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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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übel.« Dies fügte sie mit einem leicht nachsichtigen Lächeln hinzu, als wolle sie Adrienne ein wenig bemuttern. Das Wort »Herr« betonte sie stets so, als habe man es mit lauter Großbuchstaben geschrieben.
    Adrienne entschied sich für den Büffelmilchkaffee, nachdem sie vernommen hatte, dass Absolon Tee trank. Der Kaffee, den man einzig für sie gekocht hatte, sollte nicht unberührt bleiben. Máriskó Póka, in einem gewissen Abstand, stand stumm an den Türpfosten gelehnt. Ihr etwas voller, aber gut gestalteter Körper steckte in einem grauen Kattunkleid, dazu trug sie Mieder und Rock nach der Art wohlhabender Bäuerinnen. Adrienne fand die einfache, liebenswerte Frau sehr sympathisch. Sie trat auch freundlich auf, zumal sie wusste, dass sie seit langem Absolons Lebensgefährtin war. Sie begann eine Konversation, lobte zuerst das Gebäck und dann die schönen Blumen unter der Veranda. Máriskó gab karge Antworten, sprach zwar immer lächelnd, aber gerade nur so viel, wie es der Anstand erforderte.
    »Wer pflegt den Garten?«, fragte Adrienne. »Selten habe ich Blumenbeete gesehen, die man in so schöner Ordnung hielt.«
    »Also das wäre ich, bitte sehr.« Und dann, als habe sie die Anerkennung gesprächiger gemacht, fügte sie noch einige Sätze hinzu.
    Sie habe bei ihrer Anstellung hier einen alten, beinahe achtzigjährigen, in Ruhestand lebenden Gärtner vorgefunden und die Kniffe von ihm erlernt. Dies sei eine angenehme Arbeit, der Herr liebe schöne Blumen, er sage es zwar nicht, liebe sie aber doch sehr. Der Garten sei damals sehr vernachlässigt gewesen, sie aber könne die Unordnung nicht leiden. Solche Dinge erzählte sie, und dann verstummte sie jäh, gleichsam erschrocken, dass sie aus der stummen Rolle gefallen war, die sich, wie sie meinte, für sie selbst ziemte.
    »Bitte, wollen Sie sich nicht setzen?«, fragte Adrienne. »Sonst ist es … so … so merkwürdig …«
    »Oh, nicht um die Welt. Das bin ich nicht gewohnt, bitte sehr. Nein, das bin ich nicht gewohnt.«
    Dies traf tatsächlich zu. Máriskó setzte sich bei den Mahlzeiten niemals, selbst wenn Miklós Absolon und sie allein waren. Zur Jausenzeit pflegte sie ihm Tee zu bringen und vorzusetzen, um sich dann zu entfernen. Beim Mittag- und Abendessen stand sie – wie ein Butler – immer bei der Kredenz, überwachte die zwei Diener und servierte dem Herrn. Sie aß draußen in der Küche und nie mit ihm. Erst wenn man das Geschirr abgewaschen und die Köchin alles auf seinen Platz gestellt hatte, kehrte sie zurück, sofern keine Gäste da waren. Sie brachte irgendeine Handarbeit mit, setzte sich im Salon, stopfte Wäsche, bestickte hausgewobene Stoffe, strickte oder häkelte, je nachdem, was sich fand.
    Frauen auf dem Land führten ihr Leben an der Seite des Mannes auf solche Art, so hatte sie es auch in ihrem Elternhaus gesehen.
    Stand Absolon der Sinn nach Unterhaltung, gab sie gern Antwort, und sie hörte auch zum hundertsten Mal vergnügt zu, wenn er Begebenheiten aus seinem Leben erzählte. Doch als Erste ergriff sie nie das Wort. Dafür erledigte sie alles klug, alle Aufgaben, die im Haushalt anfielen, sorgte mithilfe des Aufsehers für die Führung des Landguts, von welcher der alte Asienforscher nicht das Geringste verstand und um die er sich auch nicht kümmerte. Das eigene Agrarland umfasste ohnehin nur ein paar hundert Joch, das meiste war Forstbesitz, wo man in regelmäßigen Abständen Holz fällte, sodass sich damit kaum jemand zu befassen brauchte.

    Absolon kehrte zurück. Máriskó verzog sich. Die Sonne war hinter den Kuppen auf der gegenüberliegenden Seite untergegangen. Goldener Glanz ergoss sich über die ganze Landschaft, rosa-goldene Schäfchenwolken glitten am hellgrünen Himmel. Selbst die im Schatten liegenden Bergflanken leuchteten gelb, als glühten die Hänge durch ein schwaches Feuer in ihrem Inneren. Auch da auf der Veranda bekam die weiße Tünche der Wände eine orange Tönung.
    Ein kalter Windhauch kam plötzlich auf. Die Abende hier, am Fuße der Schneeberge von Görgény, waren im Frühling gewöhnlich kühl.
    »Es empfiehlt sich nicht, um diese Zeit noch draußen zu bleiben«, bemerkte Absolon. »Besser, wir gehen hinein.« Er sagte das einzig mit Rücksicht auf die junge Frau; mit seiner eisernen Gesundheit wäre er da auch bis zum Einbruch der Nacht sitzen geblieben. Drinnen brannten schon überall die Acetylen-Lüster; hell erleuchteten sie alle Zimmer. Der alte Absolon glich nämlich auch hierin

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