Versteckt
vor dem Supermarkt und stiegen aus. Casey griff unter den Fahrersitz, zog eine grüne Tasche mit langem Riemen hervor und hängte sie sich über die Schulter.
»Dan, besorgst du uns ein paar Sixpacks? Und Steven, kauf diesmal bitte genießbare Cracker, ja?«
Steven hielt uns die Tür auf, lächelte und erschauderte, weil es im Laden so kalt war. Ich war der Einzige, der für die klimatisierte Umgebung angemessen gekleidet war. Ich weiß nicht, warum sie es damit in den Supermärkten immer so übertreiben. Man hätte dort Leichen einfrieren und für alle Ewigkeit vor der Verwesung bewahren können. Die Mädchen trugen nur Shorts und Neckholder-Tops. Steven hatte ein knallbuntes, kurzärmliges Hawaiihemd an – sein Markenzeichen, wie ich später herausfinden sollte. In Kombination mit der dünnen weißen Leinenhose ließ es ihn gut betucht und stilvoll wirken. Trotzdem fror auch er.
Ich ging rüber zum Bier.
Es dauerte eine Weile, bis ich das dunkle Heineken gefunden hatte. Ich nahm noch zwei Sixpacks Budweiser dazu und ging zur Kasse, wo Steven bereits zwei Packungen Cracker bezahlte. »Ich bin schon mal draußen«, sagte er zitternd.
Ich bezahlte das Bier. Während die Kassiererin es in eine Papiertüte packte, sah ich, wie Kim sich hinter einer Frau in die Schlange einreihte. Sie hatte ein Päckchen Butter in der Hand, ein Baguette unter den Arm geklemmt und lächelte mich auf eine Weise an, die nichts Gutes verhieß. Ich folgte ihrem Blick und drehte mich um.
Und da spazierte Casey ganz unbekümmert zur Ladentür hinaus. Die grüne Tasche sah aus, als wäre sie mit Äpfeln und Wassermelone vollgestopft.
Ich nahm meine Einkäufe und folgte ihr nach draußen. Casey war bereits eingestiegen, und Steven ließ den Motor an. Ich gab ihr die Tüte, und sie sah mich aus listigen, heiteren hellblauen Augen an.
»Du siehst nicht besonders glücklich aus.«
»Unglücklich aber auch nicht.«
»Wir beklauen nur Großkonzerne.«
»Die werden das ja verkraften.«
»Und wir klauen nur Delikatessen. Guck.«
Sie leerte die Tasche auf den Sitz: zwei große Gläser isländischer Kaviar, geräucherte Würstchen, Gänseleberpastete. Verschiedene Käsesorten, Austern und Tintenfisch.
»Das Mittagessen ist jedenfalls gesichert.«
»Allerdings. Macht dir das gar nichts aus?«
»Wieso sollte es?«
»Na ja, das ist immerhin deine Stadt.«
»Aber nicht mein Supermarkt.«
Das schien sie irgendwie zu erleichtern. Hatte ich soeben eine Prüfung bestanden? Ich fragte mich, was sie noch für mich auf Lager hatte und wie weit ich gehen wollte. Sie sah mich so lange an, bis ich mich unbehaglich fühlte.
Dann kam auch Kim zum Auto. Sie warf einen Blick auf den Rücksitz und kicherte.
»Fette Beute?«
»Fetter geht’s nicht. Spring rein.«
Es hörte sich irgendwie komisch an. »Spring rein.« Die Worte waren an Kimberley gerichtet, aber irgendwie auch an mich. Anscheinend war ich jetzt mit im Boot, und mir lief es kalt den Rücken runter.
»Auf zum Strand!«
»Kann man hier irgendwo nackt baden?«
Steven fuhr auf der engen, kurvenreichen Straße bedenkliche hundert Sachen, war jedoch der Meinung, das Auto so gut unter Kontrolle zu haben, dass er mir über die Schulter hinweg diese Frage stellen konnte. Ich war anderer Ansicht und beugte mich vor, damit er es nicht noch einmal tat.
»Hier nicht. Drüben in Echo Beach. Und es gibt ein paar Stellen bei Bar Harbour.«
»Hier nicht?«
»Die Polizei sieht das nicht so gern.«
»Scheiß drauf.«
Er wandte sich jetzt mit einem teuflischen Grinsen, das gleichzeitig belustigt und verärgert wirkte, vollends zu mir um.
Komischer Kauz, dachte ich. Wie er wohl zu den Mädels stand? Ganz offensichtlich wollte er sie beeindrucken – das bunte Hawaiihemd, sein Fahrstil. Außerdem hatte er ständig Casey im Auge, egal, mit wem er sprach. Er wollte sie nicht nur einbeziehen, sondern suchte ihre Anerkennung. Er sah gut aus, hatte ein dunkles, ebenmäßiges Gesicht mit leichtem Latino-Einschlag. Trotzdem strahlte er eine gewisse Unsicherheit aus. Ich hatte das Gefühl, dass er genau wie ich nicht so recht wusste, worauf er sich hier einließ.
Man konnte wohl davon ausgehen, dass er ein bisschen in Casey verschossen war. Daher die heimlichen Blicke. Aber war er nicht mit Kimberley zusammen? Sie jedenfalls schien dieser Ansicht zu sein: Während der Fahrt legte sie ihren Arm mit den blonden Härchen wie selbstverständlich um seine Schulter. Ab und zu spielten ihre Finger mit dem Haar in
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