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Verstand und Gefühl

Titel: Verstand und Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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wessen Schuld ist das? Warum läßt er es nicht instand setzen? Wer sonst sollte das tun als er selbst?«
    Sie wurden unterbrochen, da der Diener hereinkam, um anzukündigen, daß die Kutsche vorgefahren sei; und Mrs.   Jennings sagte, während sie sofort aufstand, um zu gehen: »Na, meine Liebe, ich muß fort, und ich bin noch nicht zur Hälfte fertig. Aber wir können ja am Abend weiterreden, denn wir werden ganz allein sein. Ich bitte Sie nicht, mit mir zu kommen, denn bestimmt ist Ihr Kopf viel zu voll, um sich Gesellschaft zu wünschen; und außerdem muß es Sie danach verlangen, alles Ihrer Schwester zu erzählen.«
    Marianne hatte das Zimmer verlassen, bevor die Unterhaltung begann.
    »Gewiß, Ma’am, werde ich es meiner Schwester erzählen; aber ich werde es vorerst noch niemand anders gegenüber erwähnen.«
    »Oh – nun gut«, sagte Mrs.   Jennings, ziemlich enttäuscht. »Dann wollen Sie wohl nicht, daß ich es Lucy erzähle, denn ich gedenke heute, bis nach Holborn zu fahren.«
    »Nein, Ma’am, nicht einmal Lucy, wenn ich Sie bitten darf. Ein Tag Aufschub macht ja nicht soviel aus; und ich meine, bis ich an Mr.   Ferrars geschrieben habe, sollte es niemand anders gegenüber erwähnt werden. Ich werde das sogleich tun. Es ist wichtig, daß seinetwegen keine Zeit versäumt wird, denn er wird für seine Priesterweihe natürlich noch viel tun müssen.«
    Diese Worte verwunderten Mrs.   Jennings aufs höchste. Warum an Mr.   Ferrars so eilig geschrieben werden mußte, konnte sie nicht gleich begreifen. Ein paar Augenblicke der Überlegung brachten sie jedoch auf eine sehr erfreuliche Idee, und sie rief aus: »Ah, ich verstehe! Mr.   Ferrars soll es sein. Na, um so besser für ihn. Ja, ja, er muß rasch ordiniert |310| werden; und ich bin sehr froh zu hören, daß die Dinge zwischen Ihnen so weit gediehen sind. Aber meine Liebe, ist das nicht ziemlich ungewöhnlich? Sollte der Colonel nicht besser selbst schreiben? Bestimmt ist er der Richtige dafür.«
    Elinor verstand nicht ganz, was Mrs.   Jennings mit dem Beginn ihrer Rede meinte, und sie hielt es auch nicht für wert, weiter nachzufragen; deshalb antwortete sie nur auf ihre letzten Worte.
    »Colonel Brandon ist ein so feinfühliger Mensch, daß er es lieber hat, wenn jemand anders als er Mr.   Ferrars seine Absichten kundtut.«
    »Und so sind
Sie
also genötigt, es zu tun. Na,
das
ist eine merkwürdige Art von Feinfühligkeit! Aber ich will Sie nicht länger stören (da sie sah, daß Elinor sich zum Schreiben anschickte). Sie wissen am besten, was für Sie richtig ist. Also, auf Wiedersehen, meine Liebe. Seit Charlottes Niederkunft habe ich nichts mehr gehört, was mich so erfreut hätte.«
    Und damit ging sie, kehrte jedoch augenblicklich wieder um.
    »Ich habe gerade an Bettys Schwester gedacht, meine Liebe. Ich wäre sehr froh, wenn ich ihr eine so gute Herrin verschaffen könnte. Ob sie allerdings gut genug sein wird als Zofe, kann ich nicht sagen. Sie ist ein ausgezeichnetes Hausmädchen und kann sehr gut nähen. Aber das alles können Sie sich ja in Ruhe überlegen.«
    »Gewiß, Ma’am«, erwiderte Elinor, ohne viel hinzuhören, was sie sagte, und mehr darauf bedacht, allein zu sein, als sich Gedanken zu machen, was Mrs.   Jennings meinen könnte.
    Wie sie beginnen sollte – wie sie sich in ihrem Brief an Edward ausdrücken sollte, war nun ihre ganze Sorge. Das besondere Verhältnis zwischen ihnen machte dies für sie zu einem schwierigen Unternehmen, während es für jeden anderen die leichteste Sache der Welt gewesen wäre; ebenso fürchtete sie, daß sie zuviel oder zuwenig sagen könnte, und sie saß, mit der Feder in der Hand, über ihrem Briefbogen und überlegte, bis sie darin unterbrochen wurde, weil Edward plötzlich selbst erschien.
    |311| Er hatte Mrs.   Jennings auf ihrem Weg zur Kutsche an der Tür getroffen, als er gerade kam, um seine Abschiedskarte abzugeben; und sie hatte ihn – nachdem sie sich entschuldigt hatte, daß sie nicht selbst mit ihm wieder hineinging – genötigt einzutreten, indem sie ihm sagte, daß Miss Dashwood oben sei und sie ihn in einer ganz besonderen Angelegenheit zu sprechen wünsche.
    Elinor hatte sich gerade inmitten ihrer verwirrenden Überlegungen beglückwünscht, daß es, wie schwierig es auch sein mochte, sich im Brief angemessen auszudrücken, doch zumindest einer mündlichen Mitteilung vorzuziehen war, als ihr Besucher eintrat und sie nun doch nötigte, sich dieser so viel größeren

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