Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
Sommer dort. Da man in Bánffyhunyad jede Woche Markt hielt, liefen hier die Nachrichten aus der Region jeweils am Dienstag zusammen. Und was hätte als Neuigkeit interessanter sein können als das Kommen und Gehen des jungen Abády? Und so erklärte es sich, dass Nyiressy, wiewohl er ungern schrieb, doch jedes Mal, wenn er Neues vernommen hatte, Ázbej mit der Post einen Zettel schickte.
Das war die eine Nachrichtenquelle. Die andere: der Wirt in Lélbánya. Er war über etliche Ecken mit Ázbej verwandt. Er galt als ein Mann, der gern handelte und feilschte, er hatte, zusammen mit Ázbej, schon oft das eine oder andere feine Geschäftchen gemacht. Er mochte außerdem den von Bálint ins Leben gerufenen Landwirteverein nicht; man schenkte dort zwar keinen Wein aus, dennoch entzog der Verein seiner Schankstube manch einen Einwohner. Ebenso wenig gefiel ihm die Aufmerksamkeit, mit welcher der Abgeordnete die Angelegenheiten der Kleinstadt verfolgte. »Dergleichen ist unpassend!« Auch er galt somit als eine gute Quelle. Als schnell und zuverlässig. Ob Bauer, Intelligenzler oder Ladenbesitzer, auf der Heide langweilt sich jedermann. Vernimmt einer neuen Klatsch, dann nimmt er sogar einen zweistündigen Weg auf sich, um ihn irgendwo weiterzuerzählen.
Mithin gelangte auch dieser Nachrichtenstoff pünktlich zum kleinen, dicken Anwalt. Von ihm aber wanderte er auf dem Weg seiner Verbündeten, durch Frau Tóthy und Frau Baczó, weiter zu Róza Abády. Nach dem Mittagsmahl oder dem Abendessen pflegten sich die beiden beleibten Haushälterinnen im Salon an den zwei Enden des langen Tisches niederzulassen, während die alte Gräfin an der Wandseite auf dem Kanapee saß. Alle drei strickten. Sie arbeiteten an den warmen Kleidungsstücken, mit denen Róza Abády jedes Jahr zu Weihnachten die Dorfkinder beschenkte.
War Bálint nicht anwesend, dann begann in solchen Stunden eine der beleibten Frauen zu seufzen. Die andere fragte nach dem Grund. Hierauf dann berichteten sie das Neueste in der Form von Frage und Antwort mit vielen »allerdings« und »ja, allerdings« sowie unter wiederholtem Kopfnicken und Verstummen. Sie richteten das Wort immer aneinander, nie an die Herrin. Auf diese Weise vernahm Bálints Mutter, dass ihr Sohn schon wieder im Wald von Hunyad gewesen sei und dass er – »allerdings« – eine Hütte habe erbauen lassen. »Wo? Tja, neben der Grenze zum Besitz der Uzdys. Ja, allerdings.« »Und wo ist er denn jeweils?« »In Almáskő, allerdings.« Auch die Kuh-Geschichte wurde sogleich zum Gegenstand einer unter viel Entsetzen und Kopfschütteln vorgetragenen Meldung.
So vergifteten Frau Tóthy und Frau Baczó die arme Gräfin Róza. Kein Wunder, dass die alte Dame, mochte Bálint für die Mehrung ihres Vermögens oder im Dienst der Öffentlichkeit noch so tätig sein, ihm gar keinen Glauben schenkte und alles für eine Lüge hielt, mit welcher der Sohn vor ihr sein unseliges Verhältnis zu verbrämen suchte.
Auch diesmal, als Abády ihr mitteilte, dass er nach Homoród verreisen wolle, blickte sie ihn mit glasigen Augen an.
»Ist denn dort Ende Oktober immer noch Saison?«, fragte sie in leicht spöttischem Ton, was in ihrem verhüllten Sprachgebrauch so viel bedeutete: »Wieso besucht die verwünschte Adrienne so spät im Herbst einen Badeort?« Auch Bálint verstand die Frage in diesem Sinn, und er setzte etwas gar wortreich auseinander, dass der Kongress darum dorthin verlegt worden sei, weil es um diese Jahreszeit keinen einzigen Badegast mehr gebe, sodass auf diese Weise Zimmer sowohl im Hotel als auch in den Privatvillen zur Verfügung stünden und hundert oder gar zweihundert Teilnehmer am Kongress eine Unterkunft finden könnten.
»Seltsam, dass man so etwas gerade in Homoród veranstalten muss.«
»Ja, der Ort ist ziemlich ungewohnt. Ich glaube, Sámuel Barra wollte, dass man den Kongress dort durchführt. Doch es stimmt schon, an einem ganz leeren Badeort gibt es mehr und bessere Absteigequartiere als in irgendeiner Provinzstadt …« Und danach begann er über den Vorschlag zu sprechen, den er unterbreiten werde. Ihm lag daran, auch damit zu beweisen, dass er die Reise einzig im öffentlichen Interesse unternahm. Er erläuterte auch das Kongressprogramm. Die Mutter jedoch blickte demonstrativ in eine andere Richtung und begann von etwas anderem zu sprechen.
Dabei war es eine recht interessante Aufgabe, zu deren Prüfung sich die Teilnehmer versammelten. Darányi 25 hatte sich
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