Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Verstohlene Kuesse

Titel: Verstohlene Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
Vom Netzwerk:
besten Willen nicht verstand. Eigentlich hätte es ihm gefallen sollen, dachte er. Es war ein prachtvoller Bau im griechischen Stil, mit klassischen Linien und wohlproportionierten Räumlichkeiten. Trotzdem kam es ihm immer kalt und irgendwie bedrückend vor, und bereits vor langer Zeit hatte er es in Gedanken mit dem Titel Exbridge-Festung belegt.
    Er durchquerte den Salon in Richtung des Sofas, auf dem Victoria, Lady Exbridge, saß. Eine strenge, einsame Königin von einer Frau. Es war zu Zeiten wie dieser, dachte er, dass er den Nutzen guten Benehmens sah. Es war sowohl Schwert als auch Schild in den brutal höflichen Gefechten, die er und Victoria sich regelmäßig lieferten.
    »Edison.« Victoria bedachte ihn mit dem strengen, herablassenden Blick, der so sehr Teil ihres Wesens war. »Es wurde höchste Zeit, dass du endlich hier auftauchst.«
    »Ich glaube, Ihre Nachricht besagte, dass ich um drei bei Ihnen erscheinen sollte, Lady Exbridge.« Er sprach sie nie als Großmutter an. Das zu tun hätte bedeutet, dass er einen winzigen Teil des Bodens preisgab, den zu verteidigen er sich geschworen hatte. Sie hatte ihn nie als Enkelsohn gewollt, noch nicht einmal, nachdem das Exbridge'sche Vermögen von ihm für sie gerettet worden war. Aus diesem Grund wollte er verdammt sein, wenn er je zugäbe, dass er sich wünschte, sie wäre für ihn tatsächlich eine Großmutter. »Und jetzt ist es genau drei Uhr.«
    Während er seinen Kopf förmlich über ihre Hand beugte, unterzog er seine Gegenspielerin einer verstohlenen Musterung. Victoria war wie gewöhnlich in Kampfstimmung, vielleicht sogar noch etwas versessener auf eine Auseinandersetzung als sonst.
    Das Alter hatte ihrem einst sicher betörenden Gesicht ein paar Falten hinzugefügt, aber nichts würde je das Glitzern in ihren goldbraunen Falkenaugen trüben, dachte er. Augen, die, wie er wusste, seine eigenen Augen widerspiegelten.
    Victoria trug den Mantel aus Eleganz und Stil so natürlich, als ob sie mit ihm auf die Welt gekommen wäre, dachte er. Ihr mit einer hohen Taille versehenes, silbergraues Vormittagskleid mit den adretten Rüschen und den vollen Ärmeln war offensichtlich das Werk einer teuren französischen Schneiderin. Es passte perfekt zu ihrem silbergrauen Haar.
    Edison war sich der Tatsache bewusst, dass ihr natürlicher Sinn für Stil in Verbindung mit ihrer Position als Frau eines reichen Vicomte sie früher einmal zu einer schillernden Gastgeberin gemacht hatte. Ihre Soireen, Bälle und eleganten Salons hatten sie einst in den sogenannten besseren Kreisen berühmt gemacht. Und auch nachdem ihr Gatte, als ihr Sohn Wesley vierzehn gewesen war, das Zeitliche gesegnet hatte, hatte sie sich weiter munter in der Gesellschaft bewegt.
    Doch all das hatte sich mehrere Jahre später nach Wesleys Tod gelegt, als sie hatte erfahren müssen, dass er das Familienvermögen verspielt hatte. Zu dem Zeitpunkt hatte sie sich ganz aus dem gesellschaftlichen Treiben zurückgezogen und verließ seither kaum jemals noch das Haus. Stattdessen erging sie sich in der Einsamkeit ihres Wintergartens, die einzig durch gelegentliche Besuche einer Hand voll alter Freundinnen durchbrochen wurde. Noch nicht einmal die Wiedererlangung der Exbridge'schen Reichtümer hatte sie aus ihrer selbst auferlegten Einsamkeit befreit. Aber was hatte er auch erwartet, fragte sich Edison. Dass sie ihm dankbar sein würde dafür, dass sie durch ihn vor der Schande des Bankrotts errettet worden war? Als könnte eine solche Geste seitens des illegitimen Enkels den Verlust des legitimen Sohnes und Erben wieder wettmachen.
    »Du hättest mich sofort nach deiner Rückkehr in die Stadt von deiner Verlobung in Kenntnis setzen sollen«, eröffnete Victoria das heutige Gefecht. »So habe ich durch Arabella Stryder davon erfahren. Ich wusste wirklich nicht, was ich sagen sollte.«
    Arabella war, so wusste Edison, eine der wenigen Freundinnen, die Victoria noch regelmäßig sah.
    »Ich bezweifle, dass selbst ein in Ihrem Salon ausbrechender Vulkan Ihnen jemals die Sprache verschlagen würde, Madam.« Er sah sie mit seinem humorlosen Lächeln an. »Und noch weniger kann ich mir vorstellen, dass irgendwelche Neuigkeiten von meiner Wenigkeit so etwas bewirken könnten.«
    »Man sollte meinen, nachdem ich deine Verachtung für alle gesellschaftlichen Gepflogenheiten bereits häufig genug zu spüren bekommen habe, hätte ich mich allmählich daran gewöhnt. Aber dieses Mal bist du einfach zu weit gegangen,

Weitere Kostenlose Bücher