Verstohlene Kuesse
suchte, wenn er die dunklen, gefährlichen Gefühle beruhigen musste, die derartige Gespräche in ihm wachriefen, immer seinen Wintergarten auf.
Er beobachtete, wie sie ihre Tasse Tee an ihre Lippen hob. Das zarte Porzellan klirrte leicht gegen ihre Zähne.
Es sollte ihm einige Befriedigung bereiten zu wissen, dass er die Macht besaß, sie an den Rand ihrer Beherrschung zu treiben, dachte er. Aber wie gewöhnlich hob diese Erkenntnis seine Stimmung nicht. Wie immer fragte er sich auch heute, was er von dieser imposanten Frau eigentlich wollte. Weshalb brach er diese von Streitereien geprägte, unangenehme Beziehung nicht einfach ab? Weshalb ignorierte er nicht, dass es Victoria, Lady Exbridge, gab? Schließlich sehnte sie sich ganz offensichtlich nicht gerade nach seiner Aufmerksamkeit.
»Du weißt genau, dass ich dich heute herbestellt habe, um die Wahrheit über deine sogenannte Verlobung aus deinem eigenen Mund zu hören«, kam Victorias eisige Erwiderung.
»An der Verlobung gibt es nichts Sogenanntes. Ich bin wirklich verlobt.«
»Ich weigere mich zu glauben, dass du diese ... diese Mörderin tatsächlich ehelichen willst.«
»Passen Sie auf, was Sie da sagen«, warnte er in leisem Ton. »Falls nötig, bin ich bereit, vor Gericht zu bezeugen, dass Miss Greyson zum Zeitpunkt von Cranes Ermordung bei mir gewesen ist.«
»Crane wurde mitten in der Nacht erschossen. Arabella sagte, als du und Miss Greyson am Tatort erschienen seid, hätte sie ein Nachthemd, eine Haube und einen Morgenmantel angehabt. Es hätte ausgesehen, als wäre sie gerade aus dem Bett gekommen.«
Edison zog die Brauen hoch. »Und was wollen Sie damit sagen, Madam?«
»Ich will damit sagen, dass sie, falls sie keine Mörderin ist, falls sie tatsächlich zum Zeitpunkt von Cranes Tod bei dir gewesen ist, offensichtlich in deinem Bett gelegen hat. Das bedeutet, dass sie nichts anderes als ein gewöhnliches, kleines Flittchen ist. Du bist also nicht im Geringsten verpflichtet, ihr schützend beizustehen.«
»Weder Sie noch irgendjemand anders hat das Recht, meine Verlobte als Flittchen zu bezeichnen«, stieß Edison zwischen zusammengepressten Zähnen aus.
Wieder starrte Victoria ihn mit großen Augen an. »Sie kann für dich doch wohl unmöglich etwas anderes als ein flüchtiges Abenteuer sein.«
»Sie ist meine zukünftige Frau.« Edison zog seine Taschenuhr hervor und klappte den Deckel auf. »Ich bedaure sagen zu müssen, dass es bereits recht spät geworden ist.« Er schob die Uhr in die Westentasche zurück. »So leid es mir auch tut, dieses reizende Gespräch abrupt beenden zu müssen, fürchte ich, dass ich mich für heute von Ihnen verabschieden muss, Madam.«
»Falls du tatsächlich in Erwägung ziehst, diese Miss Greyson zu heiraten«, sagte Victoria, »dann kann es nur deshalb sein, weil du dir irgendeinen Gewinn davon versprichst.«
»Gewinn?«
»Deine geschäftlichen Erfolge sind geradezu legendär. Du würdest also nie einen derart bedeutsamen Schritt unternehmen, wenn du dir nicht irgendeinen finanziellen Vorteil davon versprechen würdest. Hast du vielleicht herausgefunden, dass Miss Greyson bald ein Vermögen erben wird ?«
»Miss Greyson ist, soweit ich weiß, arm wie eine Kirchenmaus. Offenbar hatte sie das wenige, das sie besaß, in ein fehlgeschlagenes Unternehmen investiert.« Edison nickte seiner Großmutter zum Abschied knapp höflich zu. »Aber es ist doch immer wieder erhellend zu erfahren, was genau Sie von mir denken, Lady Exbridge. Es ist offensichtlich, dass ich dem illustren Beispiel meines noblen Erzeugers beim besten Willen nicht Folge leisten kann.«
Kurze Zeit später versank Edison in einem der zwei gut gepolsterten Sessel vor dem Kamin in seinem Club. Die leisen Stimmen, das Rascheln der Zeitungen, das leise Klirren von Kaffeetassen boten den geeigneten Hintergrund für das ihm bevorstehende Gespräch.
Er griff nach der Kaffeetasse, die einer der Angestellten neben ihn auf den Tisch gestellt hatte.
Ignatius Lorring hatte es sich bereits in dem anderen Sessel bequem gemacht. Es freute Edison zu sehen, dass sein alter Freund noch kräftig genug war für einen Besuch in seinem Club.
Trotzdem sah Ignatius bleicher aus als sonst, und Edison fiel auf, dass sein Sessel noch näher am Kamin stand als während ihrer letzten Gespräche in diesem Raum
Als Ignatius jedoch seine Zeitung sinken ließ und Edison anblickte, blitzte in seinen Augen etwas von der alten, vertrauten Lebendigkeit.
»Sie sehen
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