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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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zeigte seine weißen Sterne. Auch die Vogelkirsche bot hier und dort ihr schäumendes Bukett an. Ein Traumwald, in dem es schon leicht dämmerte, wiewohl darüber noch ein verschwenderisch blauer Himmel lag und die trägen Wolken durch das zitternde Grün des Laubwerks hindurchglänzten. Hier und dort verabschiedeten sich die Waldvögel bereits voneinander, sie wünschten, da sie sich früh schlafen zu legen pflegten, gute Nacht, während anderswo eine Nachtigall zu schlagen anfing. Sie versuchte erst einige Läufe. Noch wartete sie auf den Einbruch der Dunkelheit, erst da würde sie die durchdringenden Lieder ihres kleinen Vogelherzens aus voller Kehle schmettern.
    Der Pfad, den Bálint beim Aufbruch gewählt hatte, stieg allmählich an. Er führte dem Hang nach zum östlichen Waldrand. Der Horizont zeichnete sich über der Bergflanke schon hell ab. Er ging ohne Plan und Vorsatz; seine Füße trugen ihn ohne Absicht, aus Instinkt hinauf zum Grat. Und dann kam er unerwartet oben an, gegenüber der Schneise, die sich ihm zuneigte. Hier blieb er stehen.
    Er überblickte die Landschaft. In mattes Grün gekleidete Büsche junger Eichengewächse bedeckten sie, das Gras spross dazwischen üppig, und wie eine Wand stand oben der Hochwald, er zog sich hin auf dem gegenüberliegenden Grat. Zur Linken beschrieb das Tal eine Kurve, kleinere Hügel verschlossen die weitere Aussicht, ihre von Laubkronen überzogenen Wellenlinien sperrten die ganze Welt aus. Alles, alles war frisch und neu, alles grün, bestreut vom matteren Schmelz der Triebe, die Verjüngung der Natur triumphierte hier.
    Bálint blickte um sich und erkannte, dass er sich an der Grenze des Waldbesitzes der Uzdys befand. Ja, hier, an diesem Ort war er vor anderthalb Jahren gestanden. Vielleicht nicht gerade da, sondern ein wenig weiter oben. Dort oben musste der Buchenriese sein, der neben dem Pfad aufragte. Dort am Fuße des Baums hatte er an einem Novembermorgen auf Adrienne gewartet. Drüben auf dem Grat hatte er sie erblickt, wie sie mit ihren langen, gleichmäßigen Schritten aus dem Hochwald heraustrat und den Umweg über die Talsenke machte. Sie hatte ein graues Homespun-Kleid getragen, ja.
    Es war ihm, als sähe er sie immer noch, wie sie näher kam. Damals war hier alles golden, bronzen und purpurfarben, während jetzt überall Smaragd vorherrscht. Ja, etwa zwanzig Schritte von hier, dort über dem Laub der Büsche, sieht man die auseinanderstrebenden Äste des gewaltigen Baums, dort hatte er an jenem Herbstmorgen des Abschieds auf die Frau gewartet … Und wie vieles war seither geschehen! Unwillkürlich schlug er die Richtung des Baumes ein, so wie man instinktiv, ohne nachzudenken, zu einem alten Freund aufbricht. Er musste vom Wind abgebrochene, zertrümmerte und vor ihm quer liegende, den Weg versperrende Äste umgehen, sich in einem weiten Bogen durch die Dickung von Jungbäumen hindurchschlagen. Als er sich wieder zum Pfad durchgekämpft hatte, dunkelte es bereits ein wenig. Ja, kaum zehn Klafter vor ihm, da stand nun die uralte Buche. Einsam stand sie da, ihr blaugrauer Stamm wirkte wie ein Turm. Ihre sich ringsum ausbreitenden Wurzeln lagen samten im Moos.
    Eine Frau stand zwischen den Wurzeln, sie lehnte am Baum. Ihr graues Kleid verschmolz mit der Rinde. Einzig ihr Gesicht hob sich matt vom Schatten im Hintergrund ab, und ihr schwarzes Haar zeichnete sich dunkel ab. Unbeweglich stand sie da. Ihre gelben Bernsteinaugen blickten ihm entgegen. Weit geöffnet, als nähmen sie eine Vision wahr, so sahen sie ihn an.
    Adrienne!
    Sie stand da, mit dem Baum verschmolzen, als warte sie auf ihn! Wie der Windstoß ein Blatt ergreift und fortträgt, so stürzte der junge Mann vorwärts. Es dauerte keinen Augenblick, und er stand vor ihr, und schon im nächsten Augenblick umarmten sie sich. Volle, durstige Lippen fanden einander, sich pressend umfangende Arme verbanden sie, suchende Hände krallten sich fest, der Sturm des Begehrens riss sie fort, die unterdrückte, während vieler Monate zum Schweigen verurteilte Sehnsucht, eine elementare Kraft, dem Erdbeben oder dem Orkan ähnlich, eine vernichtende Macht, die, mit Worten nicht zu schildern, alles hochhebt und zugleich alles auslöscht, was ihr widersteht. Kein Wort fiel während der gierig, verschwenderisch getauschten Küsse, kaum dass sie den Namen des anderen stammelten, und dann stürzten sie auf den tiefen Moos- und Laubteppich; ineinander verschlungen, so hatte sie ihre entfesselte Leidenschaft in

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