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Versteckt

Versteckt

Titel: Versteckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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seine ersten Schritte machte. Ich spürte etwas Glitschiges unter meinen Sohlen, wahrscheinlich ein Ölfleck.
    Lappen. Ein Haufen alter Lappen. Da würde sich selbst Casey nicht drunter verstecken. Also auf zur gegenüberliegenden Seite des Hauses. Zur Rückseite.
    Ein sanfter Windstoß kam aus dieser Richtung und brachte den Geruch von Verwesung mit sich.
    Ich schob mich an der Treppe vorbei und versuchte, durch die Stützbalken etwas zu erkennen, doch dafür war es viel zu dunkel.
    »Casey?«
    Keine Antwort. Wahrscheinlich musste man »Anschlag!« oder »Hab dich!« oder so rufen. Blödes Spiel.
    »Hab dich!«
    Scheiße.
    Plötzlich ging mir ein Licht auf. Ich wusste, wo sie sich versteckt hatte. Ich war mir hundertprozentig sicher.
    In der Standuhr.
    Mir war schon beim ersten Besuch hier unten aufgefallen, wie groß das Gehäuse war. So groß wie ein Schrank. Man konnte sich leicht hineinquetschen. Typisch – sie suchte sich in dieser Bruchbude den einzig geschmackvollen Gegenstand aus, um sich darin zu verstecken. Sie war völlig irre, aber sie hatte Stil. Sie war in der Uhr, garantiert.
    Doch wo war noch mal die verdammte Uhr?
    Auf dieser Seite war es noch finsterer – sofern das überhaupt möglich war. Das fahle Licht von oben reichte nicht ansatzweise bis hierhin. Es konnte ja schließlich nicht um die Ecke biegen oder zwischen den Stufen und Stützbalken hindurchschlüpfen. Stattdessen beschien es Farbeimer und alte Lappen und große Haufen von allem möglichen Schrott. Mond, wo bist du, wenn man dich braucht? Ich konnte noch nicht mal die Wand erkennen. Alles war pechschwarz. Meine geweiteten Pupillen versuchten es noch ein letztes Mal, dann gaben sie auf.
    Ich tastete mich wie ein Blinder vorwärts. Verließ mich auf meine anderen Sinne. Den Tastsinn (Spinnweben). Den Geruchssinn (Schimmel, Moder). Mein Gehör (hier unten war jemand etwas unsicher auf den Beinen).
    »Casey? Komm aus der Uhr raus, Casey.«
    Stille. Sie machte es mir nicht leicht.
    Irgendetwas krabbelte über mein Gesicht, und um ein Haar wäre ich in Panik ausgebrochen. Wahrscheinlich habe ich geschrien, mit Sicherheit schlug ich mir ins Gesicht, bis mir der Kiefer wehtat und etwas Kühles, Feuchtes an meiner Wange klebte.
    Ich hasse Spinnen. Spinnen und Schlangen.
    Schlangen und Spinnen und die Dunkelheit.
    Wenigstens waren mir die Schlangen erspart geblieben. Vielen Dank, Casey.
    Scheiß drauf. Am liebsten hätte ich ein Streichholz angezündet. Aber ich biss die Zähne zusammen.
    Sobald ich zu zittern aufgehört hatte, suchte ich weiter.
    Stand die Uhr auf der linken oder auf der rechten Seite? Ich konnte mich nicht erinnern. Hier lag so viel Schrott, dass ich völlig verwirrt war. Ich musste es langsam angehen, mich vortasten. Endlich erreichte ich die Wand. Vor mir stand ein kleiner Pflug – das dachte ich zumindest. Ich musste an das Gleichnis von den blinden Männern und dem Elefanten denken. (»Das ist eine Anakonda!«) Doch ich war mir so gut wie sicher, dass es ein Pflug war.
    Ich tat einen Schritt nach links und streifte mit dem Fuß einen Eimer. Ich griff hinein und ertastete eine verstaubte alte Gürtelschnalle. Daneben standen noch weitere Kübel mit Nägeln und Fensterbeschlägen. Langsam konnte ich mich wieder erinnern. Früher oder später würden sich meine Augen selbst an diese Dunkelheit gewöhnen, doch ich war mit meiner Geduld am Ende. Die Spinne hatte mich völlig aus der Fassung gebracht.
    Wenn mich meine Erinnerung nicht täuschte, befand sich die Uhr in dieser Richtung. Der riesige Schrotthaufen war zu meiner Rechten, also lag die Uhr links.
    Ich ging darauf zu, indem ich mich mit beiden Händen an der Wand entlangtastete. Ich spürte die Zinken eines Gartenrechens. Eine Schaufel. Langsam arbeitete ich mich vor. An einem Nagel in der Wand hing ein großer Messingschlüssel. Daneben stand etwas, das sich wie ein Vogelkäfig anfühlte. Hufeisen. Noch eine Schaufel. Eine Peitsche. Die Wand selbst war kalt, rau und schmierig.
    Der Windstoß wurde kräftiger.
    Ich trat gegen etwas Hartes, Metallisches, das leicht zur Seite rutschte. Ich ging darauf zu und beugte mich vor.
    Der Waschzuber.
    An den Waschzuber konnte ich mich genau erinnern. Er hatte direkt neben der Uhr gestanden. Jetzt befand er sich vor mir auf dem Boden. Was bedeutete, dass die Uhr …
    Genau hier war.
    Ich konnte sogar ihre Umrisse erkennen. Ich griff danach.
    Die Türen des Gehäuses standen offen.
    Die Uhr war leer.
    Ich spürte etwas Saures im

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