder anderen benachbarten Besitzer mittlerer Landgüter gehörten. Was sich aber da näherte, war eine Kalesche mit Lederverdeck. Mit seinen scharfen Jägeraugen machte er auch aus, dass man vier Falben eingespannt hatte, dass das Riemenpferd eine Blesse war und im Gefährt eine Frau saß, und zwar allein.
    Was für ein Gespann mag das sein, fragte er sich, denn in dieser Gegend kannte er alle Wagen, verlief doch die Landstraße gleich unterhalb seines Gartens. Er hatte reichlich Gelegenheit gehabt, sich das Aussehen aller Kutschen einzuprägen. Mit dem Blick verfolgte er das heranfahrende Vierergespann. Nicht aus Neugier, versteht sich, da es doch gleichgültig ist, was man betrachtet, doch wenn es sich so ergab, dann diente eben dies dem eigenen Vergnügen. Die Kalesche näherte sich mehr und mehr. Sie hatte schon die drei sichelförmigen Kurven am Fuß der vorgeschobenen Hügel hinter sich und hielt nun auf das Haus zu, rollte auf einer geraden Strecke, nach welcher der Weg erst beim Zaun des kleinen Parks eine Biegung machte und hinter einem etwas höheren Erdwall weiterlief. Den Kutscher sah er bereits klar, es war ein älterer Mann mit einem großen Schnurrbart, er gewahrte selbst die Tressen an seinem langen ungarischen Rock. Die Frau auf dem Hintersitz jedoch war vom Bock verdeckt. Einzig ihr weißer Sonnenschirm leuchtete oben wie ein riesiger Champignon.
    Nun waren sie auch schon angekommen. Sie verschwanden hinter der Efeuhecke, die den Absolon-Garten unterhalb des Hügels wie eine Mauer abschloss. Das Gespann fuhr noch ein gutes Stück weiter, dann dröhnte es jäh von der Brücke her. Die Brücke stand am Ende des Gemüsegartens, wer bei Absolon vorfuhr, hatte sie zu überqueren. Man hörte bereits, wie sich die Pferde an dieser steilen, von Regen aufgeweichten Stelle ins Zeug legten. Das war nun doch unerwartet, dass eine Frau, und sogar allein, zu ihm zu Besuch kam.
    Eine große Glocke stand auf der Stützmauer der Veranda.

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