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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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ihr gutgesinnt und stand auch bei Uzdy in Ansehen. Die Bombe würde platzen, und wenn es jemanden gab, der ihr in dieser Lage nützlich sein könnte, so war es Absolon. Am gleichen Tag, an dem sie Bálint berichtete, schrieb sie auch an ihn und legte ausführlich dar, was sie von ihm erwartete. Die Antwort traf nach fünf Tagen ein. Absolon sagte zu. Unverzüglich aber könne er nicht kommen, weil sein verkrüppeltes Bein ihn schwer plage; er werde aber nach Szászrégen fahren, Dr. Kisch bringe ihn dort in einigen Tagen wieder in Ordnung. Hernach wolle er gleich kommen. Er werde seiner Schwester ein Telegramm schicken. Dies sei der beste Weg.

    Die Tage vergingen nun langsam und unter ständiger Angst, dass sich Uzdys Zustand wieder verschlechtern könnte. Die Besserung schien aber dauerhaft zu sein. Er machte einen gleichmäßig heiteren Eindruck, und Adrienne hielt es für ein gutes Zeichen, dass ihr Mann sich erneut für die wirtschaftlichen Angelegenheiten seines Gutes zu interessieren begann; zuvor, von der Erstellung der Zahlentabellen beansprucht, hatte er dies ganz vernachlässigt. So ordnete er nun an, den Postsack, den man täglich um die Mittagszeit nach Nagyalmás trug, zuerst, bevor er losgeschickt wurde, ihm ins Zimmer zu bringen. Er wolle, sagte er, täglich die Berichte beantworten, die seine Verwalter ihm von entlegenen Gütern schickten. Dieses System hatte er früher schon gepflegt. Er kontrollierte seine Leute immer auf diese Art, durch Unmengen von Schreiben. Dass sich seine Aufmerksamkeit wieder dieser Tätigkeit zugewandt hatte, war ein beruhigendes Zeichen.
    Daran, dass er sich bei solcher Gelegenheit einschloss und die Post zweimal über eine Stunde zurückgehalten hatte, fand Adrienne nichts Besonderes. Ebenso wenig nahm sie daran Anstoß, dass er sich den Sack immer als Letzter geben ließ. Uzdy wohnte im Erdgeschoss, auch pflegte er spät aufzustehen, es schien somit natürlich, dass die Post bei ihm erst anlangte, wenn alle Briefe beisammen waren, und dass der Bote danach seines Weges ging.
    Ein Glück, dachte Adrienne, dass Uzdy diese Verfügung jetzt erst traf, nachdem sie ihren Briefwechsel mit Bálint und Absolon schon beendet hatte. Ein einziges Symptom war von den unheilvollen Zeichen in den letzten Monaten übrig geblieben. Uzdys Blick glitt manchmal auch jetzt auf seine Mutter, und ein hasserfülltes Licht blinkte in seinen Augen. Es war freilich so gedämpft, dass seine Frau glaubte – denn sie wollte es glauben –, es handle sich dabei bloß um ein vorübergehendes Überbleibsel der vergangenen Erregungsperiode.
    Man schrieb Ende November. Herrliches Wetter herrschte, wie dies in Siebenbürgen um den Katharinatag meistens der Fall ist: der Altweibersommer, nach dem plötzlich der erste Schneefall einsetzt.
    Adrienne brach früh zu ihrem gewohnten Spaziergang auf. Von einer der erhöhten Stellen erblickte sie die Kalesche des Hauses, die unten auf der mit Steinen ausgelegten Landstraße leer dahinfuhr. Der Dienerbursche saß neben dem Kutscher. Folglich ging die Fahrt zur Eisenbahnstation. Ein Gast war im Anzug, jemand sollte sich um sein Gepäck kümmern.
    Absolon kam an! Gewiss fuhr die Kutsche ihm entgegen. Ihr Herz schlug heftig: Endlich also würde sie hier befreit! Rasch ließ sie im Geist die Geschehnisse der letzten Wochen passieren. Ja, alle Umstände gaben recht viel Grund zur Zuversicht. Wenn ihre Scheidung je gelingen könnte, dann gewiss jetzt. Uzdy war schon seit langem nicht so ruhig und normal gewesen. Ja, ihr Vorhaben würde, es musste gelingen!
    Die Kalesche fuhr zum Zug, der um halb zehn ankam. Bei der Schnelligkeit der amerikanischen Traber würde Absolon schon in einer Stunde im Schloss eintreffen. Sie wollte bei seiner Ankunft nicht zugegen sein. Niemandem sollte einfallen, dass sie von seiner Herreise gewusst habe. Am besten würde sie erst etwas später wieder zu Hause anlangen. Sie machte deshalb im Wald einen weiten Umweg. Dann schaute sie auf die Uhr: elf Uhr vorbei. Der Gast musste schon seit einer Dreiviertelstunde da sein. Nun durfte sie heimkehren.
    Doch kaum hatte sie beim Abstieg auf dem kurvenreichen Pfad hundert Schritte gemacht, als etwas Unerwartetes geschah. Uzdy sprang hinter einem Baum hervor. Und er schritt diesmal nicht gemessen, sondern hielt eilig, sehr eilig geradewegs auf sie zu, als ob er sie im Versteck belauert hätte. Es verhielt sich tatsächlich so.
    »Ich habe auf Sie warten wollen, liebe Adrienne, und ich freue mich, ich

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