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Verstohlene Kuesse

Titel: Verstohlene Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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halbe Drehung und packte den Knöchel des jungen Mannes, worauf dieser aus dem Gleichgewicht geriet.
    Edison nutzte die Gelegenheit. Er ließ einen Schauer kurzer, heftiger Schläge auf ihn hinabregnen, die seinen Gegner nicht verletzten, sondern ihn lediglich weiter aus der Balance brachten.
    Der junge Kämpfer warf sich auf den Boden und rollte auf Edison zu.
    Er hatte sich wirklich schnell erholt. Geradezu beeindruckend. Die Bewegung war Teil der Strategie der Überraschung, wusste Edison.
    Er entschied sich für dieselbe Strategie und sprang, statt auszuweichen, über die Gestalt hinweg, machte eine halbe Drehung in der Luft und traf geschmeidig wieder auf dem Boden auf.
    Zu spät erkannte der Angreifer, dass Edison sein Manöver durchschaut hatte. Er sprang blitzschnell wieder auf die Füße, aber es war zu spät.
    Edison stand bereits über ihm und drückte ihn erneut auf den nassen Stein. Er spürte, wie sein Opfer vor Furcht und Zorn bebte.
    »Es ist vorbei«, sagte er sanft.
    Während eines kurzen, angespannten Augenblicks fürchtete er, der Kämpfer wäre nicht zur Aufgabe bereit. Dann hätte er tatsächlich ein Problem. Also suchte er nach den förmlichen Worten, die es seinem Gegner gestatteten, sein Gesicht zu wahren, obgleich er unterlegen war.
    »Obgleich ich den Zirkel verlassen habe, wird meine Ehre von keinem Mitglied der Gesellschaft und von niemandem auf Vanzagara selbst in Frage gestellt«, erklärte er. »Aus diesem Grund fordere ich von Ihnen den Respekt, den ein Schüler einem wahren Meister entgegenzubringen hat. Ergeben Sie sich mir.«
    »Ich ... ergebe mich.«
    Edison zögerte ein paar Sekunden, doch dann ließ er von seinem Opfer ab und richtete sich auf. »Stehen Sie auf, nehmen Sie diese lächerliche Maske ab und treten Sie ins Licht.«
    Widerstrebend rappelte der junge Mann sich auf und hinkte in Richtung des Lichts, das aus den Fenstern der Spielhölle in die dunkle Gasse fiel. Dort angekommen, blieb er stehen und zog sich die Maske vom Gesicht.
    Edison blickte ihn an und unterdrückte mühsam einen Seufzer. Er hatte wirklich Recht gehabt. Der Kämpfer konnte nicht älter als achtzehn oder neunzehn Jahre sein. Nicht älter als er selbst, als er mit Ignatius Lorring gen Osten gesegelt war. Er bemerkte den störrischen Blick des jungen Mannes und stellte fest, dass er ein Spiegel seines eigenen damaligen Blickes war.
    »Wie heißen Sie?«, fragte er ruhig.
    »John. John Stoner.«
    »Wo lebt Ihre Familie?«
    »Ich habe keine Familie. Meine Mutter starb vor zwei Jahren. Und außer ihr gab es niemanden.«
    »Was ist mit ihrem Vater?«
    »Ich bin ein Bastard«, kam die tonlose Erwiderung.
    »Das hätte ich mir denken sollen.« Die Geschichte war ihm derart bekannt, dass er erschauderte. »Seit wann sind Sie ein Vanzaschüler, John Stoner?«
    »Seit beinahe einem Jahr.« Die Worte verrieten einen verzweifelten Stolz. »Mein Meister sagt, ich lerne schnell.«
    »Wer ist Ihr Meister?«
    John blickte zu Boden. »Bitte, fragen Sie mich nicht nach ihm. Ich kann es Ihnen nicht sagen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil er gesagt hat, Sie wären sein Feind. Obgleich Sie mich im ehrenwerten Kampf besiegt haben, kann ich meinen Meister nicht an Sie verraten. Das hieße, den kläglichen Rest meiner Würde zu opfern, der mir noch verblieben ist.«
    Edison trat näher an den jungen Mann heran. »Würden Sie mir seinen Namen nennen können, wenn Sie wüssten, dass er ein falscher Meister ist? Er hat Sie nicht das wahre Vanza gelehrt.«
    »Nein.« John hob ruckartig den Kopf. »Das glaube ich Ihnen nicht. Ich habe hart studiert. Ich habe meinem Meister treu gedient.«
    Edison dachte über seine Möglichkeiten nach. Wahrscheinlich könnte er den Namen des Abtrünnigen aus John herauspressen, aber dadurch würde der junge Mann tatsächlich seiner Würde, seines letzten wertvollen Besitztumes, beraubt. Edison erinnerte sich allzu gut daran, was für ein Gefühl es war, wenn man außer seiner Ehre nichts besaß.
    Er blickte durch eins der Fenster in die Spielhölle. Im grellen Licht der Lampen waren die verruchten Gestalten zu sehen, die zu viel tranken und zu viel aufs Spiel setzten. Gestalten, die nichts mehr zu verlieren hatten, denn sogar ihre Ehre hatten sie bereits vor langer Zeit verspielt. Nach seinem Versagen heute Nacht würde es für John ein Leichtes sein, es diesen nichtsnutzigen Gecken gleichzutun.
    Edison fasste einen Entschluss. »Kommen Sie mit.«
    Er machte auf dem Absatz kehrt und marschierte auf

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