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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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vorgenommen, die Székler zu unterstützen und dies mit einer Ansiedlungsaktion größeren Umfangs zu verbinden, um der Auswanderung der Székler eine andere Richtung zu geben. Er plante die Verteilung von Zuchttieren, die Erteilung von Wirtschaftsunterricht durch reisende Lehrer, und zur Lenkung sah er eine »Székler Außenvertretung« vor, welche die ganze Angelegenheit an Ort und Stelle betreuen würde.
    Die Auswanderung aus dem Széklerland hatte tatsächlich besorgniserregende Ausmaße anzunehmen begonnen. Die zwerghaft kleinen Güter, die immer stärker zerstückelt wurden, konnten diesem fruchtbaren Volk kein Auskommen mehr sichern. Das größtenteils ziemlich magere Land wurde von den Erben in kleinere und noch kleinere Streifen zerschnitten, und auf diesen winzigen Parzellen konnte eine Familie ihr Leben kaum mehr fristen. Die lebenstüchtigen Männer suchten ihre Lage schon seit langem durch Transporte, Forstarbeit und andere kleine Unternehmen zu verbessern, doch weil die Bevölkerung an Zahl immer stärker zunahm, kam neuerdings die Auswanderung in Schwung. Zum Großteil zogen die Leute hinüber nach Rumänien, später dann gingen sie auch nach Amerika. Manche kehrten zurück, doch der größere Teil blieb für immer weg. Der Agrarminister, angeregt vorab durch István Bethlen, wollte zumindest hier, im Széklerland, die Auswanderung eindämmen, die in diesem ersten Jahrzehnt nach der Jahrhundertwende für die damaligen Regierungen ein richtiger Schandfleck war und darüber hinaus ein gefährliches Symptom der Politik, die sich um das Wirtschaftsleben nicht kümmerte. Statt nach den Ursachen der Auswanderung zu forschen und sie zu beseitigen, organisierte man vielmehr die Auswanderung selbst; dies geschah zwar zur Verhinderung von Missbräuchen, doch damit trug der Staatsapparat selber zur Verschärfung der Not bei. Darányi versuchte als Einziger, sie zu bekämpfen.
    Die von Pest angereisten Abgeordneten sowie Mihály Koós, der Ministerialrat, den man als Leiter der Székler Außenstelle ausersehen hatte, kamen von Klausenburg her mit dem Personenzug. Es hätte auch einen Schnellzug gegeben, aber der große Barra war der Meinung, man reise besser in einem Zug, der an jeder Station hält, auf diese Weise könnten die Teilnehmer aus der Region immer zusteigen, sodass sie alle gleichzeitig ankämen. Ein weiterer Vorteil sei, dass der Personenzug an den Bahnhöfen jeweils für längere Zeit stehen bleibe, sodass man Delegationen, wenn sie zur Begrüßung erscheinen sollten, empfangen und vor ihnen Ansprachen halten, sie ermuntern könne.
    Die Staatsbahnen hatten an den Zug zuvorkommend einen Speisewagen angehängt. Auf solche Art gestaltete sich die Reise überaus gemütlich. Barra hielt hier Hof und ließ bei den Diskussionsturnieren, die er so sehr liebte, seine Anhänger exerzieren. Am anderen Ende des Wagens amüsierte der junge Maróth Kuthenváry die Siebenbürger mit den neuesten jüdischen Anekdoten aus Budapest. Er war zwar Journalist in der Hauptstadt, doch mit seinem auf Sándor Petőfi 26 getrimmten Kopf hatte er einen der Wahlkreise in Gyergyó berauscht und war so ins Parlament gezogen, folglich verstand es sich, dass er in der Versammlung der Székler nicht fehlen durfte. Dies waren die zwei Pole der Gesellschaft im Speisewagen. Am einen Ende jene, die an öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten feilten, am anderen diejenigen, die aus vollem Hals lachten.
    Bálint stieg in Aranyosgyéres zu. In den Abteilen sah man zwar, dass die Sitze größtenteils besetzt waren, doch er fand niemanden. In einem anderen Coupé saßen zwar Leute, hier wollte er aber nicht eintreten, denn da reiste, von seinen zwei Sekretären begleitet, Mihály Koós, der unter Verwendung vieler Schriftstücke und Tabellen anscheinend gerade dabei war, mit Bethlen Einzelheiten der Aktion zu besprechen. So begab auch er sich in den Speisewagen.
    Als er dort eintrat, befanden sich die Gruppen der Spaßmacher und der Debattierenden noch im Gleichgewicht. Barra wurde von ähnlich vielen Leuten umgeben wie Kuthenváry, und die beiden Ansammlungen lieferten sich Duelle etwa in derselben Lautstärke. Die Lage erfuhr aber eine Änderung, als in Kocsárd der Zug von Vásárhely her eintraf. Die Ankommenden schlossen sich alle Barra an, unter anderen Zsigmond Boros, der alte Bartókfáy, Béla Varju, Jenő Laczók und Soma Weissfeld. Die Laczóks führten den Titel eines berittenen Székler Kriegers. Auch Soma Weissfelds Präsenz

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