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Versteckt

Versteckt

Titel: Versteckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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sich ausgedacht. Wenn ich an diese verwirrten, benommenen Hundeaugen denke …
    … sie hätten ihre Rache verdient gehabt.

4
    Spätestens drei oder vier Tage nachdem wir uns kennengelernt hatten, erzählte ich ihnen von Ben und Mary. Mittlerweile waren Casey und ich drauf und dran, uns ineinander zu verlieben.
    An jenem Abend in der Kneipe hatte ich genug damit zu tun, meine Hände bei mir zu behalten und Konversation zu machen. Ich bin ja nicht blöd. Bei manchen Frauen geht man aufs Ganze, bei anderen lässt man es ruhig angehen. Und dann gibt es Frauen, die einen nur wollen, wenn man es nicht zu verbissen versucht, wenn sie merken, dass man gelassen und hart genug ist, um auch ohne sie klarzukommen. Mädchen wie Casey erwarten Gelassenheit und Selbstvertrauen. Hätte ich sie bedrängt, hätte ich mich schon mal auf einen langen Fußweg nach Hause einstellen können, so viel war sicher.
    Also wartete ich geduldig ab, war nett und freundlich, interessiert, aber nicht verzweifelt.
    Trotzdem musste ich allein nach Hause gehen.
    Später am selben Abend, als ich gerade aus dem Diner an der Ecke kam, sah ich die drei in Caseys weißem Chevy vorbeifahren. Sie winkten mir zu und lachten, hielten jedoch nicht an.
    Das war’s dann wohl, dachte ich.
    Unsere Unterhaltung in der Bar war eigentlich ganz unverfänglich gewesen – zu unverfänglich, wie es aussah. Vielleicht hatte ich mich zum Trottel gemacht.
    Doch so war es nicht.
    Am nächsten Tag kamen sie gegen Mittag bei der Sägemühle vorbei.
    Ich war hinten und verlud einen Haufen Bretter mit dem Gabelstapler. Casey trat aus dem Hintereingang des Ladens, als ich gerade wendete, um die nächste Ladung aufzunehmen. Um ein Haar hätte ich sie mit einer der Gabeln geköpft. Wenn das mein Chef gesehen hätte, hätte er mich auf der Stelle gefeuert. Ich schaltete den Motor aus und stieg ab.
    »Kunden aufzuschlitzen ist ein Kündigungsgrund.«
    »Ich bin aber kein Kunde. Ich bin deine Cousine aus New Paltz. Deine Tante – meine Mutter – liegt im Sterben, und ihr letzter Wunsch ist es, noch einmal ihre Schwester und ihren Lieblingsneffen zu sehen. Du hast den Rest des Tages frei, hab ich alles schon arrangiert. Ich musste deinen Chef nicht mal drum bitten.«
    »Hä?«
    »Ich soll dir sagen, dass du dir den Rest des Tages freinehmen kannst.«
    »Du hast vielleicht Nerven.«
    »Und ob. Bist du jetzt sauer?«
    Ihre Frage war ernst gemeint, nicht neckisch. Wenn ich wirklich dachte, dass sie zu weit gegangen war, wollte sie das auch wissen. Obwohl ich so das Gefühl hatte, dass sie sich nicht den Nachmittag verderben lassen würde – egal, wie meine Antwort lautete.
    »Nein, bin ich nicht. Dafür ist es viel zu heiß. Hauen wir ab.«
    Wir gingen wieder in den Laden. Ich bedankte mich bei Mr. McGregor und war froh, dass er gerade einen Kunden bediente, weil vor dem Laden Kim und Steven im Chevy mit heruntergelassenem Verdeck saßen und auf uns warteten. Ein sehr verdächtiger Haufen Verwandtschaft aus New Paltz.
    »Dan Thomas – Steven Lynch und Kimberley Palmer.«
    »Kimberley.«
    Sie wischte sich die Hand an ihrer Shorts ab, eine nervöse, flatterhafte Bewegung. Dann streckte sie sie mir hin, und ich schüttelte sie. Die Hand war klein und zart, weich und trocken.
    Steven grinste mich an, nickte und packte meine Hand etwas zu fest. Dann stieg ich ein. Es war sehr eng, und ich sah mich nach Mr. McGregor um.
    »Können wir losfahren? Jetzt sofort?«
    »Geht klar.«
    Er gab Vollgas, und ich verzog unwillkürlich das Gesicht. Ich stellte mir gerade Mr. McGregor vor, wie er zum Fenster stürzte und vier Jugendliche in einem Oldtimer-Cabrio über seinen Parkplatz rauschen sah, und legte mir im Geiste schon mal eine Entschuldigung für morgen zurecht. Da würde es einige Wogen zu glätten geben.
    Man musste brüllen, um sich über den Fahrtwind hinweg verständlich zu machen.
    »Wo fahren wir hin?«, rief ich.
    »Zum Strand.« Caseys warmer Atem drang an mein Ohr. »Aber vorher zum Supermarkt. Wir müssen noch was besorgen.«
    »Alles klar.«
    Steven schaltete das Radio ein und drehte es so laut, dass man sich überhaupt nicht mehr unterhalten konnte. Seine langen schlanken Finger trommelten im Takt auf dem Lenkrad. Hin und wieder stieg mir Caseys Parfüm in die Nase, ein frischer und gar nicht süßlicher oder moschusartiger Duft. Kim, die auf dem Beifahrersitz saß, drehte sich zu uns um und lächelte. Das Lächeln war schief, aber ihre Zähne waren strahlend weiß.
    Wir hielten

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