Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
Vom Netzwerk:
Vielleicht lag es daran, dass sie im Wagen, wo sie wortlos saßen, etwas enger zusammenrückten.
    »Sag, Imre, bist du glücklich?«, unterbrach die Frau das Schweigen.
    »Ja«, antwortete der Mann, »ich darf behaupten, dass ich es bin. Oh, es ist wohl nicht solch ein großes … ich weiß gar nicht wie großes … aber das gibt es ja ohnehin nicht. Klára ist wirklich ein liebes Geschöpf, sie hat etwas Vermögen, auch das trifft sich gut, und jetzt bekommen wir ein Kind, das braucht es ebenso …«
    »Siehst du, das freut mich sehr«, sagte Frau Berédy. »Ich habe gewusst, dass für dich das gut sein würde. Darum habe ich es eingefädelt. Denn das war mein Werk, erinnerst du dich?«
    »Ja, richtig. Du hast mich gerade rechtzeitig hinausgeworfen!«, lachte Wárday gutgelaunt.
    Das Gesicht der Frau wandte sich ihm zu. Ihre Lider hoben sich leicht; ein grüner Glanz lag in ihren Augen. »Dabei war es sehr gut mit dir … Aber ich hatte bemerkt, dass du eine Familie brauchtest, ein Heim. Und dass Klára eine nützliche, gute Partie war … Aber meinerseits war es ein großes Opfer«, log sie in ruhigem, ein wenig wehmütigem Ton. – Sie hätte damals den Bruch auf jeden Fall herbeigeführt, denn sie wusste, dass László Gyerőffys Werben um Klára gescheitert und der Augenblick gekommen war, in dem sie ihn selber gewinnen konnte.
    »Ein Opfer?«, wunderte sich Wárday. »Allerliebst! Du hast damals doch gesagt – ich erinnere mich an deine Worte ganz genau: ›Man muss die Speisen von sich schieben, wenn sie am besten schmecken.‹ War es etwa nicht so?«
    »Doch«, und die Frau setzte nun die Opfertheorie nicht weiter fort, sondern fragte lachend: »Und hatte ich nicht recht? Auf diese Weise ist unser Appetit auch heute noch vorhanden, und wenn wir wollten …«
    »Wirklich? Wirklich?«, wiederholte Imre Wárday überrascht und freudig und blickte der Frau aus nächster Nähe in die Augen. Ihre Gesichter berührten sich fast. Fannys Augen weiteten sich langsam, sie wurden riesengroß; das Abendlicht glänzte darin grün, doch sie versprühten auch Willen und Befehl.
    Mit ihrem warmen Hauch flogen kaum vernehmbare Worte dem Gesicht des Mannes zu: »Ich sehne mich heute ebenso nach dir wie einst …«
    Ein langer Kuss. Ein langer, kenntnisreicher, bekannter Kuss, der den Atem abwürgt und Besitznahme ankündigt. Als sie sich keuchend trennten, sprachen sie nicht mehr. Einzig die Hand der Frau suchte seine Hand unter der Pelzdecke – kleine, dünne Finger und dennoch stark und ein wenig reißend. Lange verblieben sie stumm. Fanny redete erst beim großen Rasenplatz vor dem Schloss, als die Kutsche hinüberkurvte: »Wenn sich alle schlafen gelegt haben … die Tür nach der Treppe … sie geht in mein Badezimmer … die erste Tür …«

    Auf drei Seiten des geschlossenen Vierecks, welches das Schloss von Jablánka bildete, folgten die Zellen der einstigen Bewohner, der Paulaner Mönche; unterbrochen wurde die Reihe im Norden durch die Kapelle, während sich in den Ecken hinter der südlichen Fassade zwei kleinere und weiter einwärts zwei größere Zimmer befanden; in der Mitte wiederum zog sich ein riesiger Saal hin, das einstige Refektorium. Da die Szent-Györgyis diesen Saal als Salon eingerichtet hatten, ließen sie auf der östlichen Seite die Wand zwischen dem Eckzimmer und dem mittleren, mit drei Fenstern ausgestatteten Raum abbrechen; so entstand das heutige Esszimmer. Das parallele Eckzimmer auf der anderen Seite, das neben dem kleinen Salon der Gräfin lag, blieb dagegen die Bibliothek, als welche es zuvor schon gedient hatte.
    Die Gäste versammelten sich wie gewohnt im großen Saal zum Abendessen. Bálint war mit seinen Vorbereitungen früh fertig geworden. Beim Eintreten glaubte er erst, es sei noch niemand da. Auf sein Kommen hin erhob sich aber ein untersetzter, etwas beleibter, ältlicher Priester aus einem Fauteuil mit der Rückenlehne zur Tür, der beim Cheminée stand. Kleine, schwarze Augen und darüber mächtige Brauen markierten sein gepflegtes Gesicht. Seine eher kurze Nase war dünn und spitz. Eine breite, rote Seidenschärpe über seiner gut geschnittenen, mit einem Kragen versehenen Soutane bedeckte sein rundes Bäuchlein. Er kam ihm entgegen und stellte sich vor: »Stiftsherr Czibulka«, sagte er mit leicht slowakischem Tonfall, und als auch Abády seinen Namen nannte, fügte er jovial hinzu: »Oh, von Ihnen, Herr Graf, habe ich viel Gutes vernommen. Sie arbeiten in Siebenbürgen klug

Weitere Kostenlose Bücher